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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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sich – eine zwiefache Heldentat! – sowohl von seinem Atheismus wie von seiner Unzucht bekehrt, seit er in den hohen
     Gefilden der Kirche umging.
    Meine schöne Leserin erinnert sich vielleicht, daß er nach dem Tod des Kardinals Du Perron, dessen Arzt und Vertrauter er
     war, beim apostolischen Nuntius eine Art Sekretär
in partibus
und der höchst nützliche Mittler – nützlich für den Heiligen Stuhl natürlich – zwischen dem Nuntius und Pater Arnoux, dem
     Beichtvater des Königs, geworden war.
    »Herr Graf«, sagte er mit komischer Unterwürfigkeit, »ich |191| entbiete Euch meinen Respekt, und obwohl Priester und keinem Bettelorden zugehörig, frage ich, ob Ihr wohl ein Stück Brot
     für mich hättet, meinen Wolfshunger zu stillen?«
    Hiermit neigte er mir seinen spinnenhaften Körper zu, ganz Beine und überlange Arme, und spitzte die teuflischen Brauen über
     seinen nußbraunen Augen. Während er sprach, stellte ich fest, daß ihm sogar die weißen Haare – er hatte mit meinem Vater in
     Montpellier studiert – kein besonders ehrwürdiges Aussehen verliehen.
    »Nehmt Platz, Herr Abbé«, sagte ich, »mein Mittagessen will ich gerne mit Euch teilen.«
    »Vielen Dank, Herr Graf, Betteln ist eine Lust, wenn man ziemlich sicher sein darf, daß einem gegeben wird. Seht Euch unseren
     großen Kapuziner an, den Pater Joseph: Wer im Reich würde diesem armen Barfüßer ein Stück Brot verweigern?«
    »Habt Ihr nichts übrig für den heiligen Mann?«
    »Ganz im Gegenteil! Er ist ein Ruhmesblatt unserer Kirche.«
    »Wie mich dieses ›unser‹ entzückt, Herr Abbé!«
    »Es ist meinerseits neueren Datums, allerdings. Aber kann man von Eurem Herrn Vater, dem Spätbekehrten, nicht das gleiche
     sagen? Und wo liegt das Verdienst, wenn man wie Ihr von vornherein im Schoß der wahren Kirche geboren wurde, ohne daß man
     erst wie wir rings umhertappen mußte?«
    »Umhertappen ist gut, aber trinkt, Herr Abbé, trinkt! Euer Becher wartet. Doch, da mich die Neugier verzehrt: Was hattet Ihr
     heute so dicht beim Kronrat im Louvre vor?«
    »Meine Ohren offenzuhalten.«
    »Und was hörten sie da und dort?«
    »Genug, um mich zu vergewissern, daß unser junger König mehr politischen Verstand hat als alle seine Minister zusammen.«
    »Das heißt?«
    »Das heißt, daß er gegenüber seiner Mutter, und sei sie auch die schlechteste Mutter, nicht als widernatürlicher Sohn dastehen
     will und folglich verhandelt. Aber aus einer Position der Stärke, die Waffen in der Hand. Trotzdem wird diese Affäre ein schweres
     Stück Arbeit sein. Ich sehe da außerordentliche Probleme.«
    »Welche?«
    |192|
» Mit wem
soll er verhandeln?«
    »Na, mit der Königinmutter.«
    »Mit dieser hohlköpfigen Person! Dieser Furie, die anfängt zu wüten, sobald sie verstimmt ist? Ach nein!«
    »Dann mit Épernon.«
    »Mit dem Schandherzog, der dem König gerade erst diese unerhörte Herausforderung geboten hat!«
    »Dann mit dem Abbé Ruccellai? Er soll ja ziemlich führend sein in den Geschäften der Königinmutter.«
    »Ruccellai! Der ist in der italienischen
camerilla
um die Königinmutter der Allerschlimmste! Ein Streithahn, ein Intrigant, ein Dummkopf niederster Sorte! Und dazu der größte
     Geck, den die Erde je trug! Außerdem hassen sich Ruccellai und Épernon. Wenn der eine weiß sagt, sagt der andere schwarz,
     und die Königinmutter weiß nicht mehr, was sie denken soll. Ich wiederhole: Mit wem soll man unter diesen Voraussetzungen
     verhandeln?«
    Hierauf blieb ich stumm, denn ich sah wieder einmal, daß eine Frage desto schwerer zu beantworten ist, je besser sie begründet
     ist. Am Abend mit meinem Vater und La Surie bei Tische, berichtete ich, was Fogacer über die großen Schwierigkeiten dieser
     Verhandlung gesagt hatte.
    »Er hat recht«, sagte mein Vater. »Verhandeln müßte man mit der Königinmutter. Aber mit ihr kann man es am wenigsten, weil
     ihre Unvernunft den Gipfel erreicht. Und was sie wirklich will, steht gar nicht zu verhandeln.«
    »Und was will sie wirklich?«
    »Ganz einfach, zurück in den Louvre will sie, will alle Herrschaftsrechte wiederhaben, ihrem Sohn den Zutritt zum Kronrat
     verbieten, für extravagante Ausgaben vergeuden, was vom Schatz der Bastille noch übrig ist, und die junge Königin demütigen,
     wo sich nur die Gelegenheit dazu bietet.«
    »Und Épernon?«
    »Épernon ist völlig auf sich bezogen, er denkt nur an sich und wird nur von dem maßlosen Interesse gelenkt, das er sich selbst
    

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