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Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Rosendorfer muss dran glauben (German Edition)

Titel: Rosendorfer muss dran glauben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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verfolgen, das alles existiert nur in deiner Phantasie. Versteh doch!«
    »Das ist eine riesige Verschwörung, die da läuft.«
    »Moritz, bitte hör auf damit. Das bildest du dir nur ein«, wiederholt Anne, als ob sie es nur oft genug sagen müsste, damit Moritz es endlich einsieht.
    »Wenn ich mir alles nur einbilde, hast du nichts zu verlieren. Die Chance musst du mir geben. Ich zeig dir den Verlag und den Schrank mit den Akten. Da steht alles drin. Schwarz auf weiß!«
    Anne überlegt einen Moment, dann hat sie sich entschieden.
    »Eine halbe Stunde kann ich hier raus. Aber wenn es diesen Verlag nicht gibt, lässt du dich behandeln. Versprochen?«
    »Ich weiß, dass es ihn gibt.«
    Anne greift zum Telefon. »Silvia? Hier ist Anne. Ich muss mal kurz weg, eine halbe Stunde oder so, kannst du für mich übernehmen?« Pause. »Danke!«

31 / 10 / 2015  – 13 : 11  Uhr
    Die beiden nehmen Annes Wagen. Es ist eine stille Fahrt, gesprochen wird wenig. Anne fährt und blickt immer wieder zu Moritz hinüber, der unruhig auf dem Beifahrersitz hockt und sich nervös die Fingerknochen knetet. Vor lauter Aufregung scheint er diesen Dr. Kleiber völlig vergessen zu haben. Jedenfalls fragt er nicht nach. Kein Wunder. Moritz hat genügend andere Sorgen.
    »Fahr noch ein Stück weiter«, sagt er, als sie vor dem Verlag ankommen.
    »Warum?«, fragt Anne. »Das ist doch hier, oder?«
    »Fahr einfach noch ein Stück, und park da vorn um die Ecke«, bittet Moritz, der angestrengt aus dem Seitenfenster schaut.
    »Erst wenn du mir sagst, warum«, erwidert Anne.
    »Ich will sehen, ob die zwei noch auf mich warten.«
    Anne seufzt, tut aber trotzdem, was Moritz verlangt.
    »Okay, ich glaub, die Luft ist rein. Wir können aussteigen.«
    Moritz’ Sorge war unbegründet. Von den beiden Schwulen, die keine sind, ist nirgendwo eine Spur zu entdecken. Wahrscheinlich haben selbst die zwei Anfänger irgendwann kapiert, dass sie ihre Zielperson verloren haben, und sind losgezogen, um Mittagspause zu machen.
    »Hier ist es«, sagt Moritz und zieht seinen Schlüssel aus der Tasche. »Gleich wirst du selbst sehen, dass ich keinen Blödsinn erzähle.«
    »Da ist aber gar kein Schild an der Tür«, bemerkt Anne.
    Das ist weder Moritz noch mir bisher aufgefallen, aber es stimmt. Das Schild »Hypothesen-Verlag« ist verschwunden.
    »Vorhin war es noch da«, stammelt Moritz, und mich überkommt eine böse Ahnung.
    Moritz versucht aufzuschließen, doch das gelingt ihm nicht. Schloss und Schlüssel passen nicht zusammen.
    »Warte, ich hab es gleich«, murmelt Moritz, der hektisch weitere Schlüssel durchprobiert. Ohne Erfolg. »Das kann nicht sein. Ich bin doch nicht verrückt.«
    »Moritz, das macht alles keinen Sinn. Sieh es ein. Wir fahren in die Klinik.« Anne legt ihm den Arm um die Schulter.
    Moritz schlägt ihn weg und hämmert mit der flachen Hand auf den oberen Teil des Klingelbretts. Kurz darauf ertönt der Summer, und Moritz drückt die Tür auf.
    »Das werden wir ja sehen, ob das Sinn macht.«
    Moritz stürmt mit Anne die Stufen hoch zu den Verlagsräumen. Weiter oben öffnen sich Türen, die sich gleich wieder schließen, weil Moritz laut » REKLAME !« durch das Treppenhaus ruft.
    Kurz darauf steht er mit Anne auch schon vor der Glastür. Auch hier fehlt das Schild, und auch hier – Überraschung, Überraschung! – passt keiner seiner Schlüssel.
    Aber davon lässt sich Moritz nicht stoppen. Er zieht seine Jacke aus, wickelt sie um seinen Ellenbogen und schlägt damit gegen die Scheibe.
    »Hör auf!«, schreit Anne, doch Moritz macht einfach weiter.
    Er braucht fünf Versuche, ehe das Glas splittert und den Weg freigibt. Die Scherben liegen auf dem Boden verstreut. Einige davon sind durch den Stoff gegangen und haben ihn am Arm verletzt. Moritz blutet stark. Entweder bemerkt er es vor lauter Herzklopfen überhaupt nicht, oder es macht ihm nichts aus. Vielleicht auch beides.
    »Moritz! Bleib hier!«, brüllt Anne, als er durch die zerbrochene Scheibe klettert.
    Moritz kümmert sich nicht um sie, und so bleibt Anne gar nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Sie kann ihn nicht allein gehen lassen. Sie macht sich Sorgen um ihn, nicht nur wegen seiner Verletzung. Alles deutet darauf hin, dass Moritz verrückt ist: Die Räume des Verlags sind komplett leer geräumt, und wer immer das war, hat ganze Arbeit geleistet. Nichts erinnert mehr daran, dass sich gestern hier noch jemand Geschichten ausgedacht hat: Möbel, Computer, Schränke,

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