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Rosen für Apoll

Rosen für Apoll

Titel: Rosen für Apoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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Neutralität; einzelne Antworten konnten vielleicht sogar als Ratschlag zur Unterwerfung ausgelegt werden. Wie sehr diesmal die Priester angesichts der Gefahr flatterten, sah man an den Farben, in denen die verschleierten Orakel gemalt waren; düster und blutig rot. Aber das war nichts gegen den einfach niederschmetternden Spruch, den Athen erhielt: »Ihr Unglücklichen! Flieht an das Ende der Welt, der schnelle Ares wirft alles nieder.«
    Nun merken Sie auf! Es folgt etwas sehr Aufschlußreiches: Die Athener gaben sich mit diesem Spruch nicht zufrieden! Es erhob sich ein Hin und Her in Delphi wegen der Renitenz der Athener, alles sprach davon und mischte sich ein, und schließlich begaben sich die athenischen Abgesandten, diesmal »mit dem Ölzweig« als Zeichen der äußersten Not, noch einmal zur Pythia. Sie erhielten tatsächlich ein zweites Orakel, und als sie es besahen, siehe, da waren wenigstens die blutrünstigen Farben und mit ihnen Gott sei Dank jede Klarheit weg. Apolls zweiter Spruch lautete:
    »Athene kann den olympischen Zeus nicht versöhnen,
    wenn sie auch noch so viel Worte macht und ihn bittet.
    Doch dies sage ich euch: Wenn gefallen ist, was die Grenze umschließt...
    so wird weitsehend Gott Zeus seiner Tochter Athene
    die hölzerne Mauer geben, welche allein unzerstört bleibt...
    O göttliches Salamis, du wirst die Kinder der Weiber verlieren oder verderben...«

    Ein hochinteressantes Ergebnis!
    Etwas verdutzt und benommen ritten die Athener heim. Unterwegs schon rätselten sie an diesem Kuckucksei herum. Die einen mutmaßten, mit der hölzernen Mauer seien die Palisaden auf der Akropolis gemeint. Die anderen sahen in dem Ausdruck »hölzerne Mauer« eine Umschreibung für »Schiffe«. Aber da machte noch die letzte Zeile Sorge: »Verlieren oder verderben.«
    Beides deutete auf eine Niederlage hin.
    Jetzt schaltete Themistokles sich ein. In einer Rede fand er die einfache Erklärung, daß Apoll als Sprecher und Ratgeber für Athen zweifellos »elendes« Salamis gesagt hätte, wenn er Verderben für die Bittenden gesehen hätte. Die Sache sei sonnenklar! Er riet, nicht wankelmütig zu werden, ihm zu folgen und an die Rettung durch die neue Flotte zu glauben. Und Athen glaubte.
    Wir aber staunen. Wir staunen über das Resultat der nochmaligen Beratung der Apollon-Priester, über ihre Informiertheit, über ihre schließliche Überlegung, es müsse mit dem Marineplan des Themistokles eben doch versucht werden, und über ihren bewundernswerten Geheimdienst, denn, meine verehrten Damen und Herren, wo kommt überhaupt das Wort Salamis her? Die Schlacht bei Salamis war noch nicht geschlagen, und von einem Plan wissen noch nicht einmal wir etwas!
    Das zweite Orakel des sonst perserfreundlichen Delphi war das Plazet an die Adresse des Themistokles. Delphi sah also eine Chance — Themistokles atmete auf.



... rollt die persische Lawine aus dem Osten heran, und die große Prüfung der Griechen auf Herz und Nieren beginnt. Da wachsen sie noch einmal zu archaischer Größe. Doch kein Homer ist da, sie zu besingen, »nur« der athenische Leutnant und Frontkämpfer Aischylos.

Ende Mai 480 brach Xerxes von Sardes in Kleinasien auf; im Juni überschritt das Heer auf zwei Schiffsbrücken die Meerenge des Hellespont; im Juli hatten die Perser Thessalien erreicht. Die riesige Heerschlange kroch an der Küste entlang, flankiert von Wolken von Reitern, begleitet von einem unübersehbaren Schwarm von Schiffen, die in Sichtweite auf dem Meer lagen und langsam südwärts trieben. Die Schiffe hatten die Segel fallen lassen, um gleichen Schritt zu halten. Es war windig.
    Jetzt trennten sich die Wege, das Heer bog in das Innere Thessaliens ab, die Flotte fuhr zur Südspitze Thessaliens voraus. Man ankerte um das Kap Sepias. In der Nacht brach ein dreitägiges Unwetter los und zerschmetterte vierhundert Schiffe an den Felsen. Die persische Flotte hatte eine Schlacht verloren, ohne eine geschlagen zu haben!
    Man rettete, was zu retten war, und setzte schließlich den vorgezeichneten Weg fort. Man bog gerade um das Vorgebirge Artemision in den Sund ein — da waren plötzlich die Griechen da! Sie kreuzten auf der schmalen Einfahrt hin und her. Sie schienen sie sperren zu wollen, formierten sich aber nicht und dachten offenbar an keinen Kampf.
    Die Perser stoppten. Sie versuchten, die Lage zu ergründen. Sie beobachteten die griechischen Schiffe und kamen zu der Ansicht, nur einen Teil der griechischen Flotte vor sich zu

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