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Rosen für Apoll

Rosen für Apoll

Titel: Rosen für Apoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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haben. Wo waren die anderen Schiffe?
    Nirgends. Es gab nicht mehr. Was da den Persern gegenüberlag, war die gesamte Seemacht der Griechen, 270 Schiffe. Athen hatte 147 gestellt, die Platäer besaßen überhaupt keine, sie verstanden auch nichts von der Seefahrt, drängten sich aber »herzhaft und kühn«, wie Herodot sagt, dazu, ein paar athenische zu bemannen. Weitere 20 hatte Athen an die Chalker abgegeben, die kein eigenes Schiff stellen konnten, aber gute Seeleute waren. Korinth hatte 40 Schiffe geschickt, Megara 20, Ägina 18, Sikyon 12, Sparta 10. Der Rest verteilte sich auf die kleineren Städte. Ja, sie waren alle da, nicht eben viele, eng und klein wie die griechische Welt damals noch aussah, aber im Herzen wild entschlossen. Oberbefehlshaber war kein Athener; die Bundesgenossen hatten größtes Kontingent und höchste Befehlsgewalt trennen wollen. Oberbefehlshaber war daher — wie könnte es anders sein — ein Spartaner. Der Herr hieß Eurybiades, er hatte das Wissen eines Schulschiffkommandanten und die Anschauungen einer Landratte. Er war überzeugt, daß die Entscheidung durch das Heer am Isthmos von Korinth erzwungen würde und daß sein Platz eigentlich auf den Fluten des Eurotas sei, der bekanntlich durch Sparta fließt.
    Die ganze Sache wäre von vornherein verloren gewesen, wenn man nicht wenigstens den Posten des Ersten strategischen Beraters mit Themistokles besetzt hätte. Er war der wahre Befehlshaber. In der einen Tasche hatte er den abenteuerlichsten aller Schlachtpläne, in der anderen Geld. Eurybiades sah gebannt auf die Tasche mit dem Plan, die Matrosen sahen gebannt auf die andere.
    Die Ereignisse, die sich in den nächsten Tagen abspielten und die in den Geschichtsbüchern die Doppelschlacht am Vorgebirge Artemision und am Engpaß der Thermopylen genannt werden, sind sehr schwer zu beschreiben, denn erstens werden Sie es verabsäumen, einen Blick auf die Karte zu werfen, und zweitens weiß die Forschung bis heute noch nicht genau, was man damals eigentlich wollte.
    Sie werden sagen: Ganz einfach, man wollte die Perser schlagen. Sehen Sie: Eben das wissen wir nicht! Eurybiades war zwar überzeugt davon und die Historie bis vor kurzem auch, aber Inschriftenfunde, die erst 1960 gemacht worden sind, beweisen den lange gehegten Verdacht, daß Themistokles die Perser gar nicht hier, sondern bei Salamis, also hinter Athen, in eine Falle locken wollte. Er hat von der Stellung bei Artemision gar nichts gehalten, und ich muß sagen, mit Recht. Was ihm daran so mißfiel, war die Koppelung mit den Thermopylen.
    Damit Sie das verstehen, muß ich Ihnen die Lage erklären. Das Vorgebirge Artemision bildet den Eingang des schmalen Meeresschlauchs, der zwischen der langgestreckten Insel Euböa und dem Festland liegt. Da hinein wollte die persische Flotte; aus drei Gründen: Die schmale Fahrrinne war geschützt vor den berüchtigten Stürmen; es war der kürzeste Weg nach Athen; und an der Küstenstraße bei den Thermopylen wollte sich die Flotte wieder mit dem Heer vereinigen. Die Thermopylen selbst sind eine Stelle der Straße, an der die steilen Berge dicht an das schroffe Ufer herantreten. Von hier aus sind es nur ein paar Kilometer bis zur Artemi-sion-Einfahrt; man kann sie sehen.
    Der griechische Plan war, bei den Thermopylen Xerxes so lange aufzuhalten, bis Eurybiades die persische Flotte geschlagen hatte. Der Plan war in den Augen des Eurybiades glänzend, in den Augen des Themistokles blödsinnig. Es war unmöglich, in diesem Sund eine Falle zu legen. Auch würde die Zeit gar nicht ausreichen; Themistokles war überzeugt, daß Xerxes die Thermopylen stürmen würde. Dann stand der Perser in seinem Rücken! Er wäre gern nach Salamis weggesegelt, aber dann hätten die Griechen, die an den Thermopylen standen, die persische Flotte in die Flanke bekommen. Es war alles falsch und schief und krumm und zum Verzweifeln. Die Götter mochten wissen, wie diese Sache ausgehen würde.
    Während also Themistokles vor der verdutzten persischen Flotte wie ein Picador vor dem Stier hin und her tänzelte, war Xerxes am Engpaß angelangt. Das 175 000-Mann-Heer machte halt, denn es ging nicht weiter, die Thermopylen waren mit Barrikaden verschlossen. Dahinter standen die Griechen. Wie viele, das war die Frage. Dreißigtausend? Fünfzigtausend? Mehr?
    Fünf Tage lang rätselte Xerxes unbehaglich herum. Er konnte während dieser Zeit auch die Schiffe auf See und die Fisimatenten beobachten, mit denen Themistokles

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