Rosenfolter
starrten. »Wie kommt er ins Spiel?«
»Er schiebt Panik
und ist getürmt.«
»Panik, ermordet
zu werden?«
»Oder eine Hand
oder einen Fuß einzubüßen. Vielleicht auch die Nase. Was weiß ich.«
»Hardo!«
Doch er war eingeschlafen.
30
Das Telefon klingelte. Katinka blinzelte.
Sie lag in Hardos Schlafzimmer, und Hardo lag neben ihr. Nebel leckte am Fenster.
Das Licht war trübe, nicht wie an einem Frühlingsmorgen. Eher wie im Oktober. Katinka
streckte die Hand nach dem Hörer aus. Hardo war schneller.
Es ist Donnerstag,
dachte Katinka. Sie war von der kurzen Nacht wie betäubt. Ihr Kopf schwer wie Granit.
Kurzsichtig linste sie auf das Display ihres Handys. Sechs Uhr 30. Und Hardo noch
zu Hause. Himmelschimmel. Irgendwas lief hier schief.
»Ja?«, raunzte
Hardo in den Hörer. »In Ordnung. Ich komme.«
»Scheiße, Hardo, ich bin halb tot. Wer war das?«
»Kerschensteiner. Sie hat einen Botaniker aufgerissen, der kommt in einer
halben Stunde ins Büro.«
»Na dann. Eine Tankwagenladung Kaffee, und ich bin funktionsfähig.« Katinka
wälzte sich aus dem Bett, blieb kurz auf dem Boden sitzen. Sie fröstelte. Der Schlafmangel
war keine gute Voraussetzung für Özlems Auftrag. Während sie auf dem Bettvorleger
hockte, regte sie sich plötzlich über die Tatsache auf, dass sie Özlems Wunsch nach
Diskretion ihre Familie betreffend einfach hinnahm. Aber das würde erst ab zwölf
Uhr Thema sein. Sie hörte Hardo im Bad hantieren. Wasser rauschte. Sie ging ihm
nach, stellte sich ganze zwei Minuten unter die Dusche, rubbelte sich trocken und
zog widerwillig die verschwitzten Sachen von gestern wieder an. Nur das Shirt und
das Softshell. Den Pulli ließ sie weg. Sie riss das Fenster auf und atmete tief
die kühle Luft ein. Himmel, was für ein Nebel. Vor kurzem hatte der Sommer ein Stelldichein
gegeben, jetzt schien schon der Herbst hereinzubrechen.
Um kurz nach sieben parkte Hardo seinen Golf vor der Polizeidirektion. Sabine
Kerschensteiner wartete ungeduldig im Treppenhaus.
»Eine Menge Fragen
heute zu klären, Chef«, rief sie ihnen entgegen. Ihre Stimme klang munter, in ihren
Mundwinkeln saß ein Grinsen. Aber ihre Augen lagen in tiefen Schatten. Sie waren
alle reichlich übermüdet zurzeit.
»Ach ja?«
»Zum Beispiel Niko
Böhnert. Was machen wir mit dem?«
»Besprechen wir
gleich. Wo ist der Pflanzenfritze?«
»In Ihrem Büro.
Die Fingerabdrücke auf der Box sind analysiert, die Papiere kommen danach dran.«
Hardo riss die
Tür zu seinem Zimmer auf.
Der Botaniker saß
ausgeschlafen, frisch rasiert und gut gelaunt auf dem Besucherstuhl. »Guten Morgen«,
verkündete er. »Johannes Bergner. Angenehm.« Er stand auf, nickte Katinka und dann
Hardo zu und setzte sich wieder.
Sein Akzent, dachte
Katinka, klingt ein klein wenig slawisch. Verschwindend gering, aber fühlbar.
»Sie sind Botaniker?«
»Universität Erlangen.
Lehrstuhl für Ethnobotanik und Phytogeographie. Ich wohne in Bamberg, daher war
es kein Problem, hier vorbeizukommen, um …«
»Professor Bergner
kennt den Sachverhalt«, schaltete sich Sabine dazwischen. Sie hob vier Plastiktüten
mit den mittlerweile vertrockneten Rosen hoch. »Wir haben drei Rosenkissen und eine
langstielige.«
»Können Sie herausfinden,
ob diese Hagebutten«, Hardo stellte die Box auf den Tisch, »zu diesen Rosen passen?«
Er wies mit dem Kinn auf die Tüten.
»Aber sicher.«
»Gut. Bis wann
haben Sie die Ergebnisse?«
»Bei uns werden
gerade Staatsexamina korrigiert. Es wird ein wenig dauern.«
»Morgen wäre gut«,
fuhr Hardo fort, als hätte er nicht zugehört.
»Ich melde mich.«
Johannes Bergner verstaute beide Objekte in einem Stoffbeutel mit dem Logo eines
Gesundheitsschuhgeschäftes drauf. »Wiedersehen.«
»Haben Sie ihn
überprüft?«, fragte Hardo, kaum dass der Professor zur Tür heraus war.
»Klar. Russlanddeutscher,
mit 15 in die Bundesrepublik gekommen, in der Förderschule gelandet, hat sich hochgeschuftet,
Deutsch gelernt, Abitur nachgemacht, promoviert, habilitiert.«
»Bewundernswert«,
seufzte Hardo und griff nach den Papieren im Posteingangskorb. »Müllen die uns jetzt
mit noch mehr inneramtlicher Dienstpost zu? Haben Sie das gesehen, Kerschensteiner?
Ein Memo zur Kommunikation im Team.«
»Die wollen, dass
wir miteinander sprechen, Chef.«
»Wie sieht es mit
Fingerabdrücken auf der Box aus?«, fragte Katinka.
»Feli Bohnstett.
Feli Bohnstett. Und Feli Bohnstett.« Sabine zuckte die Schultern. »Ich hatte
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