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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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nichts daraus machte,
     zehn Stunden hintereinander im Sattel zu sitzen, begleitete ich den König nur einmal zur Jagd, am sechsundzwanzigsten März,
     an dem Seine Majestät in sieben Stunden zwei Hirsche, zwei Wölfe, zwei Füchse und einen Hasen erlegte. Der eine Wolf war ein
     sehr großes männliches Tier, noch größer als der, dem mein Dörfler in Orbieu den Lauf mit der Armbrust zerschossen hatte.
     Als ich im Gefolge des Königs endlich ins Schloß kam und absaß, taten mir die Hinterbacken weh, ich konnte mich kaum noch
     auf den Beinen halten, und ich sah, daß der König humpelte. Bei der Untersuchung fand Héroard, daß er sich vor Drang und Druck
     die große Zehe im Steigbügel gequetscht hatte.
    In Compiègne erwartete man die englischen Gesandten, die den Ehekontrakt für Henriette von Frankreich und den Prinzen von
     Wales aushandeln sowie die Festlichkeiten zum Empfang unserer Gäste bestimmen sollten, und bis dahin gab es in einem fort
     Spiele, Bälle, Feuerwerke, Konzerte und italienische Komödien. Im Zuge dieser Lustbarkeiten und wohl auch dank dem schönen
     Wetter waren die Vorschriften, denen die Königin sonst unterlag, ein wenig gelockert worden. Anna erschien mir schöner, gelöster,
     weniger in sich gekehrt, und der König bemühte sich aufmerksamer um seine Gefährtin. Wie ich von Héroard hörte, schlief er
     innerhalb von acht Tagen viermal in ihren Gemächern mit ihr, was wohl nicht darauf hindeutete, daß er nur einer dynastischen
     Pflicht genügte. Ich hatte mich also getäuscht, als ich dachte, seit der Eifersucht des Königs und der Einschließung der Königin
     sei alles unrettbar aus zwischen ihnen.
    |386| Es war am siebenundzwanzigsten März, zwei Abende nach jener langen Jagd, die mich krumm und lahm gemacht hatte, als ich in
     meiner kleinen Wohnung zu Compiègne (wie froh war ich, sie gefunden zu haben!) den Pater Joseph und Fogacer zum Souper empfing.
     Diese Idee war nicht auf meinem Mist gewachsen, sie war mir von dem Kapuziner nahegelegt worden, und der Domherr hatte im
     Nu zugesagt. Jeder der beiden war begierig, den anderen kennenzulernen, denn beide schwammen in zwar verschiedenen, aber benachbarten
     Gewässern und hofften einer durch den anderen unterrichtet zu werden.
    Nie habe ich eine schweigsamere Tischrunde erlebt: Man speiste, trank, lobte Gerichte und Weine, man beäugte sich, senkte
     den Blick, beäugte sich aufs neue und zog sich wieder in sich zurück. Als ich nun sah, daß meine Gäste zugeknöpft blieben
     bis zum Adamsapfel, wollte ich dem Gespräch zu ein wenig Lockerung verhelfen.
    »Meine Herren«, sagte ich, »wir alle drei hier wissen, wem jeder von uns zugehört, ich dem König, Pater Joseph dem Kardinal
     und der Domherr Fogacer dem Nuntius. Einigen wir uns denn ein für allemal, daß jeder hier einzig in seinem eigenen Namen spricht
     und nicht in dem seines Dienstherrn, so reden wir ungezwungener. Im übrigen verpflichten wir uns, hier gemachte Äußerungen
     nur weiterzusagen, ohne ihre Urheber zu nennen.«
    Dieser Vorschlag wurde freudig angenommen, obwohl er scheinheilig war, denn natürlich wußten wir, daß jeder von uns bestimmte
     Kenntnisse über diese oder jene Intrige nur von der Person haben konnte, der er diente. Aber das Annehmliche meines Vorschlags
     war zu offensichtlich, als daß man ihn verwarf. Er beruhigte die Gewissen und erlaubte, sich nicht indiskret zu fühlen, obgleich
     man es war. Wir hatten sogar das größte Interesse, es zu sein, wenn wir wollten, daß auch der andere aus sich herausginge
     und uns mitteilte, was wir nicht wußten.
    »Meine Herren«, fuhr ich fort, »die Frage, die ich als erste stellen möchte, ist die: Welche Position hat La Vieuville jetzt,
     nachdem die Brûlarts gefallen sind?«
    »Er fürchtet für sich dasselbe Schicksal«, sagte Pater Joseph, »womit er nicht unrecht hat, denn er hat die gleichen Verfehlungen
     begangen wie die Brûlarts.«
    »Außer einer«, sagte Fogacer. »Er hat nicht, wie die Brûlarts, |387| spanisches Gold eingesackt, um unsere Aktivitäten in der Veltliner Frage einzuschläfern.«
    Hiermit erhielt ich die Bestätigung – denn der Nuntius wußte die Dinge –, daß es tatsächlich einen Kuhhandel zwischen den
     Habsburgern und den Brûlarts gegeben hatte, der auf Hochverrat hinauslief.
    »Tatsächlich«, fuhr der Pater fort, »könnte der König alle Vorwürfe, die er gegen die Brûlarts erhob, bis auf den einen, auch
     gegen La Vieuville erheben. La

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