Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken
wieder herein. Es sah aus, als ob alle geweint hätten. Alle bis auf Mr Tesler und der Richter.
Mr Tesler baute sich nicht wieder vor mir auf. Stattdessen stand er hinter seinem Tisch und besprach sich mit dem Richter.
»Euer Ehren, angesichts der neuen, unumstöÃlichen Beweise, die uns soeben vorgelegt wurden, lässt die Krone hiermit sämtliche Anklagen gegen Casey White fallen.«
Ein Raunen ging durch den Gerichtssaal. Davon gänzlich unbeeindruckt sagte der Richter:
»Casey White, bitte erheben Sie sich.«
Casey und Mela standen auf.
»Alle Anklagepunkte gegen Sie wurden fallen gelassen. Sie sind frei. Die Klage wurde abgewiesen.« Er schlug mit dem Richterhammer auf den Tisch und verlieà den Saal.
Niemand regte sich. Alle waren völlig überrumpelt.
Dann verlieà Casey die Anklagebank und ging auf Mrs Glass zu. Mrs Glass stand auf und sie umarmten sich.
Casey fing an zu weinen. »Die arme kleine Stephanie«, schluchzte sie. »Die arme kleine Stephanie.«
Casey und Stephanies Mutter hielten sich tränenüberströmt aneinander fest, dann kamen Mela und die Whites dazu und begleiteten die beiden aus dem Gerichtsgebäude nach drauÃen. Die Bewohner von Galloway verlieÃen langsam die Zuschauerplätze. Ich weià nicht, ob irgendjemand von ihnen Casey ansprach oder nicht. Mit mir redete jedenfalls keiner. Ich blieb sitzen, wo ich war â im Zeugenstand, einsam und allein im Gerichtssaal. Irgendwann schaltete der Hausmeister das Licht aus und scheuchte mich hinaus.
DrauÃen waren alle längst gegangen.
Kapitel 21
Natürlich weiÃt du inzwischen, weshalb die Verhandlung abgebrochen wurde, aber damals haben wir es erst Stunden später aus den Nachrichten erfahren.
Stephanies Mörder war unvorsichtig geworden. Nur wenige Tage vor dem Ende von Caseys Prozess hatte er versucht, sich ein Mädchen zu greifen, das gerade von einem Pfadfinderinnentreffen kam. Das kleine Mädchen fing an zu schreien und eine ganze Gruppe von Pfadfinderinnen kam aus der Kirche gerannt und umzingelte ihn. Sie haben sich an ihn geklammert, ihn zu Boden gezerrt und so lange mit ihren Trillerpfeifen Lärm gemacht, bis Hilfe zur Stelle war.
Die Pfadfinderinnen wurden zu Heldinnen erklärt. Sie haben alle eine Tapferkeitsmedaille bekommen und wurden in sämtlichen Fernsehsendungen rumgereicht. Aber das hast du ja sicher alles selber gesehen.
Die Polizei beschlagnahmte dann das Auto des Mannes und fand dort ein T-Shirt, das Stephanie mir geklaut und das ich noch nicht mal vermisst hatte. Es war das T-Shirt, das sie anhatte, als sie ermordet wurde. Darauf waren ihr Blut und Haare von dem Kerl. AuÃerdem wurden in dem Auto Kleidungsstücke von einem Kind gefunden, das er in Windsor umgebracht hatte. Er legte für beide Morde ein Geständnis ab, das sich als glaubhaft herausstellte.
Der Mann hatte uns aufgelauert. Er hatte sich im Wald am Rande des Lagers versteckt und auf seine Chance gewartet. Stephanie hat er geschnappt, weil sie sich ein Stück von der Gruppe entfernt hatte und deshalb leichte Beute für ihn war. Während sie schlief, versetzte er ihr einen Schlag auf den Kopf, damit sie keinen Lärm machen konnte, als er sie entführte.
Für seine Tat gab es keinen richtigen Grund. Er hatte sowohl das Camp Ten Willows als auch Stephanie ganz willkürlich ausgewählt. Er meinte es nicht persönlich. Er brachte halt nur gern Kinder um. Manche Männer sind eben so.
Mr Teslers Frage musste ich nie beantworten.
Selbst heute weià ich nicht, was ich gesagt hätte.
Denn natürlich war ich es, die Stephanies T-Shirt in Caseys Tasche gestopft hatte.
Stundenlang hatte ich nach der kleinen Göre gesucht. Dann versuchte ich, Casey zu überreden, das wir zusammen abhauen und uns in einer leeren Hütte verstecken oder sogar im Regen nach Hause laufen, aber sie wollte nicht. Sie wurde fast ein bisschen ungehalten.
»Sie ist doch noch ein kleines Kind«, sagte sie. »Vielleicht ist sie hingefallen oder sie hat sich verletzt. Wir können nicht einfach aufhören zu suchen, bloà weil wir nass und müde sind.«
Damit hat sie mich stehen lassen und ist wieder in den Wald abgezogen.
Ich hab so lange und lautstark rumgenörgelt, bis Mrs Keefer mich zu unserer Hütte geschickt hat, damit ich dort Stephanies Sachen zusammenpacke und Caseys und mein Zeug auch gleich mit.
Caseys Sachen waren eigentlich alle
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