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Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Titel: Rosendorfer muss dran glauben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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dürfte das Klima zwischen den USA und der Sowjetunion herzlicher gewesen sein. Das letzte Gespräch mit meinem Vater verlief ähnlich. Damals wusste ich natürlich nicht, dass es das letzte sein würde. Zwei Monate später war er tot. War übrigens ein Infarkt. Ist schon etwas länger her.
    Weil zwischen den beiden scheinbar alles und doch nichts gesagt ist, schweigen sich Vater und Sohn noch eine Zeitlang an, dann kommt Anne von hinten angelaufen und hakt sich bei Moritz unter.
    »Kommst du mit ein Stück spazieren, Moritz? Ich muss mich ein bisschen bewegen nach der langen Fahrt«, sagt sie und zieht ihn mit sich in Richtung Wald.
    Das ist eine gute Idee. Ein bisschen Bewegung kann mir auch nicht schaden.

29 / 10 / 2015  – 16 : 36  Uhr
    Anne und Moritz schlendern einen Weg entlang, der durch einen rot leuchtenden Herbstwald von der Durchgangsstraße wegführt. In der Ferne sind die grünen und hellbraunen Flecken des Golfplatzes zu erkennen. Anne hat Moritz immer noch untergehakt, und ich habe Schwierigkeiten, die Mikrofone auseinanderzuschalten. Weil die beiden so eng nebeneinanderlaufen, gibt es ständig Rückkopplungen, die mein Trommelfell fast zum Platzen bringen.
    »Danke, dass du mich da rausgeholt hast«, sagt Moritz, als es mir gelungen ist, Annes Mikro vorübergehend zu deaktivieren.
    »Ich dachte, ohne eine kleine Auszeit hältst du das nicht durch.« Anne sieht zu ihm hinüber und lächelt.
    »Hätte ich auch nicht. Heute Abend wird schon hart genug.«
    »Dein Vater sieht eigentlich ganz gut aus. Ich meine, dafür, dass er gerade einen Infarkt hinter sich hat.«
    »Ich glaube, ich muss dir was … was sagen«, stottert Moritz.
    »So? Was denn?«, fragt Anne gespielt überrascht.
    »Es ist nämlich so, dass …«
    »Hast du wirklich geglaubt, du kommst damit durch?«, unterbricht sie ihn. »Für wie dumm hältst du mich eigentlich?«
    Moritz bleibt stehen und sieht sie verblüfft an. Es dauert einen Moment, bis er sich gefangen hat. Jetzt ist er für ein paar Sekunden wieder der kleine Junge, der sich gern Geschichten ausdenkt, und nicht das selbstsichere Mitglied einer verschworenen Geheimgesellschaft.
    »Ich hab halt geglaubt, wenn wir noch mal ein paar Stunden zusammen sind, so wie früher, könnte ich dir erklären, dass ich … Ich meine, ich verdiene doch jetzt sogar Geld, und einen richtigen Job hab ich auch, und ich hab das schließlich nicht gemacht, um dich zu verarschen, sondern um dich … Na, weil ich dich doch …«
    Anne grinst und weidet sich sichtlich an Moritz’ unbeholfenem Erklärungsversuch. Dann erlöst sie ihn endlich.
    »Ich dich doch auch«, sagt sie und gibt ihm einen Kuss, und ich, ich harter Hund, bin tatsächlich gerührt.
     
    Auf dem Rückweg kommen die beiden an einem Schild vorbei, das auf die Senkenfallhöhle ganz in der Nähe hinweist.
    »Als Kind habe ich mich manchmal in der Höhle herumgetrieben, und immer hatte ich Schiss, dass ich da nicht mehr rauskomme. Heute darf man da ohne Führung gar nicht mehr rein. Ganz allein im Dunkeln, wenn die Batterien der Taschenlampe leer sind … gruselig«, erzählt Moritz.
    »Hör auf, du machst mir Angst.« Anne fröstelt, und Moritz legt ihr den Arm um die Schulter.
    »Deswegen funktioniert die Story ja auch so gut. Da werden beim Zuhören Urängste in dir geweckt. Säbelzahntiger, die mit glühenden Augen im Finstern auf dich lauern, wenn du in der Höhle Unterschlupf suchst. Das ist seit Millionen Jahren ganz tief in uns drin, dagegen kannst du gar nichts machen. Das sagt Hobbe übrigens auch.«
    »Wer ist Hobbe?«
    »Mein Chef, der Typ, der mir damals die Karte gegeben hat. Ihm gehört der Verlag.«
    »Der, der die Geschichten erst verschenkt, um sie dann zu verkaufen?«, fragt Anne und grinst.
    »Die Verlagsbranche ist komplizierter, als du denkst, das ist nicht so einfach zu verstehen«, erklärt Moritz, weil er auf Annes Einwand immer noch keine plausible Antwort hat. Dann läuft er ein paar Schritte voraus, ehe er sich wieder zu Anne umdreht. »Wusstest du übrigens, dass in der Höhle auch ein Vampir wohnt? Manchmal verlässt er sie, und dann …« Moritz breitet die Arme aus und reißt den Mund weit auf. »… dann macht er … Huaahah!«
    Er stürzt sich auf Anne. Die beiden lachen. Anne kann sich aus seinen Armen befreien und läuft los, Moritz hinterher. Sie rennen den Weg entlang, und als Moritz sie einholt, küssen sie sich erneut.

29 / 10 / 2015  – 19 : 32  Uhr
    Das Fest im Garten hat schon

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