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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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ist. Seinen Körper, die
     »armselige Hülse«, hat Pater Joseph auf Mindestmaße reduziert, gerade nur darauf, daß er zum Dienst an Gott tauglich bleibt.
     Als er sich setzte, gewahrte ich jenen besonderen, Mönchen eigenen Geruch, dem Heinrich III. verfallen war (was es Jacques
     Clément so leicht machte, zu ihm vorzudringen und ihm das Messer in den Leib zu stoßen). Ich weiß nicht, was diesen Geruch
     bildet, vielleicht kommt er einfach von der groben Wolle, aber manche behaupten, er rühre vom Eremitenleben her, das aus Enthaltsamkeit,
     Fasten und Beten besteht.
    Schöne Leserin, um es endlich zu sagen: Mit seiner Kapuze, seiner Pelerine, seiner Kutte und seinen Sandalen war Pater Joseph
     das Bild des Mangels selbst, und doch hatte er nichts von einem ungehobelten Bürgerlichen an sich wie etwa Déagéant. Seine
     Haltung und seine Manieren waren vollendet höflich, und das mit Grund. Er kam nicht aus einfachen Verhältnissen wie der Finanzverwalter,
     sondern aus dem Amtsadel, und zwar dem höchsten und bestgestellten, mit Ämtern, Würden und Vermögen, mit einem Hôtel in Paris
     und einem Schloß in Tremblay-sur-Mauldre (dessen Namen er übrigens trug). Er entstammte einer Richterfamilie, sein Vater war
     Präsident des Untersuchungsgerichts gewesen, bevor er vom König zum Gesandten in Venedig ernannt worden war.
    Die Armut von Pater Joseph war also frei gewählt und kein Stand wie bei meinen Häuslern. Seine Zugehörigkeit zum ärmsten Orden
     war Berufung und sein Kampf gegen das Ketzertum eine nahezu fanatische Verteidigung der katholischen Kirche. Ich wußte sehr
     wohl, daß dieser sanftmütige und bescheidene Kapuziner, der höflich wartete, bis ich das Wort an ihn richtete, Jahre darangesetzt
     hatte, mitten im siebzehnten Jahrhundert einen Kreuzzug gegen die Türken zu organisieren, um sie mit Feuer und Schwert vom
     Erdboden zu vertilgen und Konstantinopel dem Herzog von Nevers zu schenken.
    Der Papst billigte dieses Abenteuer, ohne jedoch Gelder oder Soldaten bereitzustellen. Spanien, um Unterstützung ersucht,
     lehnte ab. Das Projekt starb, und seine dürren Blätter rieselten auf das Herz des Paters Joseph. Aus war es mit den visionären
     Träumen, in welchen er sich an der Spitze der Soldaten Christi, ein Kreuz in Händen, »durch ein Meer von Blut« schreiten sah. |198| So nämlich steht es in einem gar nicht poetischen, sondern sehr blutrünstigen Poem über den Türkenkreuzzug, das der Pater
     Joseph damals dichtete.
    »Pater«, sagte ich, »wenn ich Monsieur Déagéant recht verstand, wollt Ihr Seine Majestät bitten, Richelieus Exil ein Ende
     zu setzen und ihm zu erlauben, daß er nach Angoulême geht und der Königinmutter mit gutem Rat zur Seite steht.«
    »In der Tat, Herr Graf«, sagte Pater Joseph mit sanfter Stimme, »darum handelt es sich, und ich wäre Euch sehr verbunden,
     wenn Ihr Euch bereitfinden könntet, Seine Majestät um eine Audienz für mich zu bitten.«
    »Pater, darf ich Euch vorher einige Fragen stellen?«
    »Aber gerne«, sagte er unterwürfig, indem er den Kopf senkte, so daß er mit Ausnahme eines Bartbüschels quasi unter seiner
     Kapuze verschwand.
    »Woher kennt Ihr Richelieu?«
    »Oh, das ist lange her!« sagte er und hob beide Hände in die Höhe, die mir weiß, fein und gepflegt erschienen, also ganz und
     gar nicht die Art Hände, die man aus diesen Kuttenärmeln erwartet hätte. »Ich begegnete ihm im Jahr 1611, das heißt vor acht
     Jahren. Er war seit kurzem Bischof von Luçon und hatte eine Schrift verfaßt,
L’Instruction du chrétien,
die ich für ihre Gediegenheit und Klarheit überaus bewunderte, so daß ich den Autor kennenlernen wollte. Ach, Herr Graf, was
     für eine unvergeßliche Begegnung! Die Größe seines Wissens, die Kraft seiner Gedanken, die Tiefe seiner Einsichten frappierten
     mich weit über meine Erwartung hinaus. Seit dem Augenblick betrachte ich ihn, den zwölf Jahre Jüngeren, als meinen Meister.«
    »War das zu jenem Zeitpunkt, Pater, als Ihr Eurem Plan eines Kreuzzugs gegen die Türken entsagtet?«
    »Nein, nein«, sagte Pater Joseph, »das war später, im Juni 1617, nach einem Aufenthalt in Madrid, der für mich eine schreckliche
     Enttäuschung war. Ich wurde mit einem Nebel trügerischer Worte abgespeist, doch hinter diesem Nebel erkannte ich die trostlose
     Wahrheit: Der König von Spanien, ein Verräter an seiner Mission als allerkatholischster König, dachte nicht im Traum daran,
     Griechenland vom Türkenjoch zu

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