Rose Harbor und der Traum von Glueck
eine ganze Reihe von Investitionen anstand.
Als ich die angegebene Adresse erreichte, registrierte ich beeindruckt, wie gepflegt Haus und Garten wirkten. Das Gebäude musste Anfang der Fünfzigerjahre errichtet worden sein. Breite Betonstufen führten zu einer großen Vorderveranda, deren Säulen aussahen wie aus Flussstein gefertigt.
In der Nähe surrte eine Kreissäge. Vielleicht befand sich Marks Werkstatt ja im Keller. Ich stieg die Treppe empor und wartete darauf, dass der Lärm verebbte. Vorher würde er die Klingel ohnehin nicht hören.
Zwischenzeitlich betrachtete ich amüsiert das an der Tür angebrachte Schild.
WENN SIE ETWAS VERKAUFEN WOLLEN , BIN ICH NICHT DA .
WENN SIE GESCHÄFTLICH HIER SIND , KOMMEN SIE NACH HINTEN IN DIE WERKSTATT .
Okay, für mich galt wohl Teil zwei der Instruktion. Ich ging ums Haus herum auf einem mit Steinen belegten Weg, der zu einem kleinen Nebengebäude führte. Es sah aus wie eine ehemalige Garage, wogegen jedoch sprach, dass es keine Anbindung zur Straße gab. Jetzt jedenfalls diente es als Werkstatt.
Die Tür war offen, und Mark stand mit dem Rücken zu mir an einer Tischsäge. Da ich es für keine gute Idee hielt, ihn zu stören und dadurch womöglich zu erschrecken, wartete ich, bis er das Gerät ausschaltete.
Er schien mein Kommen bemerkt zu haben, denn noch bevor er sich zu mir umdrehte, nahm er seine Schutzbrille ab. » Wie ich sehe, haben Sie mich gefunden « , stellte er lakonisch fest.
» Ich bin nur dem Lärm gefolgt « , sagte ich unsicher, denn ich fühlte mich ausgesprochen fehl am Platz. » Der Zeitpunkt ist wohl nicht sehr günstig, und ich entschuldige mich dafür, aber es wird nicht lange dauern. «
Er stimmte weder zu, noch widersprach er. Stattdessen nahm er das Stück Sperrholz, das er zugeschnitten hatte, und ging damit zu seiner Werkbank hinüber.
Ich folgte ihm. » Wie lange kennen Sie Spencer schon? « , fragte ich ohne Umschweife.
Natürlich setzte ich voraus, dass er den Namen kannte. Er wäre ja wohl kaum auf einen Wildfremden losgegangen.
» Hab den Kerl noch nie im Leben gesehen « , knurrte er, griff nach einem Hobel, fuhr damit ein paarmal über das Holz und legte ihn wieder weg.
Ich hatte Mühe, meine Überraschung zu verbergen. Das alles ergab überhaupt keinen Sinn. Gut, dann würde ich es andersherum versuchen.
» Warum sind Sie heute Morgen in die Pension gekommen? «
Er zuckte die Achseln.
» Das ist keine Antwort. Sie müssen doch einen Grund gehabt haben. «
In Anbetracht der Tatsache, dass er jede Menge Arbeit zu haben schien, musste es sogar ein ziemlich triftiger Grund gewesen sein.
» Es gab keinen. «
» Keinen Grund? « , wiederholte ich vollends verdutzt.
» Okay, wenn Sie es unbedingt wissen wollen: Ich hatte gerade mit meiner Arbeit begonnen, als mich so ein Kribbeln überfiel und nicht wieder verschwand. «
» Meinetwegen? «
» Ja, ich war selbst nicht gerade glücklich darüber. «
» Was für ein Gefühl? «
Jetzt hielt er inne und drehte sich zu mir um, die Stirn gefurcht. » Wenn ich es erklären könnte, würde ich es tun – nur kann ich es nicht. Dieses Gefühl, dieses ständige Nagen – es sagte mir, dass Sie Hilfe brauchten. «
» Dass ich Sie brauchen würde? « , fragte ich konsterniert. » Sie kennen mich doch kaum. «
» Genau das ist ja der springende Punkt, meinen Sie nicht? « , fuhr er mich an, schien seinen Ausbruch jedoch sofort zu bedauern. » Ich habe gearbeitet und musste plötzlich an Sie denken. Was nicht ungewöhnlich ist bei einem neuen Kunden. Da versucht man sich in dessen Vorstellungen hineinzuversetzen. Plötzlich kam mir eine Idee … «
» Bezüglich meiner Person? «
» Bezüglich des Jobs. Sie wollen doch, dass ich ein neues Schild für Ihre Pension entwerfe, oder? «
» Ja, und ich kann es kaum erwarten, dass es fertig wird. Aber dieses komische Gefühl hatte nichts mit dem Schild zu tun, nicht wahr? «
Seine Haltung und seine Körpersprache verrieten, dass er die Frage eigentlich nicht beantworten wollte. Sichtlich widerwillig begann er zu sprechen. » Nein … Ich dachte, Sie würden irgendwie in Schwierigkeiten stecken. «
» Schwierigkeiten? «
» Hören Sie zu, ich bin kein strahlender Ritter, der eine holde Maid rettet. Ich versuchte, das Gefühl zu verdrängen, aber je mehr ich mich bemühte, desto stärker wurde es. Da konnte ich nichts anderes tun, als bei Ihnen nach dem Rechten zu sehen. Es sei denn, ich wäre mit dem Kopf gegen eine Wand gerannt
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