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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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nicht an Monsieur de Luynes und Euch selbst, den Pater Joseph beim König einzuführen?«
    »Das geht eben nicht. Es geschah ja auf unseren Rat hin, daß der König Richelieu vor einem Jahr von der Königinmutter |195| wegnahm und ihn zunächst in seinem Bistum und dann in Avignon ausgeschaltet hielt. Wir können uns nicht selbst widersprechen,
     indem wir jetzt das Gegenteil vertreten.«
    »Monsieur, es ist kein Verbrechen, seine Meinung zu ändern.«
    »Um so mehr, Herr Graf, als wir sie nicht geändert haben«, sagte Déagéant, »nur die Umstände sind andere geworden.«
    »Wieso?«
    »Vor einem Jahr stand zu befürchten, daß der König seine Mutter in den Louvre zurückrufen würde, weil Richelieu großen Einfluß
     auf die Königinmutter gewonnen und ihr so viele gute Ratschläge gegeben hatte, sich gegenüber dem König weise und maßvoll
     zu verhalten.«
    »Wenn ich recht verstehe, fürchtet Ihr die Rückkehr der Königinmutter nach Paris jetzt nicht mehr?«
    »Nach ihrer Flucht und Rebellion ist das völlig ausgeschlossen.«
    »Wie erklärt Ihr Euch Richelieus beträchtlichen Einfluß auf Maria von Medici?«
    »Die Erklärung liegt auf der Hand«, sagte Déagéant in seinem herrischen Ton. »Es ist die Macht der Liebe.«
    »Monsieur, Ihr wollt doch nicht sagen …«
    »Nein, nein!« fiel er mir ins Wort, »ich will gar nichts derlei sagen. Von der Seite her ist die Königinmutter so unanfechtbar,
     daß sie Henri Quatre zu seinen Lebzeiten mühelos eine treue Gemahlin war und nun eine treue Witwe ist. Aber auch wenn Männer
     sie wenig anziehen, gefällt es ihr, geliebt zu werden, und Richelieu ist raffiniert genug, zu ihren Füßen zu seufzen wie ein
     verliebter Kater, er, dessen einzige Liebe die Macht ist.«
    »Seid Ihr dessen sicher?« fragte ich.
    »Bezweifelt Ihr meine Worte?« fragte Déagéant fast beleidigt. »Wir haben einen Brief abgefangen, den Richelieu von Avignon
     an die Königinmutter nach Blois gesandt hat. Ihr würdet meinen, ein Liebhaber klage um die Abwesenheit seiner Geliebten. Und
     das in dem hochgeschraubten Stil von
Astrée,
ein Stil, der mir wenig schmeckt, wie Ihr Euch vorstellen könnt.«
    Tatsächlich konnte ich mir Déagéant schwer vorstellen, wie er zu Füßen einer Schönen der höfischen Liebe frönt, und |196| schon gar nicht, wie seinem Munde Perlen und Blumen entquellen.
    »Ich glaube Euch«, sagte ich, »auch wenn das bei einem Prälaten seiner Würde verwundert, zumal die Empfängerin so vieler Seufzer
     nicht zu den Schönsten gehört.«
    »Meint Ihr, das hindert ihn?« sagte Déagéant achselzuckend. »Täuscht Euch nicht!
Questo è un gran commediante.
1 Er würde einer Kuh Süßholz raspeln, wenn er glaubte, dadurch zur Macht zu gelangen.«
    Da es sich um die Königinmutter handelte, fand ich den Vergleich taktlos, und statt zu lächeln, kam ich auf die Sache zurück.
    »Monsieur, bevor ich Eure Bitte erfülle, würde ich mich mit dem Pater Joseph gerne ein wenig unterhalten.«
    »Euer Wunsch ist berechtigt, und er kann leicht befriedigt werden«, sagte Déagéant. »Pater Joseph hält sich in meiner Louvre-Wohnung
     auf. Ich schicke ihn Euch.«
    Déagéant sprang wie eine Feder in die Höhe, nahm mit knappem Dank und Kopfnicken Abschied und ließ mich verblüfft ob seiner
     geringen Höflichkeit zurück.
    Aber meine Verblüffung dauerte nicht, sosehr überwog meine Neugier auf den Pater Joseph, der sich dem König und der Christenheit
     ja längst bekannt gemacht hatte und sich mit diesem Schritt anschickte, eine lange und fruchtbare Rolle an der Seite Richelieus
     zu spielen. Er wurde später die vielzitierte »graue Eminenz«.
    Und nun, schöne Leserin, sehen Sie den berühmten Pater Joseph in meinem kleinen Salon, im Licht zweier Leuchter, auf denen
     ich verfeinerungssüchtiger Weltmann duftende Wachslichte brenne, was er sündhaft fände, wenn er es bemerkte. Seine unter der
     Kutte wohl recht mägerlichen Lenden nehmen demütig nur den Rand meines Lehnstuhls ein, dessen Damast sich über die Berührung
     mit seinem groben Wollkleid verwundert. Seine Kapuze, die länger, spitzer und tiefer auf den Rücken herabfällt als bei den
     Franziskanern und die bezeugt, daß er Kapuziner ist und sich strikt an deren Armutsgelübde hält, bedeckt ein Haupt, das ich
     mir rasiert vorstelle. Sie läßt nur zwei ungewöhnlich blanke Augen sehen und ein mageres, |197| sonnengebräuntes Gesicht, das von einem langen, struppigen Bart, mehr weiß als schwarz, zugewuchert

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