Rosenfolter
gegen die Hausmauer. Den Atem
anhaltend lauschte sie auf Schritte. Doch der Mann, der nun aus dem Schatten auftauchte,
kam auf so leisen Sohlen durch die dunkle Straße, dass es schien, als berühre er
kaum den Boden.
Katinka glitt von
der Wand weg und verstellte ihm den Weg.
»Hoppala!«, machte
er überrumpelt, versuchte auszuweichen, doch sie spiegelte seine Bewegung. Ihm blieb
nichts anderes übrig, als stehen zu bleiben.
»Pardon«, sagte
Katinka mit einem falschen Lächeln, während ihre Hand sich längst um den Griff ihrer
Pistole gelegt hatte.
»Äh …«
»Man sollte meinen,
nachts, um die Uhrzeit, da ist genug Platz auf der Straße, oder?«
»Äh … ja«, brummelte
der Mann. Er war groß, trug eine Fleecejacke mit Kapuze und Sneakers. Die Jeans
hingen lose und ausgebeult an seinem hageren Körper herunter. Ein echter Anfänger
im Observieren, befand Katinka. Anfang 20 etwa. Zu jung, um ein Profi zu sein. Ein
Crack wäre nicht gleich abgebogen, sondern geradeaus weitergegangen, um die Lage
zu sondieren.
Hardo tauchte an
der Kreuzung auf. Er nickte Katinka zu.
»Aber jetzt sollten
Sie mich vorbei lassen, sonst fasse ich das hier als Belästigung auf!«, sagte Katinka
eine Spur lauter.
Der Typ guckte
erschrocken.
»Hallo? Lassen
Sie mich vorbei, bitte?« Jetzt hallte Katinkas Stimme über die leere Straße.
»Verdammt, Sie blockieren hier doch den Gehsteig«, nörgelte der Typ. Seine Stimme klang nach mehreren
Schachteln Zigaretten pro Tag.
Hardo packte ihn
von hinten an der Schulter. »Sie belästigen die Dame?«
Der Typ ging hoch
wie eine Rakete.
»Nein!« Jetzt kriegte
er wirklich die Panik. »Ich habe überhaupt nichts gemacht!«
Hardo zückte seinen
Ausweis. »Polizei. Ihre Papiere, bitte!«
»Aber …«
»Ihre Papiere,
bitte«, wiederholte Hardo schneidend.
Der Hagere friemelte
an seiner Fleecejacke herum, machte eine schnelle Bewegung, startete durch, umschiffte
einen geparkten Golf und rannte Richtung Kanal davon.
Hardo stellte ihn
schneller, als er ›Piep‹ sagen konnte.
»Prima«, sagte
er. »Danke für die Kooperation. Das war’s dann fürs Erste. Wenn Sie uns freundlicherweise
begleiten würden.«
19.4.2012 – Donnerstag
29
»Na gut, damit hätten wir seinen
Auftraggeber aufgescheucht. Aber Niko Böhnert schweigt, und allzu lange kannst du
ihn nicht festhalten. Er hat ja definitiv nichts gemacht«, sagte Katinka, als sie
um halb zwei endlich in Hardos Küche saßen und ein Bier teilten. Sie hatten den
Verfolger in eine der Haftzellen in der Polizeidirektion verfrachtet. Hardo brauchte
eine gute Weile für den Papierkram. Endlich brachen sie völlig übermüdet auf. Nicht
ohne die Box mit den Hagebutten und Feli Bohnstetts Papiere auf Sabines Schreibtisch
abzulegen mit der Bitte, sie so schnell wie möglich auf Fingerabdrücke untersuchen
zu lassen.
»Immerhin haben
wir diejenigen wachgerüttelt, die meinen, sich in unsere Angelegenheiten einmischen
zu können«, widersprach Hardo.
»Solange er nicht
damit rausrückt, wer ihn geschickt hat …«
»Dem trete ich
morgen auf die Zehen, darauf kannst du Gift nehmen.«
»Was ist eigentlich
mit dem handlosen Yildirim?«
»Liegt mit Schmerzmitteln
zugedröhnt im Klinikum und gibt vor, sich an nichts zu erinnern. Was ich ihm fast
abkaufe, wenn ich an Kriwaneks Bericht denke, wie ihm das Ohr abhanden kam. Allerdings
hat es diesen Yildirim schwer erwischt: Wahrscheinlich müssen sie sogar seinen Arm
bis zum Ellenbogen abnehmen.«
Katinka schüttelte
sich. »So wird man scheibchenweise weniger.«
»Mal konkret: Im
Lichte von Feli Bohnstetts Betrachtungen zeichnen sich jetzt klarere Umrisse vor
meinen Augen ab, als noch vor ein paar Stunden.«
»Schieß los!« Katinka
legte die Arme auf den Tisch und barg ihren Kopf darin. Sie war rechtschaffen müde.
So müde, dass Hardos Stimme wie durch Watte zu ihr vordrang. Alles, was sie jetzt
noch brauchte, war eine heiße Dusche. Und ein Bett.
»Die Rose als Symbol
der Unsterblichkeit«, begann Hardo. »Liebe können wir vergessen. Hier wurde eine
neue Rose entwickelt, und die ist offensichtlich in die falschen Hände geraten.«
Katinka hob den
Kopf. »Das brauche ich genauer.«
»Der Gärtner: Ihm
fehlt ein Ohr. Dann der Gartenfreak und Hobby-Rosenzüchter Theo Bauer. Ihm fehlt
ein Finger. Racheakte? Katinka, hörst du mir überhaupt zu?«
»Racheakte wofür?
Weil sie die Rose geklaut haben?«
»Nachgezüchtet,
gestohlen, plagiiert, was weiß ich.«
»Und Yildirim?
Wie
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