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Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Titel: Rosendorfer muss dran glauben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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ihren leeren Briefkasten.
    Moritz hört gar nicht richtig hin, während er den Brief aufreißt.
    »Wem kann man nicht mehr trauen?«, fragt er abgelenkt, ohne aufzuschauen.
    »Na, der Post. Die Enkelin von der Kollegin meiner Tochter hat mal eine Briefmarke angeleckt, und schon war das arme Mädchen süchtig, weil da irgend so ein Verbrecher Heroin hinten draufgeschmiert hat. Es wird ja immer schlimmer.«
    Während die alte Frau Mattari ihre Geschichte erzählt, überfliegt Moritz die beiden Briefe. Das Einschreiben ist eine Einladung: »Friedrich Rosendorfer hat die Ehre, Sie am 29 . Oktober zu seinem 65 . Geburtstag einzuladen. Um frühzeitige Rückmeldung wird gebeten.«
    Der andere Brief ist die Absage eines Verlages, dem Moritz eine Geschichte zum Abdruck geschickt hatte. Er macht sich gar nicht erst die Mühe, alles zu lesen, sondern erfasst nur die wichtigsten Stellen: »Herzlichen Dank für die Zusendung … bedauerlicherweise … passt nicht in unser Verlagsprogramm … Wir wünschen Ihnen viel Glück …«
    »Arschlöcher«, murmelt Moritz.
    »Wie bitte?«, fragt die alte Frau Mattari entsetzt.
    »Nicht Sie, die hier.« Moritz wedelt mit dem Brief. »Und so was glauben Sie?«
    »Was?«
    »Na, die Sache mit der Nichte.«
    »Natürlich, außerdem war das nicht die Nichte, sondern die Enkelin von der Kollegin meiner Tochter, das hat sie mir selbst erzählt«, erklärt die alte Frau eingeschnappt, und so, wie sie das sagt, glaubt sie die Story wirklich.
    »Erstens: Wenn das Mädchen an der Nadel hängt, dann bestimmt nicht wegen der Deutschen Post. Zweitens geht es bei der Geschichte gar nicht um Heroin, sondern um Ecstasy. Drittens soll das Zeug nicht auf Briefmarken, sondern auf der Rückseite von Klebetattoos pappen. Und viertens und letztens hat es die Dinger nie gegeben. Die ganze Geschichte ist erstunken und erlogen. Schönen Tag noch.« Während er redet, stopft sich Moritz die beiden Briefe in die Tasche seiner Jeans. Die Werbung schmeißt er bei einem Nachbarn in den Briefkasten, auf dem ein Sticker mit der Aufschrift »Keine Reklame« klebt.
    Dann hüpft er schnell barfuß die kalten Stufen der Steintreppe hinauf.
    Die alte Frau Mattari sieht ihm nach und murmelt: »Ich weiß jedenfalls, was ich weiß.«
    Sie glaubt das Ganze also wirklich. Na ja, sie glaubt ja auch, dass ihre rosa getönten Haare gut aussehen.
     
    Zurück in seiner Wohnung wirft Moritz die Post auf den kleinen Beistelltisch. Dort liegen auch noch die Visitenkarte und sein Handy, genau dort, wo er es letzte Nacht hingelegt hat. Moritz nimmt ein Foto in die Hand, das an einer Keksdose lehnt. Auf dem Bild hat er Anne seinen Arm um die Schulter gelegt, und beide lachen in die Kamera, die er mit der Rechten in die Luft hält. Im Hintergrund sieht man grüne Wiesen und einen See, dessen Wasseroberfläche schwarz glänzt. Wahrscheinlich Loch Ness. Das würde als Urlaubsziel zu Moritz passen.
    Er nimmt sein Handy und wählt, aber es springt wieder nur Annes Mailbox an: »Leider bin ich derzeit nicht erreichbar. Nach dem Ton ist Platz für eine Nachricht. Danke.«
    Noch während er Annes Stimme hört, nimmt er die zerknitterte Karte mit dem Aufdruck »Hypothesen-Verlag« in die Hand. Er betrachtet sie lange, dann wählt er die Nummer, und ich lasse langsam schon mal den Wagen an.

II. Teil

12 / 10 / 2015  – 10 : 10  Uhr
    Moritz stellt seinen Roller auf einem Parkplatz in der Nähe des Verlags ab. Der Junge hat sich rasiert und extra schick gemacht, zumindest für seine Verhältnisse. Er trägt eine saubere Jeans und hat das Alien-Shirt gegen ein ungebügeltes weißes Hemd eingetauscht, über dem er ein altes Cordsakko trägt, so eines mit Lederflicken auf den Ellenbogen und einer Nanokamera am Revers, von der Moritz nichts weiß. Das mit dem Cordsakko ist nicht besonders originell, weil das alle Autoren tragen, für ein Bewerbungsgespräch bei einem Verlag aber vielleicht ganz passend.
    Ich stelle meinen Wagen ein paar Plätze entfernt ab. Dabei verliere ich Moritz für einen Moment aus den Augen. Das dürfte nicht passieren, ich weiß, doch als ich aus dem Auto steige und mich umdrehe, steht er direkt vor mir.
    »’tschuldigung, wissen Sie, wo hier die Straße …« Moritz schaut auf die Visitenkarte. »… Tulpenfeld ist? Hausnummer  66 ?«
    »Klar«, antworte ich und zeige ihm den Weg. »Das ist gleich da vorn.«
    »Danke und einen schönen Tag noch«, erwidert Moritz höflich. Dann geht er in die Richtung, die ich ihm

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