Rosendorn
eigentlich mit meinem Date hätte treffen sollen, und danach hatte ich mich nicht getraut, eine neue Verabredung auszumachen.
»Du siehst müde aus«, sagte Ethan freundlich. »Möchtest du dich hinlegen und ein bisschen ausruhen? Kimber und ich sind sozusagen Mitvorsitzende des
Untergrunds,
also bleiben wir, bis die Party vorbei ist. Ich könnte dir aber auch ein Bier holen, und du kannst dich zu uns setzen, wenn dir das lieber ist.«
Die »Party« schien darin zu bestehen, dass die Leute herumsaßen, Bier tranken und miteinander redeten. Nicht gerade unfassbar gute Unterhaltung, die ich nicht verpassen wollte, wenn mein Körper noch immer nach Schlaf verlangte. »Ich glaube, ich werde meine Augen mal kurz schließen«, sagte ich und unterdrückte ein Gähnen.
Ethan ließ meine Hand los und rutschte von der Couch auf den Boden, um mir Platz zu machen. Als ich mich hinlegte, fiel mir auf, dass die Stelle, an der er gesessen hatte, wundervoll warm war. Ich kuschelte mich in die Wärme und war mir schmerzlich bewusst, dass Ethan nahe genug saß, um ihn zu berühren. Sein Haar war so glänzend, dass es im Licht der Fackeln zu glühen schien. Fasziniert und gefesselt betrachtete ich das Spiel von Licht und Schatten, bis der Schlaf sich schließlich anpirschte und mich übermannte.
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7 . Kapitel
B is jetzt war jedes Mal, wenn ich in Avalon aufgewacht war, irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung gewesen. Und dieses Mal war keine Ausnahme.
Ein gellender Schrei riss mich aus meinem todesähnlichen Schlaf, und sofort befand ich mich in einem Zustand hellwacher Panik. Weitere Stimmen erklangen, und die Schreie hallten von den Steinwänden und der Decke wider. Einige der Fackeln waren erloschen, so dass Teile der Höhle in den Schatten verborgen lagen.
Vor mir sprang Ethan auf die Füße, und zu meinem Entsetzen hielt er plötzlich ein langes schlankes Messer in der Hand. »Zu mir!«, brüllte er laut genug, um über die panischen Schreie hinweg gehört zu werden. Im nächsten Moment kam eine Handvoll Studenten zwischen den Stalagmiten hervor auf ihn zu.
Zwei Menschenjungen stützten einen dritten, dessen T-Shirt zerfetzt war. Auf seiner Brust waren blutige Wunden zu erkennen, die aussahen wie die Kratzer einer Klaue. Hinter ihnen kamen Kimber und der Feenjunge, mit dem sie so eng befreundet zu sein schien, rückwärts auf uns zu. Statt wie der Rest in Panik davonzustürzen, wichen sie Schritt für Schritt von den Schatten zurück. Dabei streckten sie drohend Messer in die Höhe, die aussahen wie das von Ethan.
Ich umklammerte meine Decke, die ich bis zum Kinn gezogen hatte, und war total verwirrt. Ich wusste nicht, was los war – nur, dass es nicht gut war.
Überhaupt nicht
gut, wenn ich mir die weit aufgerissenen Augen und die verstörten Mienen der Menschenjungen so ansah.
»Rühr dich nicht von der Stelle!«, befahl Ethan mir, ohne sich umzudrehen. Dann trat er vor, um sich zwischen uns Menschen und … was auch immer da draußen lauerte zu stellen.
Als ich bemerkte, dass der verwundete Junge gleich zusammenbrechen würde, erhob ich mich eilig von der Couch. Seine Freunde nickten mir dankbar zu und halfen ihm, sich hinzulegen. Die Wunden auf seiner Brust sahen übel aus, und beim Anblick des ganzen Blutes wurde mir etwas schwindelig. Ich hatte das Gefühl, dass ich mitten in einem Alptraum steckte. Das
konnte
doch alles nicht tatsächlich passieren. Mein Leben war vielleicht schwierig, aber es war nicht
gefährlich.
Es musste einen einfachen und plausiblen Grund für das Schreien, das Blut und die Waffen geben.
Dieses unwirkliche Gefühl war auch der Grund dafür, dass ich nicht so panisch war, wie ich eigentlich hätte sein sollen.
Einer der Jungs riss sich das Sweatshirt vom Leib und drückte es auf die Wunde. Der Verletzte stöhnte vor Schmerz auf.
Zu meinem Entsetzen hatte ein anderer Junge eine Pistole gezogen. Zwar hielt er sie auf den Boden gerichtet, doch sein Blick ging auf der Suche nach einem Ziel wild hin und her.
Was für Studenten
waren
das?
Ich machte mir allerdings schlagartig keine Gedanken mehr über die Waffe, als ein fürchterlich kreischendes Geräusch ertönte. Es klang wie Fingernägel auf einer Schultafel, nur zehnmal schlimmer. Wegen des Echos konnte ich nicht genau sagen, woher das Schreien kam, aber die drei Feen schienen es zu wissen. Sie standen Schulter an Schulter, die Messer zum Kampf erhoben, und wandten sich einem Punkt zu, an dem die Schatten besonders dunkel
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