Rosen lieben Sonne
schließlich. »Die Sonnenbrille ist natürlich nicht sehr hilfreich. Aber wenn er es ist warum zum Teufel fährt er ein Taxi?«
»Wenn er wer ist, Sneezy?«
Er seufzte. »Guckst du niemals Fernsehen? Wenn es der ist, den ich meine, dann hat er mächtig Dreck am Stecken. Wurde mal bei ner kleinen Privatparty erwischt, mit sechs Mädchen, keins älter als zwölf. Vor ein paar Tagen hat ihm irgendso ne Amazone ein Mikro ins Gesicht gedrückt und wollte wissen, was er jetzt tun wird, wo er wieder frei ist. Und weißt du, was er gesagt hat?«
»Nein, aber ich wüßte, was ich tun würde«, sagte ich.
»>Ich kaufe meiner lieben Mutter ein paar Blumen< hat er gesagt.« Sneezy stand auf und ging zu dem Computerterminal auf dem Tisch meines Bruders, damit er das Programm, an dem er gerade arbeitete, nicht unterbrechen mußte. Er .gab seinen Code ein, wurde zugelassen, tippte einen Namen. Der grüne Bildschirm piepte einmal, dann erschienen Zeile für Zeile irgendwelche Angaben. Als alle Informationen da waren, schaltete er den Drucker ein und ließ ihn eine Weile hektisch tickern. Er riß das Papier genau an der Perforation ab, drückte es mir in die Hand und widmete sich wieder seinem Programm.
»Kein Foto?« fragte ich.
Er sah mich leidend an, ging wieder zum Tisch meines Bruders, gab etwas ein, drückte irgendwo drauf und pulte nach einer Minute ein Foto von einer dicken Metallrolle, sobald sie aufgehört hatte, sich zu drehen.
Ich sagte: »Sneezy, du hast was bei mir gut«, und machte mich auf den Nachhauseweg.
»Ich habe schon eine ganze Menge bei dir gut«, sagte er gepreßt, während ich die Tür sorgfältig ins Schloß zog.
Im Erdgeschoß stand gegenüber der Anmeldung eine Bank, auf der ich mich niederließ und folgendes las:
Marco Bellman, alias Marty, Mart, Mort. Geb. 16. Aug. 1944, Topeka, Komp. M. June L. F. Matthew. PA 445 S. King St., Topeka, Komp. LBA 18 Mirabelle Rd., Van Nuys, CA... mehr... Bus.Adr.: MultiCo, 188 Slausan Ave., L. A.
8 Jugenddel. (Jugend, Code A-A ONLY). 16. Sept. 1964—23. Sept. 1966, Kan. Pen. Inst., 4 Autodiebst. + 1 Körperverl. 4. Jan. 1969-5. Sept. 1970, Kan. Pen. Inst., Brandst. Topeka Cr. Ct.: 17. Nov. 1970: Körperverl.-niederg. dito: 11. März 1972: dito-niederg. San Diego Cr. Ct.: 29. März 1979: dito — niederg. dito: 2. Nov. 1979: Verf. Mind. — niederg. dito: 9. April 1984: Str. 3-7 J. Fresno Fed. Pris. St.: Entl. weg. g. F. LAParD, 24. März 1986. Komp. Donald O’Keefe (t). Ellen Marie, keine Adr. Jackson M. Pink, alias Pinky, Freson Fed. MEHR FBI/447/9 5/LL. Ende.
Was ungefähr bedeutete, daß ein gewisser Marco Bellman, den man auch als diesen und jenen kannte und der irgendwo in den tiefen Wäldern im Osten zur Welt kam, achtmal im Jugendknast gesessen hatte. Wofür, konnte man nur mit einem speziellen Code herausbekommen, denn Jugendstrafen sollen geheim bleiben. Als großer Junge mußte Marco erst mal zwei Jahre dafür brummen, daß er mit Wagen herumfuhr, die ihm nicht gehörten, und dabei auch noch einen Passanten verletzt hatte. Weitere acht Monate wegen Brandstiftung. Weitere zwei Mal angeklagt wegen Brandstiftung, einmal wegen Unterschlagung, als er schon im Westen war, aber alles niedergeschlagen. Wegen Verführung Minderjähriger war er anschließend wieder eingebuchtet worden, und nach drei von sieben Jahren wurde er — ich red kein Blech — auf »Ehrenwort« zur Bewährung entlassen. Von seinen drei Komplizen war einer tot, einer im Knast und der Aufenthaltsort der dritten, Ellen, war unbekannt. Noch mehr Infos gab’s beim FBI.
Aber hallo! Das mußte ich laut gesagt haben, denn die Dame am anderen Ende der Bank, die etwas nach Käse Riechendes aus einer Papiertüte aß, sah mich irritiert an. Ich lächelte sie breit an und sagte wieder: »Aber hallo!«
»Lassen Sie das, oder ich ruf die Polizei«, sagte die Dame.
Ich ließ es.
Ich weiß nicht, wie gut Sie sich mit den Feinheiten des kalifornischen oder irgendeines anderen Bewährungssystems auskennen. Es funktioniert, wie alle diese Systeme, im großen und ganzen so: Verbrecher werden aus dem Gefängnis entlassen, bevor sie ihre volle Strafe abgesessen haben, um Platz für neue Sträflinge zu machen. Die Entlassung auf Bewährung gilt zudem als Belohnung für gute Führung im Gefängnis, was logisch klingt, bloß ist gute Führung im Bau keine Garantie für gute Führung in Freiheit. Um also die Ex-Knackis zur guten Führung zu ermuntern, muß der Freigelassene eine ganze Reihe von Dingen
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