Rosendorn
waren.
Plötzlich bewegte sich der Schatten und trat in den Schein einer Fackel. Ich schlug die Hand vor den Mund, um nicht laut loszuschreien, denn was auch immer das war, es war auf jeden Fall nichts Menschliches. Nicht einmal annähernd.
Es sah aus, als bestünde es aus Stöcken und Stroh, mit einer entfernt an eine menschliche Gestalt erinnernden Form und riesigen schwarzen Augen. Die Stöckchen, die seine Finger bildeten, waren am Ende scharf, und an einigen klebte Blut. Mein Magen drehte sich beinahe um, als ich ein weiteres rasiermesserscharfes Anhängsel entdeckte, das zwischen den Beinen der Kreatur hervorragte. Auch
daran
klebte Blut.
Das Ding öffnete seinen Mund, und wieder erklang dieses fürchterliche Kreischen, bei dem ich mir die Ohren zuhalten musste. Zwei weitere dieser Kreaturen tauchten hinter ein paar Stalagmiten auf.
Die Feen bewegten sich etwas auseinander, so dass jede von ihnen einem der Angreifer gegenüberstand. Der Menschenjunge versuchte, sich in eine gute Schussposition zu bringen, doch die Feen standen im Weg.
»Können Pistolenkugeln den Dingern etwas anhaben?«, fragte er plötzlich.
Ethan, der sich langsam und vorsichtig der Kreatur näherte, die er ins Visier genommen hatte, rief ein knappes Nein über seine Schulter.
»Scheiße!«, stieß der Junge hervor, und ich konnte ihm nur zustimmen. Er steckte die Waffe weg und schob mich dann ritterlich hinter sich.
Die Kreaturen kreischten wieder, und mit einem Mal machten alle drei gemeinsam einen Satz nach vorn und griffen an. Ich schluckte einen Schrei herunter.
»Jason!«, brüllte hinter mir eine panische Stimme.
Der bewaffnete Junge – offensichtlich Jason – wirbelte herum, und ich tat es ihm gleich. Ein weiteres Wesen hatte sich von hinten an uns herangeschlichen und hockte nun auf der Rückenlehne der Couch. Die Augen waren so ausdruckslos wie Tintenfässer, und dennoch spürte ich seinen Blick so intensiv wie eine Berührung auf mir. Der Junge auf dem Sofa erstarrte voller Angst, und wenn das Ding es auf ihn abgesehen hätte, dann wäre er längst Geschichte gewesen. Aber es hatte nur Augen für mich. Wieder kreischte es und sprang dann von der Lehne der Couch auf mich zu.
Instinktiv duckte ich mich, hechtete nach vorn und entkam so den Klauen der Kreatur. Leider stand Jason direkt hinter mir, und als ich auswich, prallte das Wesen gegen seinen Oberkörper und warf ihn zu Boden.
In dem Moment schrie ich tatsächlich auf.
Jasons Freund sprang vor, packte das Monster und zog es von ihm herunter. Sein Gesicht hatte bereits tiefe Wunden von den Klauen davongetragen. Das Ding wirbelte zu Jasons Freund herum, holte mit seinem dünnen Ärmchen aus und schlug mit der Rückseite so hart zu, dass der Junge durch die Luft flog. Die Kreatur triumphierte und schien unter meinem Blick zu wachsen. Den Blick auf Jason gerichtet, kam es wieder auf ihn zu. Ich rappelte mich mühsam auf und blickte mich hektisch nach etwas um, um dem am Boden liegenden Jungen zu helfen.
Was ich als Nächstes tat, war rein instinktiv. Ich war unbewaffnet, und selbst wenn ich eines dieser Feenmesser gehabt hätte, hätte ich damit wahrscheinlich eher mich selbst als eine dieser Kreaturen verletzt. Doch ich konnte nicht einfach tatenlos zusehen und hoffen, dass ein großer, bärenstarker Retter aufkreuzen würde – nicht, wenn das Wesen sich auf den offensichtlich verletzten Jason zubewegte.
Panischer als je zuvor in meinem Leben schnappte ich mir die Decke, die noch immer um meine Schultern geschlungen war, packte sie mit beiden Händen, breitete sie aus und warf sie in die Luft, als wäre sie ein Laken, das ich über ein Bett breiten wollte. Als die Decke sich direkt über den Kopf des Wesens senkte, ließ ich los.
Ich hatte die Hoffnung, dass das Ding wenigstens ein bisschen langsamer werden würde, wenn es durch die Decke nichts mehr sehen konnte, aber mein Plan funktionierte noch besser als erwartet. Das Biest versuchte, sich die Decke vom Kopf zu ziehen, doch die Wolle verfing sich in den kleinen Stöcken und Zweigen, die von seinem Körper abstanden. Zornig kreischend fing das Wesen an, die Decke mit seinen Klauen zu zerfetzen.
Dieser Moment reichte Ethan, um zu uns zu rennen. Sein Messer blitzte wieder und wieder auf, als er es in die Decke und die Kreatur darunter rammte. Schwarzes, klebriges Zeug tropfte von der Klinge, und die wütenden Schreie des Wesens klangen allmählich gequält und schmerzvoll. Aber Ethan hörte nicht auf, auf
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