Rosen des Lebens
vermählen. Aber das Fräulein trug die Nase hoch. Sie spreizte sich damit, daß in ihren Adern das Blut von Henri Quatre floß,
und obwohl Luynes einer jener schönen Kavaliere war, nach denen die Mädchen sich die Finger ablecken, wollte sie ihn nicht:
dieser niedere provenzalische Adel machte ihr übel.
Mehr Erfolg hatte Luynes bei Marie de Rohan-Montbazon, sei es, daß ihr Vater, der Herzog von Montbazon, sie zu dieser Ehe
drängte, weil sein Ehrgeiz ihm riet, sich mit dem Favoriten zu verbinden, sei es, daß sie selbst darauf brannte, sich auf
eigene Füße zu stellen, weil sie die Männer sehr liebte und schon über ihren künftigen Ehemann hinausblickte.
Ludwig hatte für Zeremonien und Feierlichkeiten nichts übrig, deshalb wurde die Hochzeit in der Turmkapelle abgehalten. Eine
große Teilnehmerzahl war durch den beengten Raum ebenso ausgeschlossen wie durch die höchst ungewöhnliche Stunde: fünf Uhr
morgens! Nach meiner Kenntnis ist noch nie eine Dame so früh, quasi in der halben Nacht aufgestanden, um ihren Bräutigam zu
ehelichen.
Die Trauung wurde vom Erzbischof von Tours vollzogen, einem Fettsack, den man nur mit Mühe zu so unchristlicher Stunde aus
den Federn holen konnte und der während der Feier sehr zu kämpfen hatte, um seine Augen offenzuhalten, zweimal verwechselte
er sogar die Namen der Brautleute.
Der Herzog von Montbazon hatte nur eine Handvoll Freunde eingeladen, dafür aber waren sämtliche Verschworenen des vierundzwanzigsten
April auf königlichen Befehl zugegen, auch Déagéant und Tronçon, die »kleinen Bürgerlichen«, wie |22| Madame de Guise sie nannte. Déagéant glänzte in seiner neuen Rolle als Finanzintendant und Mitglied des Kronrats. Und, wahrhaftig,
als mein Blick zufällig den guten Tronçon streifte, dachte ich nicht im Traum daran, daß ich ihm in den folgenden zwei Tagen
verzweifelt nachlaufen würde, damit er mir ein Licht aufstecke.
Tronçon besaß nicht die überragenden Fähigkeiten Déagéants, aber seine neue Aufgabe – Ludwig hatte ihn zu seinem Privatsekretär
erwählt – behagte ihm sehr, und er erfüllte sie mit einem so majestätischen Gebaren, daß jeder, der es mit ansah, glauben
konnte, die Entscheidung stamme von Tronçon selbst: Er hatte den Betreffenden die Gnade oder Ungnade des Königs zu übermitteln.
Mehr als jede Gnade ergötzt die Schadenfreude des Hofes natürlich die Ungnade, die einen hohen Amtsträger Seiner Majestät
trifft, und so gewöhnte man es sich bei Hofe an, den Auftritt des königlichen Sekretärs im Hause eines Unglücklichen eine
Tronçonnade
zu nennen.
Bei Luynes’ Hochzeitsfeier gab es weder Musik noch Gesang, und obwohl Ludwig dem Erzbischof befohlen hatte, seine Predigt
abzukürzen, wurde sie länger als gedacht, soviel Mühe hatte der Mann, den Text abzulesen, den ihm sein Großvikar geschrieben
hatte. Dennoch ging die Sache ziemlich glatt, um sechs Uhr war alles vorbei. Die prächtig geschmückte Mademoiselle de Montbazon
war Madame de Luynes geworden und wurde in Bälde – und meines Erachtens war diese Erhöhung bereits eingeplant – die Frau Herzogin
von Luynes.
Die Gesellschaft drängte sich, den Jungvermählten ihre Glückwünsche darzubringen, und ich konnte die Braut in Muße betrachten:
Ein hochgewachsenes Mädchen, blühend im Fleische, frisch und mutwillig, und ihr großzügiges Dekolleté, wie ich es von einer
Braut in einer Kapelle nicht erwartet hätte, war so schöner Versprechen voll, daß die Heiligen in den Glasfenstern in Versuchung
geraten konnten.
Nicht daß sie eine klassische Schönheit war, ihre Nase war ein bißchen zu lang, aber nicht so, daß sie das Gesicht verunzierte.
Ich beobachtete, wie herausfordernd sie die Kavaliere um sich anblickte, und trotz dieser Beobachtung, nach der ich hätte
auf der Hut sein müssen, war ich, als ich mit meiner Gratulation an der Reihe war, von ihrem strahlenden Lächeln und |23| ihren großen blauen Augen, ihrem Geist und Feuer im Nu bis ins Herz entzückt. Es war eine unwiderstehliche, jähe Regung, weder
mein Willen noch mein Verstand hatten daran das geringste Teil. Doch empfand ich am nächsten Tag einige Scham wegen des ungehörigen
Aufruhrs, in den dieses Lächeln mich gestürzt hatte, denn wenn auch nur in Gedanken und für einen kurzen Moment hatte es mich
untreu gegen meine Pfalzgräfin gemacht. 1
Nachdem Ludwig sich von den Neuvermählten verabschiedet hatte, lief er los, ohne zu sagen
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