Rosenfolter
Katinka.
»Ich gehe davon
aus, dass Sie mir bei Gelegenheit zutragen, was Sie wissen. Ich meine, manchmal
bricht einfach irgendwas aus einem heraus. Man kann nicht beständig alles in sich
hineinfressen …«
Katinka griff nach
einer Zeitschrift. ›Garten Eden‹. »Bisschen hoch gegriffen«, murmelte sie.
»Ich bin dabei,
die Rose, auf der Ohr, Finger und Sie wissen schon was gebettet waren, zu bestimmen.
Ich bin ganz nah dran. ›Princess of the Dark‹ könnte hinkommen.« Er blätterte emsig
in einem Bildband und hielt, kaum hatte er die passende Seite gefunden, den Schinken
unter Katinkas Nase. Sie sah eine dunkelrote Rosenblüte. Mehr nicht. Dante riss
das Buch wieder an sich.
»Es stimmt das
meiste. Die Farbe. Die Form und Beschaffenheit der Knospen. Sie sind sehr fest,
aber, wie soll ich sagen …«
»Sie ist es nicht.«
Katinka verdrehte die Augen.
»Nein. Meine sprichwörtliche
Liebe zum Detail«, begann Dante, »… aber egal. Sie wollen es sowieso nicht hören.
Nein, die Größe stimmt nicht. Die ›Princess of the Dark‹ ist kleiner.«
»Wenn Sie wirklich
der Wischnewski sind, der mir wie ein Bandscheibenvorfall im Nacken sitzt, haben
Sie längst einen Gartenexperten zu Rate gezogen.«
Die Espressos kamen.
»Tut mir leid,
das mit dem Bandscheibenvorfall«, feixte Dante. »Aber Sie haben ja gar keinen Schimmer.
Bei Gärten redet jeder mit. Staudengärtner, Floristen, Landschaftsarchitekten …«
»Rosen sind sehr
spezielle Wesen. Ich wette, Sie haben einen Rosenzüchter angezapft.«
»100 Punkte für
Sie. Seiner Meinung nach gibt es die Rose gar nicht.«
»Welche?«
»Die, auf der wir
Ohr, Finger und …«
»… Sie wissen schon
was gefunden haben«, beendete Katinka. »Aber Sie hatten doch keine Rose?«
»Ein Foto.«
»Wenigstens etwas.
Trotzdem nicht dasselbe. Ihr Experte konnte die Rose nicht anfassen. Wie fühlt sie
sich an? Hart, weich, haarig, was weiß ich. Wie riecht sie?«
»Ich sehe, Sie
nehmen die Sache ernst. Aber mein Rosenfreak hat mir versichert, dass es diese Rose
noch nicht gibt. Die ›Princess of the Dark‹ ist vor zwei Jahren prämiert worden,
und nun arbeitet man daran, sie weiter zu veredeln. Die dunkle Prinzessin steht
nämlich mit Winter und Nässe auf Kriegsfuß. Dann werden ihre Knospen steinhart.
Nur, wenn sie brutal zurückgeschnitten wird, lässt sie sich in der nächsten Saison
zu neuer Blüte herab. Aber selbst das ist nicht garantiert, die Dame ziert sich.«
Katinka trank ihren
Espresso in einem Schluck aus. Dante hatte sich ganz schön in die Sache reingehängt.
Klar, die abgetrennten Körperteile waren seine Story.
»Suchen Sie weiter.
Irgendwer wird die Rose ja wohl kennen?«
»Im Gartenbauamt
sagen sie, in Bamberg ist die ›Princess of the Dark‹ nie aufgetaucht. Eine zu teure
und zu unsichere Kandidatin für den Rosengarten.«
Katinka zuckte
die Schultern. Ehrlich gesagt, es war ihr egal. Die Begegnung mit Eva Braun hatte
sie runtergezogen. Sie wusste plötzlich nicht mehr, was sie tun sollte. Das Haus
kaufen? Wellmann anrufen? Mit einem zweiten Gutachter durchmarschieren und mehr
schadhafte Stellen zusammentragen? Wozu? Um zu kapitulieren?
Der Gutachter,
den Wellmann ihr empfohlen hatte, hatte ihr versichert, dass die meisten Schäden
halbwegs leicht zu beheben seien. Weil die Substanz des alten Hauses in Ordnung
schien.
»Ob ihre Eltern
Altnazis sind?«, fragte Dante.
»Huch?«
»Eva Braun. Wer
nennt sein Kind denn Eva, wenn der Nachname Braun ist.«
»Ist mir herzlich
egal.«
»Macht nichts.
Es könnte natürlich sein, dass sie jemanden geheiratet hat, der dummerweise Braun
heißt. Aber dann … also ich für mein Teil möchte nicht mit dieser Kombination rumlaufen.«
»Nein, als Mann
käme man mit diesem Namen durchaus unvorteilhaft rüber.« Katinka stand auf. »Danke
für die Einladung.«
»He!«
»Tschau!«
»Rosen stehen für
die Liebe. Mal drüber nachgedacht?«
Katinka winkte
und lief den Kaulberg hinauf. Warum auch immer. Sie brauchte dringend Bewegung.
11
»Die Nachrichtensperre war das Geschickteste,
was ihr machen konntet«, beschwerte sich Katinka. Sie saß eine gute Stunde später
bei Hardo im Büro, mit drei großen Portionen gebratenen Nudeln mit scharfem Gemüse
vom Chinaimbiss in der Tüte.
»Stellt das Zeug
in die Mikrowelle«, schnappte Hardo. »Lauwarm krieg ich den Sperrmüll nicht runter.«
Sabine Kerschensteiner
verdrehte die Augen. »Klar, Chef.« Sie nahm die Tüte und verschwand auf den
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