Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosen für Apoll

Rosen für Apoll

Titel: Rosen für Apoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
Vom Netzwerk:
Spartiaten, der Kern der Kampfgruppe, standen gleich den Nibelungen und wüteten wie die Rasenden unter den Persern, die mit Peitschen vorgetrieben werden mußten. Zwei Söhne des Xerxes lagen mit unter den Toten.
    Als die persische Leibgarde, die der Verräter in den Rücken der Griechen geführt hatte, nun auch noch eingriff, zog sich Leonidas mit den Spartiaten und Thespiern (die Thebaner hatten sich ergeben) auf einen Hang zurück. Sie standen gegen die Felswand gelehnt, und die riesige Übermacht der Feinde hing in Klumpen wie Wespenschwärme an jedem einzelnen. Tausend Schwerter schlugen, und zehntausend Menschen schrien auf sie ein. Mit unendlicher Verachtung sahen, wie Herodot sagt, die Spartaner auf die Geifernden herab. Noch einige Minuten — dann war alles überstanden.

    An der Stelle, an der Leonidas mit seinen tausend fiel, steht heute noch ein steinerner Löwe, den die Griechen dem Helden setzten. Viele Inschriften kann man noch entziffern; eine spricht wieder einmal von den »dreitausend mal tausend« Feinden.
    Im Herzen der Menschen geblieben sind nicht diese lauttönenden Worte, sondern zwei Zeilen von spartanischer Lapidarität und schrecklicher Traurigkeit:

    »Wanderer, kommst du nach Sparta, melde,
    du habest uns hier liegen sehen, wie das Gesetz es befahl.«

    *

    Wie die »Anakonda«, die Heerschlange des Generals Grant im amerikanischen Bürgerkrieg, zog die Armee des Großkönigs nun sengend und brennend durch Phokis, Böotien und Attika. Eine Schneise von Ruinen, ein Kahlschlag der Bevölkerung bezeichnete ihren Weg durch Griechenland.
    Selbst die Priester des delphischen Apoll schwebten in banger Ungewißheit über ihr Schicksal. Tatsächlich scheint Xerxes lange gezögert zu haben, ehe er seine Hand schützend über Delphi hob. Er wird nicht im unklaren darüber gewesen sein, daß es neben der offiziellen Perserfreundlichkeit der Priester noch eine zweite Rolle gab, die sie gespielt hatten, aber er übersah es großmütig. Wahrscheinlich wirklich aus Scheu vor dem Gott.
    Auch Theben und andere Freunde wurden geschont. Aber es wird keine reine Freude für sie gewesen sein, obwohl ich höre, daß einem der Kuchen am gedeckten Tisch auch dann noch schmeckt, wenn man weiß, daß die anderen inzwischen auf den Landstraßen umherirren.
    Thespiai wurde dem Erdboden gleichgemacht, Platää ausradiert. Dann ging es nach Attika hinein. Über viele Kilometer leuchtete den Persern die Akropolis von Athen im Lichte der Septembersonne entgegen.
    Aber es war eine Geisterstadt, die den Großkönig empfing. Die Straßen, die Plätze, die Häuser waren leer; mit Sack und Pack hatten Greise, Frauen, Kinder und Sklaven auf Pferden, Eseln, Wagen und Handkarren Athen in Richtung Süden verlassen. Nur auf der Akropolis hausten ein paar Priester; die einzigen, die zurückgeblieben waren.
    Ein gespenstischer Eindruck. Der Großkönig ging durch die Straßen, betrat den Areopag, stieg zur Burg hinauf; das also war Athen, jenes Athen, das seinen Vater bei Marathon besiegt hatte. Diese kleine Stadt? Viel Lärm um nichts.
    Er gab Befehl, die Burghüter niederzumachen und Feuer an dieses Athen zu legen. Alle Häuser, ausgenommen die der Peisistratiden, alle Bauten, alle Tempel, alle Heiligtümer sollten zu Schutt und Asche werden.
    Wie eine Fackel stand die Akropolis gegen den Abendhimmel. Von Salamis aus, vom Ufer und vom Deck der Schiffe beobachteten die Griechen das Zerstörungswerk.
    Dann ließ Xerxes sich seltsamerweise Zeit. Man sah und hörte nichts von ihm. (Er hatte ein pompöses Lager bezogen und wartete auf die Flotte.)
    Inzwischen buddelten sich die Spartaner am Isthmos ein, fest überzeugt, daß die Entscheidung zu Lande fallen würde. Es war die alte, schon hundertmal durchgekaute Überlegung, die Themistokles an den Rand der Verzweiflung brachte. In dieser Zeit hat es zwischen Eurybiades und ihm furchtbare Auftritte gegeben. Immer wieder hat Themistokles klarzumachen versucht, daß Xerxes an jedem beliebigen Punkt des Peloponnes Truppen landen konnte, solange die persische Flotte noch existierte. Die Spartaner waren nicht blind, sie sahen es auch; aber sie glaubten an kein Salamis-Wunder.
    Das war keine Antwort, natürlich nicht. Es gab keine. Die nächtelangen Beratungen versanken immer wieder in Schweigen. Plötzlich und ohne ersichtlichen Grund stimmten die Spartaner dem Salamis-Plan zu.
    Sie waren doch wahrhaft außerordentliche Menschen — hier können wir ihnen ins Herz schauen. Sie gaben ihr

Weitere Kostenlose Bücher