Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)
wo du gerade bist. Genauso läuft das mit unseren Geschichten. Das ist einfach genial.«
»Und ich dachte, Hobbe wäre schon völlig gaga. Aber den toppst du locker. So einen Bullshit kann nur jemand reden, dessen Vater Anwalt ist und Kohle ohne Ende scheffelt. Geld ist wichtig, das ist überhaupt das Allerwichtigste. Meine Alten hatten gar nichts, ich hatte gar nichts. Viel Geld ist alles!«
»Geld ist nichts«, beharrt Moritz.
»Tu mir einen Gefallen, komm mir nie wieder mit dieser ›Geld ist nicht wichtig‹-Scheiße, und wir können gute Freunde bleiben.« Pascal klingt plötzlich ganz ernst. So habe ich ihn bis jetzt noch gar nicht erlebt.
Von hinten kommt ein junger Kellner, etwa in ihrem Alter, der ihnen die bestellten Getränke bringt: eine Cola für Moritz, ein Bier für Pascal. Als er das Glas vor Pascal abstellt, schwappt etwas von dem Bier auf die Tischdecke. Pascal kann gerade noch sein Smartphone in Sicherheit bringen.
»Das war teuer. Pass doch auf!«, raunzt er den Kellner an.
»Entschuldigung«, murmelt der Junge.
»Da sind meine ganzen Musikfiles und alle meine Filme drauf. Also Vorsicht, bitte!« Mit der Serviette wischt Pascal einen Spritzer weg, der auf dem Display gelandet ist.
»Das kann man sich doch alles wieder neu im Netz besorgen«, erwidert der Kellner.
»Und wenn schon, was geht dich das an?!« Pascal ist immer noch sauer.
»Ich mein ja nur. Muss man aber vorsichtig sein. Der Kumpel von einem Freund von mir hat sich das ganze Zeug auch aus dem Netz gesaugt, und jetzt sitzt er im Knast, und ratet mal, warum?«
»Kinderpornografie?«, fragt Moritz und zwinkert Pascal dabei zu.
»Hey, kennt ihr den Kerl etwa auch?«, fragt der Kellner überrascht.
Moritz und Pascal sehen sich an und müssen lachen. Die ganze Spannung zwischen den beiden löst sich plötzlich in Luft auf.
Da tauchen am Eingang des Restaurants die beiden Schwulen, die nicht schwul sind, auf, und das ist bestimmt kein Zufall. Ich glaube nicht an Zufälle. Niemand in meinem Job tut das.
Die beiden sehen sich suchend um, dann setzen sie sich an einen freien Tisch, der etwas abseits steht, von dem man aber die ganze Terrasse im Blick hat. Den hätte ich an ihrer Stelle auch genommen, im Gegensatz zu ihnen hätte das bei mir jedoch niemand gemerkt.
Moritz guckt auf die Uhr. Er hat seinen Salat kaum angerührt, Pascal dagegen hat alles aufgegessen.
»Wir müssen zurück. Es wird Zeit«, sagt er und holt sein Portemonnaie aus der Tasche.
»Warte, ich bin dran mit Zahlen.« Pascal wirft zwei Zwanziger auf den Tisch und greift nach seinem Board, das er unter seinem Stuhl geparkt hat.
»Ich dachte, du sparst auf deine Jacht«, sagt Moritz.
»Das wird bestimmt nicht an den paar Euro scheitern. Vierzig Euro mehr oder weniger in der Tasche ändern nicht viel. Zumindest nicht auf lange Sicht. Aber häng mal fünf Nullen dran. Das ändert alles, für immer«, erwidert Pascal und geht, ohne auf das Wechselgeld zu warten.
Die beiden verlassen das Restaurant, und die zwei Schwulen, die keine sind, schauen ihnen nach, bleiben aber sitzen.
Als sie auf der Straße stehen, verabschiedet sich Pascal von Moritz: »Geh schon mal vor, ich hab noch was zu erledigen.«
Er setzt sich die Kopfhörer auf und stellt sein Board auf dem Bürgersteig ab. Mit drei Schritten nimmt er Fahrt auf, kurz danach ist er auch schon hinter der nächsten Kreuzung verschwunden. Würde mich schon interessieren, wo der hinwill. Aber das gehört nicht zu meinem Auftrag, zumindest nicht direkt. Ich sehe den beiden Unbekannten zu, wie sie Moritz zusehen, wie er Pascal nachsieht, als der auf seinem Skateboard davonsaust. Dann geht Moritz wieder zurück an die Arbeit.
14 / 10 / 2015 – 13 : 34 Uhr
Moritz sitzt allein in seinem Büro und schreibt an einer Geschichte.
»Wo ist Pascal?«
Erschrocken fährt Moritz herum, das kann ich sehen, weil die Kamera an seinem Anzug für einen Moment nur verwackelte Bilder sendet. Dann ist das Bild auf meinem Laptop wieder scharf, und ich erkenne Hobbe, der vor Moritz steht und wie immer fast aus dem Nichts aufgetaucht ist.
»Keine Ahnung, hatte noch was zu erledigen«, antwortet Moritz.
Hobbe setzt sich auf Pascals Stuhl, Moritz direkt gegenüber.
»Woran arbeitest du gerade?«
»Ich schreib die Geschichte um, die ich damals in der SonderBar erzählt habe.« Moritz klopft mit der Faust dreimal auf den Tisch. TOK , TOK , TOK . »Die mit dem Pärchen in der Höhle. Ich lasse sie in der Gegend spielen, wo ich
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