Rosen des Lebens
fürchtete, sie würde sich langweilen – denn |186| bei seinen tollen Ritten könnte keine Frau ihm folgen –, hat er ihr das Croquetspiel beigebracht. Und, Ihr dürft mir glauben,
es war ein rührender Anblick, wie er sie umschlang, um sie zu lehren, wie man den Schläger führt. Kurzum, ich würde sagen,
daß Ludwig mich anmutet wie ein armer Bauer, der widerwillig sein Stück Acker in Angriff nahm, weil er sich von seinen Mühen
ohnehin kaum Lohn erwartete, und der in der Erde plötzlich einen Schatz entdeckt.«
»Dann geb’s Gott, daß dieser Schatz ihm einen Sohn schenke«, sagte mein Vater mit einem Ernst, der mich überraschte. »Wer
in diesem Haus könnte sich glühender einen Dauphin wünschen als La Surie und ich?«
»Ja, ich, zum Beispiel«, sagte ich.
»Ach, mein Sohn«, versetzte mein Vater, »ich bestreite ja nicht, daß Ihr Ludwig ebenso liebt wie wir, aber Ihr habt die Zeit
unter Heinrich III. nicht erlebt, die dadurch schier vergiftet war, daß der König keine Kinder hatte.«
»Aber ich erinnere mich der Geschichten«, sagte ich, »die Ihr mir davon erzähltet.«
»Trotzdem! Es ist etwas ganz anderes«, sagte La Surie, »wenn man all die Intrigen und Parteiungen mit angesehen und erlebt
hat, die von den Kronprätendenten angezettelt wurden.«
»Angefangen von dem groteskesten«, sagte mein Vater, »dem Kardinal von Bourbon, bis hin zu dem gefährlichsten, dem Herzog
von Guise! Und wie könnte, wer es mit eigenen Augen gesehen hat, vergessen, wie viele Jahre der Bürgerkrieg das Reich verheerte!
Davongekommen sind wir, wie Ihr wißt, nur durch zwei mörderische Akte, einen Königsmord und diese schreckliche Belagerung
von Paris, die dreißigtausend Menschenleben gekostet hat. Und, glaubt mir, wenn Ludwig uns jetzt keine Hoffnung auf einen
Dauphin geben würde, könnte sich heute leicht die gleiche Situation wiederholen.«
»Auch mit Kronprätendenten?« fragte ich verdattert.
»Und ob! Angefangen mit Ludwigs jüngerem Bruder Gaston.«
»Gaston? Aber er soll doch mehr schön als tapfer sein?«
»Keine Bange, dafür wird gesorgt! Er würde augenblicklich zum Gegenstand oder zum Vorwand von Komplotten, in denen die Königinmutter,
die darin groß ist, ihre Finger hätte.«
»Ihre Finger? Ihre beiden Hände!« sagte La Surie.
|187| Wie prophetisch erschienen mir achtundvierzig Stunden später die Befürchtungen meines Vaters! Am fünfundzwanzigsten Februar
ging es wie ein Lauffeuer durch den Louvre, daß Maria von Medici mit Hilfe des Herzogs von Épernon von Schloß Blois geflohen
war. Durch ihn und andere Große ließ sie Truppen ausheben gegen den regierenden König. Machtlüstern, wie sie war, wollte sie
zurück auf den verlorenen Thron. Ein Krieg wider die Natur begann: die Mutter gegen den Sohn.
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|188| ACHTES KAPITEL
Der Leser vergönne mir zu sagen, unter welchen Umständen die unheilvolle Nachricht den Hof erreichte. Dieser nämlich war freudig
belebt, weil die Hochzeit von Chrétienne nicht nur ihren künftigen Gemahl, Prinz Victor-Amédée von Savoyen, sondern auch seine
beiden Brüder nach Frankreich geführt hatte. Die schönen jungen Leute hatten die Wärme ihres Landes, ihre fröhliche Jugend
und die Lebenslust ihres Volkes mitgebracht. Seit Madame jenseits der Pyrenäen lebte, war Chrétienne zur Lieblingsschwester
des Königs aufgerückt. Sie war vierzehn Jahre alt, ihre Schwester Henriette zehn. Anna und Ludwig waren noch keine achtzehn.
Nie hatten die königlichen Schlösser, zuerst der Louvre und dann Saint-Germain, soviel Jugend in ihren alten Mauern gesehen,
die sang und tanzte und spielte und nicht aufhörte zu lachen.
Ich erinnere mich, wie man sich einen ganzen Abend an einem Vorfall ergötzte, der sich am Nachmittag im Wald von Saint-Germain
zugetragen hatte. Der König hatte mit seinem Vogel auf der Faust gejagt, da kam die Müllerin des Ortes gelaufen, die ihn nach
seiner Kleidung für einen schlichten Falkner hielt, und beschuldigte ihn, er habe ihr eine Henne geschlagen. Ludwig dachte
nicht daran, ihr klarzumachen, wen sie vor sich hatte, vergnügt stritt er mit ihr, indem er sie »meine Gevatterin« nannte,
und schließlich gab er ihr Geld. Den jungen Hoheiten machte die Geschichte großen Spaß, Veteranen wie Vitry aber sah ich fast
zu Tränen gerührt, weil die kleine Szene ihnen die Leutseligkeit des verflossenen Jahrhunderts in Erinnerung rief, denn für
gewöhnlich betrug sich Ludwig so
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