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Rosen lieben Sonne

Rosen lieben Sonne

Titel: Rosen lieben Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David M Pierce
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sofort eine Tischreservierung für zwei Personen um acht Uhr dreißig. Anschließend suchte ich nach einem Schlips, der zu meinem Hemd paßte, weil ich mich erinnerte, daß man einen Schlips tragen mußte, um reinzukommen. Schließlich mußte ich mir ein anderes Hemd anziehen, weil ich keinen Schlips fand, der sonderlich gut zu Lila, Grün und Flieder paßte. Danach rief ich Evonne an, um herauszufinden, ob sie mit diesem Abendprogramm einverstanden war. Sie war.
    Ich holte sie um acht ab; sie war nicht nur bereits fertig, sondern geradezu wild auf ihren Auftritt in etwas kleinem, rücken- und schulterfreiem Weißem, das reizvoll mit ihrer Bräune kontrastierte. Sie fand Zauberer toll. Ihr Vater konnte ein paar Tricks, die er seinen vier Töchtern vorgeführt hatte, als sie noch klein waren; das hatte sie mir mehr als ein paarmal erzählt. Mein Dad hat uns zwei Jungen nie einen Trick vorgemacht, soweit ich mich erinnern kann. Genaugenommen kann ich mich nicht mal daran erinnern, auch nur einen Stapel Karten im Haus gesehen zu haben. Er hat mir mal gezeigt, wie man einen Krawattenknoten knotet, aber das war’s dann auch. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin nicht sauer auf ihn. Ich bin ein großer Junge, wie ich mir immer wieder einrede, und ich kann schon verstehen, daß Four Rouses und ein paar Bier und irische Musik aus der Jukebox in der nächsten Kneipe eine wesentlich angenehmere Gesellschaft waren als zwei kleine, laute Jungs. Klar kann ich das verstehen.
    »Du siehst großartig aus«, sagte ich, bevor wir losfuhren. »Du bist großartig. Gib mir einen Kuß, mit viel Lippenstift.«
    Sie gehorchte. Der Lippenstift schmeckte nach Erdbeeren, meine drittliebste Sorte. Ein langer, befriedigender Moment verstrich. Dann kniff sie mich in die Wange und sagte: »Du bist ein guter Küsser, für einen Jungen vom Land.«
    »Hab ich aus nem Buch gelernt«, entgegnete ich. »Und dann bin ich in die Scheune gegangen und hab mit nem Bild von June Haver geübt, die dir übrigens sehr ähnlich sah.«
    Das »Magic Castle« liegt — oder lag, falls es nicht mehr existiert — auf einem Hügel oberhalb der Fountain Avenue. Wir kamen rechtzeitig, überließen dem Parkwächter den Wagen und gingen hinein. Interessanter Laden, wenn man so was mag, und warum sollte man es eigentlich nicht mögen? Es gibt einen sprechenden Totenschädel und ein Klavier, das ohne Klavierspieler den gewünschten Song intoniert, und man kann essen und trinken und einen Schlips tragen und aus nächster Nähe einige der besten Zauberer der Welt beobachten. Also aßen und tranken wir, und ein junger Mann, dessen Namen ich vergessen habe, führte an unserem Tisch einen Kartentrick vor und zauberte danach eine Münze durch die Tischplatte. Ich habe keine Ahnung, wie er das angestellt hat.
    Nach dem Essen wechselten wir in den Show-Raum, bestellten einen Digestif und sahen Lou Le Fou zu, der als erster auftrat. Lou spielte besoffen und trug ein Beret und einen fleckigen französischen Blaumann. Er brachte die alte chinesische Ringnummer, bloß hakte er nicht nur die zweifellos soliden Metallringe ineinander, er hakte »versehentlich« überhaupt alles in seiner Reichweite an einen der zweifellos soliden Metallringe — seine Uhr, Handschellen, eine Schere, seinen Schlüsselring, eine Kettensäge und so weiter. Ein flüssiger, professioneller Auftritt, der mit entsprechendem, wohlverdientem Applaus belohnt wurde.
    Einige Zeit später entdeckten wir ihn an der Bar, wo er sich mit einem seiner Magier-Kollegen unterhielt. Ich bestellte ihm eine wahnsinnig teure Cola und erzählte ihm von Dons albernem Problemchen.
    Lou Le Fou kicherte. Er war ein kugeliger, bärtiger Mann, der dauernd mit seinen großen, unschuldig-blauen Augen zwinkerte; warum, weiß ich auch nicht. Er war fasziniert von Evonnes Schönheit, Charme und Beinen (und zwar zu Recht), griff eine Zigarette aus der Luft, steckte sie sich zwischen die Lippen, griff ein Streichholz aus der Luft, zündete die Zigarette an, verwandelte das Streichholz in eine Blume und überreichte sie mit einer vollendeten Verbeugung Evonne. Sie wollen wissen, wie er das gemacht hat? Nun: Ich jedenfalls wurde darüber zu strengstem Stillschweigen verpflichtet.
    »Sie ist also keine Mechanikerin«, faßte Lou Dons Problem zusammen.
    »Bestimmt nicht«, sagte ich.
    »Was ist eine Mechanikerin, mal abgesehen von jemandem, der Autos nicht repariert?« fragte Evonne.
    »Jemand, der manipuliert«, sagte Lou. »Jemand, der das

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