Rosen lieben Sonne
gelingt, der kein Teenager mehr ist.«
»So so«, sagte sie bedeutungsschwanger. Was genau es bedeuten sollte, wußte ich nicht, aber da ich kein Vollidiot bin, wechselte ich lieber das Thema. Ich berichtete Evonne, daß ich leider ein, zwei Kleinigkeiten in Las Vegas überprüfen mußte, aber das würde nicht lange dauern, ich könnte das erledigen, während sie sich umzog oder bei Vidal frisieren ließ, Kosten spielten keine Rolle.
»Was für >Kleinigkeiten<, Mister Daniel?« forschte sie nach. Dann zeigte sie zum Fenster hinaus. »Sieh mal.«
Ich sah. »Ah«, sagte ich, »ich glaube, das nennt man Sand. Ist ne ganze Menge davon, was? Und vergiß nicht, du siehst nur die oberste Schicht. Na ja. Was für Kleinigkeiten? Wie ich beweisen kann, daß Marco Bellman vor zehn Tagen in Las Vegas war, zum Beispiel. Natürlich könnte ich ihn fragen, aber er würde vermutlich sagen, er sei nicht dagewesen, und mich anschließend erschießen. Der Chief oder Maryanne Forbes könnten schwören, daß das Foto tatsächlich vor zehn Tagen aufgenommen wurde, aber leider spricht keiner von den beiden mehr mit mir. Und jetzt?«
»Du suchst nach dem Hotel, bei dem es sich vermutlich um das Majestic handelt, aus dem der Chief herausgekommen ist, und machst aus ungefähr derselben Entfernung wie Wie-war-ihr-Name ein Foto. Ich sehe dir dabei zu und bezeuge es. Und da die beiden Bilder gleich sind, abgesehen von der Limousine und dem Taxi, beweisen sie, daß Wie-war-sein-Name in Las Vegas war«, sagte sie. »Genau das wirst du tun.«
Der Steward — oder vielleicht auch der Fluggastentertainer —, ein kleiner Rothaariger mit einem albernen Bärtchen, hastete an uns vorbei, also rief ich ihm zu, er solle bitte die bezaubernde Lady neben mir fragen, ob sie auf meine Kosten noch etwas trinken wollte, da ich von ihrem Scharfsinn ebenso begeistert wie von ihrer blendenden Schönheit sei. Er tat, wie ihm geheißen, wenngleich nicht in so perfekt gesetzten Worten wie ich.
Ich habe nichts gegen ein wenig schlechten Geschmack — genaugenommen finde ich das sogar ganz reizvoll. Aber Las Vegas ist einfach lächerlich. Es sieht aus wie eine architektonische Ausgabe von Liberace oder Zsa-Zsa Gabor. Es hat als Kulisse für so viele zweitklassige Filme und TV-Serien herhalten müssen, daß ich uns allen glücklicherweise die Details ersparen kann. Trotz allem bewundere ich die Nerven und die Weitsicht des Gründers: allein die Idee, diesen Albtraum in Neon, dieses schmierige Disneyland mitten in die Wüste klotzen zu lassen! Ich war schon zweimal hier gewesen — kurz, wie ich betonen möchte, und aus rein beruflichen Gründen, wie ich ebenfalls betonen möchte. Aber es war Evonnes erster Besuch, und ich war gespannt darauf, wie ihr die Stadt gefallen würde. Wenn sie begeistert wäre, von irgend etwas oder irgendwem, würde ich mich von ihr trennen. Gott sei Dank fand sie Vegas einfach uninteressant, diese Stadt war ihr total egal. Sie war völlig gleichgültig der protzigen Häßlichkeit von Touristenfallen wie dem Cesar’s Palace gegenüber eingestellt, das der Taxifahrer uns stolz auf dem Weg zu unserem Hotel zeigte. Ihr waren auch die ganzen Nachtschwärmer egal, die über die Straßen torkelten, Drinks in der Hand, lächerliche Hüte auf dem Kopf und Kleingeld für die Spielmaschinen in einer Plastiktasche in der anderen Hand.
»Nach neun Jahren als Sekretärin an der High School«, erklärte sie mir, »kann mich nichts mehr durcheinanderbringen.«
Vor dem Abflug hatte ich uns ein Zimmer im Empire reserviert, einem der ersten Hotel-Casinos überhaupt. Es hatte immer noch einen guten Ruf, war aber vom Zahn der Zeit nicht verschont geblieben. Wer war das schon? Denken Sie bitte nicht, ich hätte das Empire gewählt, um ein paar Mäuse zu sparen; keines der Hotels in Vegas, nicht einmal die neuesten und modernsten, war besonders teuer — die Zimmerpreise waren Lockangebote, das große Geld kam aus den Spielhallen, dito aus den Restaurants und Bars. Der Grund für meine Wahl war, daß ich jemand kannte, der im Empire arbeitete oder zumindest gearbeitet hatte.
Unsere Herberge lag direkt an der Hauptstraße, und ein Türsteher mit einer Livree aus dem Bettelstudenten rannte eilig eine Treppe herunter, um uns die Türen aufzureißen. Als wir ihm mitteilten, daß wir reserviert hatten, sagte er, die Rezeption befände sich im ersten Stock und unser Gepäck würde er aufs Zimmer bringen lassen, ich sei Mister...?
»Daniel«, gab ich zu. »Mit
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