Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)
herkomme. Da gibt es die Senkenfallhöhle. Die passt perfekt.«
»Höhlen sind immer gut. Die wecken Urängste in uns. Dunkle Löcher in der Erde, in denen sich wer weiß was verbergen kann. Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.« Hobbe steht auf. Er ist schon fast wieder draußen, als er sich noch einmal umdreht. »Und, wie läuft es mit deiner Freundin? Wie hieß sie gleich?«
»Anne. Anne Sommer«, antwortet Moritz.
»Und?«
»Ich fahr mit ihr zu meinen Eltern. Mein Vater feiert einen runden Geburtstag.«
Moritz überrascht mich. Ich hatte keine Ahnung, dass er mit Anne dahin will.
»Weiß sie das schon?«, fragt Hobbe.
»Sie hat keinen Schimmer«, antwortet Moritz selbstbewusst.
Diesen Ton habe ich früher auch selten von ihm gehört.
»Was ist eigentlich mit meinem Roman? Ich hätte da eine Idee.«
»Darüber reden wir später«, würgt Hobbe ihn ab, doch als er Moritz’ enttäuschtes Gesicht sieht, fügt er schnell hinzu: »Du kannst meinen Wagen für den Besuch bei deinen Eltern haben. Damit kannst du sie beeindrucken.«
»Anne nicht«, erwidert Moritz, weil er sie schließlich besser kennt.
»Nimm ihn trotzdem. Und das hier als Spritgeld.«
Hobbe greift in die Tasche und legt Moritz 500 Euro auf den Tisch.
Als er schon an der Tür steht, ist es Moritz, der ihn noch einmal zurückruft.
»Kennen Sie das Gefühl, wenn Sie glauben, irgendjemand verfolgt Sie?«
»Wer verfolgt dich?«, fragt Hobbe, und für den Bruchteil einer Sekunde erscheint eine Falte auf seiner Stirn.
Auf meiner auch, weil ich nicht weiß, ob Moritz mich meint oder die beiden Schwulen, die keine sind.
»Wahrscheinlich niemand. Ist nur so ein Gefühl.«
»Vorsicht, Moritz! Ich mag dich, und ich mag deine Geschichten. Aber du darfst dich nicht darin verlieren, sonst kannst du deine Erfindungen und die Wirklichkeit irgendwann nicht mehr auseinanderhalten.«
»Keine Sorge! Ich sag ja, wahrscheinlich bilde ich mir das nur ein«, erklärt Moritz.
»Hol dir deine Freundin zurück, dann siehst du auch wieder klarer.«
Hobbe lächelt Moritz aufmunternd zu, dann geht er, und Moritz schreibt weiter an seiner Höhlenstory.
Hobbe hat recht. Nicht mit dem, was er über Anne gesagt hat. Na ja, damit wohl auch. Ich meine das über die Höhlen. Das ist echt gruselig, vor allem wenn man eine Phobie vor engen, dunklen Räumen hat – so wie ich.
14 / 10 / 2015 – 15 : 05 Uhr
Weil es ziemlich langweilig ist, einem Mann die ganze Zeit beim Schreiben zuzugucken, gönne ich mir am Nachmittag etwas Abwechslung.
Ich will herausfinden, was Pascal vorhat und wer die drei Männer sind, mit denen er sich in der Lobby des Fünfsternehotels trifft. Ihn dort zu finden, war nicht besonders schwer. Ich brauchte nur dem Signal seines Smartphones zu folgen. Mit ihren schwarzen Elchlederkoffern, den handgenähten Schuhen und ihren teuren Anzügen wirken die Männer, mit denen er in einer Ecke an einem kleinen Tischchen sitzt, auf mich wie Geschäftsleute. Obere Führungsebene, würde ich schätzen. Was Pascal von denen will oder die von ihm, kriege ich leider nicht raus. So eng, wie die vier zusammenhocken, wollen die auch nicht, dass jemand mitbekommt, was da gerade beredet wird. Außerdem haben sie zwei Bodyguards als Security dabei, die sich wichtigmachen und jeden, der sich der kleinen Gruppe nähert, freundlich, aber bestimmt auffordern, sich doch bitte einen anderen Platz zu suchen. Das alles deutet auf ein großes Ding hin, an dem Pascal da dreht, und ich hoffe nur, dass es nicht eine Nummer zu groß für ihn ist.
Kurz darauf breche ich die Aktion ab, um nicht weiter aufzufallen.
Die Sache mit den Schwulen, die keine Schwulen sind, verläuft noch frustrierender. Ich versuche, ihre Spur in dem Restaurant aufzunehmen. Aber das Einzige, woran sich die Bedienung erinnert, ist, dass sie kein Trinkgeld gegeben haben.
Ich sehe mich dann noch ein bisschen in der Gegend um, aber das ist so, als würde man eine Stecknadel im Heuhaufen suchen. Wenn man eine Zielperson einmal am Haken hat, so wie ich Moritz, ist der Job in der Regel ganz einfach. Schwer wird es, wenn man nicht weiß, wer derjenige überhaupt ist, den man sucht.
Nach eineinhalb Stunden gebe ich meine Nachforschungen auf. Alles, was ich brauche, ist etwas Geduld. Die zwei scheinen sich für Moritz zu interessieren, genau wie ich. Und wenn das stimmt, tauchen sie schon sehr bald wieder in seiner Nähe auf.
Alles nur eine Frage der Zeit.
14 / 10 / 2015 – 19 : 12
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