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Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Titel: Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Ellis
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Assistentin des Staatsanwalts zu mir kam und mich hereinbat, war meine Anspannung auf dem Siedepunkt.
    Ich ging in den Gerichtssaal.
    Als ich in den Zeugenstand trat, den Eid auf die Bibel leistete und vor dem Mikrofon Platz nahm, fühlte ich mich, als würde ich neben mir stehen. Ich sah, dass alle Blicke auf mich gerichtet waren. Ein Großteil der Einwohner von Galloway saß auf den Zuschauerplätzen, einschließlich Miss Burke. Mr und Mrs White saßen ganz vorn. Neben Mela sah ich Casey sitzen. Sie trug ein schlichtes blaues Kleid, das ich an ihr noch nie gesehen hatte. Unsere Blicke trafen sich. Sie sah mich weder wütend noch feindselig an, sondern einfach nur enttäuscht. Es fiel mir unsagbar schwer, das auszuhalten.
    Denk an deinen Plan, ermahnte ich mich. Zieh diese eine Sache jetzt durch und dann wird alles wieder gut.
    Hätte ich in diesem Moment aufstehen und das Wort ergreifen dürfen, wäre bestimmt alles gut gegangen. Menschen können verzeihen. Wir hätten uns aussprechen können.
    Aber Mr Tesler trat nach vorn und fing an, mir Fragen zu stellen. Und da verfiel ich wieder in mein gewohntes, unterwürfiges Verhalten. Er begann mit ganz einfachen Fragen, die ich ohne viel Nachdenken beantworten konnte: wie lange ich Casey schon kannte, worin unsere Aufgaben im Camp bestanden und ob Casey verärgert war, weil Stephanie ihr Sachen gestohlen hatte. Ich hoffte inständig, dass es während der Befragung eine Gelegenheit gab, meine große Mutprobe geschickt einzubauen. Aber als ob Mr Tesler das ahnte, gab er mir keine Chance dazu. Sobald meine Antworten etwas länger ausfielen, fiel er mir ins Wort und verlangte, dass ich zum Punkt kommen sollte. Er gab mir keine Möglichkeit, mich länger zu äußern oder etwas Eigenes hinzuzufügen.
    Â»Wie gut kannten Casey und Sie die Wanderwege rund um Ten Willows?«
    Â»Sehr gut«, antwortete ich. »Wir fahren dort schon seit Jahren hin und hatten außerdem die Erlaubnis, uns auch außerhalb der Ferien dort aufzuhalten. Die Camp-Verwaltung hatte vor allem zu Casey großes Vertrauen und …«
    Â»Stephanies T-Shirt wurde in Casey Whites Reisetasche gefunden, versteckt unter ihrer eigenen Kleidung. Als Ms White danach gefragt wurde, hat sie versichert, dass sie es nicht hineingetan hat. Außerdem hat sie berichtet, dass Sie gebeten wurden, die Hütte zu reinigen und auch die Taschen von Ms White und Stephanie zu packen. Daraufhin hätten Sie den Ort der Suche verlassen und der Aufforderung Folge geleistet. Haben Sie dann die Hütte gereinigt und die Sachen von Casey und Stephanie zusammengepackt?«
    Â»Ich habe alles erledigt, was mir aufgetragen wurde.«
    Und dann kam er zu der Frage, vor der ich mich am meisten fürchtete.
    Â»Haben Sie Stephanies Tinker-Bell-Shirt in Casey Whites Reisetasche gesteckt?«
    Da war sie also.
    Ganz unvermittelt überkam mich ein Hustenanfall. Ich konnte gar nicht wieder aufhören zu husten und zeigte auf einen Wasserkrug, der auf einem Tisch stand.
    Mr Tesler runzelte vorwurfsvoll die Stirn, als ob er genau wüsste, dass alles nur gespielt ist. In aller Seelenruhe schenkte er mir ein Glas Wasser ein und gab es mir. Ich nahm mir viel Zeit beim Trinken und versuchte mich innerlich für meinen großen Auftritt zu wappnen.
    Â»Soll ich die Frage für Sie noch einmal wiederholen?«, fragte Mr Tesler.
    Ich nickte.
    Â»Haben Sie Stephanies Tinker-Bell-Shirt in Casey Whites Reisetasche gesteckt?«
    In diesem Moment – es war wie im Film – bekam der Gerichtsmitarbeiter durch einen Boten eine Nachricht hereingereicht und übergab sie dem Richter. Wir beobachteten gespannt, wie er sie las.
    Â»Ich bitte die Anwälte, die Angeklagte und die Eltern der Angeklagten umgehend in mein Büro.«
    Alle Anwesenden standen auf, als der Richter zusammen mit den Aufgerufenen den Gerichtssaal verließ. Da ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, blieb ich im Zeugenstand. Es war schrecklich unangenehm, dass mich dort alle sehen konnten. Ich merkte, wie ich auf meinem Platz immer kleiner wurde. Ich versuchte, meine große Rede noch einmal durchzugehen, aber ich fühlte mich immer weniger dazu imstande, und mein Wunsch, einfach nach Hause zu gehen, wurde immer stärker.
    Eine halbe Stunde später ging der Gerichtsmitarbeiter auf Mrs Glass zu und bat sie auch noch mit ins Büro des Richters. Zwanzig Minuten später kamen alle

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