Rosenfolter
heiseres Kratzen, wie Schrottteile
eben, die aneinander rieben.
»Scheiße, Alte!«
Der Dünne tänzelte vor ihr herum wie eine nervöse Stute. »Halt den Rand!«
»Abhauen!«
»Scheiße! Klappe
halten!« Der Mann fuchtelte mit dem Revolver herum. »Halt ‘s Maul! Der Udo, der
knallt uns beide ab!«
»Haste Angst?«,
ächzte Feli.
»Halt ‘s Maul!«
»Wer ist da?« Ein
Lichtschein zuckte über den Hof.
Feli hustete. Der
Dünne trat ihr auf den Arm. Zahm, beinahe behutsam, jedenfalls im Vergleich mit
dem anderen.
»Die sind zu zweit!«,
japste Feli. In ihrem Kopf summte es. Plötzlich schien die Zeit still zu stehen.
Kein Geräusch störte mehr die Stille unter dem schwarzen Himmel.
Wie aus dem Boden
gewachsen, zwischen all dem Schrott und Altmetall, richtete Udo sich vor ihr auf.
Felis Herz setzte ein paar Schläge aus.
»Idiot. Schieß!«
Der Dünne richtete
den Revolver auf Udo.
»Doch nicht auf
mich, du Trottel!«
Feli biss die Zähne
zusammen. Mit schier übermenschlicher Kraft rollte sie ein paar Mal um ihre eigene
Achse, weg von dem Dünnen, stieß an ein dickes Rohr, brüllte vor Schmerz, schlang
ihre Arme um das Rohr und wälzte es wie ein Schutzschild vor sich.
Ein Schuss zerfetzte
die Nacht. Die Kugel streifte das Rohr. Funken sprühten.
»Irrer!«, jaulte
Udo auf. Er schwang seinen Arm in die Höhe, und im Widerschein des Lichtes, das
immer noch über den Hof zuckte, sah Feli die überlange Klinge durch die Luft schneiden,
seitwärts auf das Bein des Dünnen zurasen.
Sein Schmerzensschrei
schien von allen Seiten widerzuhallen. Der Revolver flog aus seiner Hand und landete
irgendwo zwischen dem Schrott. Der Dünne brach zusammen. Sein rechtes Bein war knapp
unterhalb des Knies sauber durchtrennt.
»Fuck!«, brüllte
Udo.
Er rannte gebückt
vom Hof. Wenige Sekunden später sprang ein Motor an.
48
Katinka drückte auf die Klingel.
In ihrem Headset wurde es still. Sie nahm es ab und stopfte es in den Rucksack.
»Wer ist da?«,
fragte eine Stimme gedehnt.
»Palfy.«
Es blieb still
hinter der Tür.
»Hallo? Hayat? Özlem?«, rief Katinka. »Lassen Sie mich rein. Es ist wichtig.
Es geht um Ihre Sicherheit!«
Wie blöd kann man sein, dachte Katinka, während hinter der Tür heiß auf Türkisch
diskutiert wurde. Sie ließ ihren Blick schweifen. Unter der Beleuchtung vor der
Haustür war sie weithin sichtbar. Sie hatte das Gefühl, dass etwas nicht stimmte,
dass jemand die gleichen Schlüsse wie sie längst gezogen hatte. Sie ahnte, dass
Özlem ein Opfer war, dem demnächst ein Finger oder mehr fehlen würde, wenn sie nicht
schleunigst ein paar Sicherheitsmaßnahmen ergriffen.
»Özlem, wenn Sie nicht morgen früh als Garnitur eines Rosenkissens auf der
ERBA-Insel liegen wollen, dann machen Sie auf, Himmel Herrgott!«
Ein Schlüssel wurde
umgedreht. Die Tür ging auf. Eine großgewachsene Frau stand da.
»Ich bin Dilek.
Özlems und Hayats Mutter.«
»Hallo!«, sagte
Katinka überflüssigerweise und glitt durch die Tür. »Schließen Sie wieder ab.«
Özlem und ihre
Schwester standen in der Diele und starrten Katinka mit hasserfülltem Blick an.
Sie blickte sich rasch um. Ein alter, grober Holzboden, holzgetäfelte Wände, zu
viel Landhausstil für ihren Geschmack. Es roch nach Bohnerwachs. Zwei Türen führten
von der Diele weg und eine breite Treppe hinunter zum Keller und hinauf ins Obergeschoss.
»Was soll das?«,
knurrte Özlem.
Die beiden Schwestern
sahen einander kaum ähnlich. Özlem groß, kantig und knochig, sie schien nach der
Mutter zu gehen. Hayat dagegen zierlich, mit einem zarten Gesicht und beinahe knabenhaft
schlank, das Haar zu einem akkuraten Bob getrimmt.
»Wischnewski, wo
sind Sie?«
Er kam zu ihnen
in die Diele. »Das Interview kann ich knicken.«
»Sind alle Fenster
geschlossen? Was ist mit Kellertüren?«
»Worum geht es?«
Dilek Canavar stemmte die Hände in die Hüften. Sie überragte Katinka ein gutes Stück.
Ihr Haar lag lang und lockig auf ihren Schultern, eine üppige Melange aus Silber
und Schwarz.
»Özlem?«, fragte
Katinka. »Soll ich anfangen, und Sie ergänzen, was fehlt?«
Özlem schnaubte
nur.
»Sie haben mir
eine schöne Geschichte aufgetischt. Von wegen, dass Ihre Brüder Sie verfolgen und
umbringen wollen. Sie haben einen ganz anderen Feind. Im Sinne der Lebensrettung
sollten wir den Klartext zu lesen kriegen!«
»Brüder?«, fragte
Dilek verwundert.
Özlem und Hayat
wechselten Blicke.
»Bevor Ihre Töchter
sich
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