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Rosenherz-berbKopie

Titel: Rosenherz-berbKopie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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soll schön bleiben. Du solltest unbedingt ein
Fernglas mitbringen. Ich pack uns einen Picknickkorb ...»
    «Nein»,
sagte Marthaler, «nicht am Sonntag! Nicht zum Picknick! Ich meine:
jetzt!»
    Morell
schaute Marthaler an, als habe er es mit einem Alien zu tun. «Sag
mal, spinnst du? Weißt du, wie viel Uhr es ist?»
    «Nein»,
sagte Marthaler, «das weiß ich nicht, aber ...»
    «Es
ist nach dreiundzwanzig Uhr. Ich bin todmüde. Es ist stockdunkel.
Wir würden unsere Hand nicht vor Augen sehen. Der See liegt zwischen
Feldern und den Mainwiesen; da stehen keine Straßenlaternen.
Außerdem gibt es dort nur holperige Wirtschaftswege, das Gebiet ist
für Autos gesperrt ...»
    «Morchel,
Konrad, Konny! Bitte!»
    «Verdammt
nochmal: nein!», sagte Morell. «Du benimmst dich wie ein
ungezogenes Kind. Ich habe Nein gesagt, und dabei bleibt es! Kommt
überhaupt nicht in Frage.»

    Als
er fünf Minuten später auf dem Parkplatz in seinem Wagen saß,
merkte Marthaler, wie erschöpft auch er war. Seine Augen brannten;
er hatte Kopfschmerzen. Morell hatte recht: Das Beste, was sie jetzt
tun konnten, war, sich auszuruhen.
    Marthaler
startete den Motor. Im Radio spielte der Pianist Menahem Pressler mit
zwei jungen Musikerinnen Schostakowitschs Trio in e-Moll. Ebenso
geisterhaft wie schön war diese Musik.
    Marthaler
hatte Angst, nach Hause zu fahren und sich in der leeren Wohnung ins
Bett zu legen. Er fürchtete, trotz seiner Müdigkeit nicht
einschlafen zu können.
    Er
lenkte seinen Wagen auf die Berliner Straße, um zurück nach
Frankfurt zu fahren. Dann überlegte er es sich anders.
    Er
wendete, fuhr zurück und bog nach rechts auf den Offenbacher
Marktplatz. Der Platz war dunkel und leer. Aus einer Seitenstraße
kamen ein paar Jugendliche, die johlend über die Fahrbahn liefen und
ihre Bierflaschen schwenkten, als Marthaler an ihnen vorbeifuhr.
    Er
umrundete den Platz, dann hatte er das Haus mit der Nummer 10
gefunden. Es stand direkt an der Ecke. Es war ein schlichtes Gebäude
am Ende einer langen Häuserzeile. Im Erdgeschoss befand sich eine
Buchhandlung.
    Marthaler
parkte den Wagen am Straßenrand und stieg aus. Er schaute auf die
Klingelschilder, aber der Name Margarete Hielscher war nicht
dabei. Er ging zu dem Schaufenster des Buchladens, legte die
Stirn an die Scheibe, schirmte seine Augen mit den Händen ab und
schaute hinein. In einem der hinteren Räume brannte Licht. Marthaler
meinte, eine Bewegung wahrzunehmen.
    «Die
haben schon geschlossen», sagte eine Stimme.
    Marthaler
drehte sich um. Nicht weit von ihm stand in einem Hauseingang
eine alte Frau, die sich auf die Griffe ihres Rollators stützte. Sie
trug ein Nachthemd und dicke Wollsocken.
    «Ja»,
sagte er, «das denke ich mir. Aber was ist mit Ihnen? Warum liegen
Sie nicht im Bett?»
    Die
Frau antwortete nicht. Sie sah ihn an und wackelte mit dem Kopf.
    Marthaler
klopfte zaghaft an die Schaufensterscheibe. Er hatte Angst,
möglicherweise eine Alarmanlage auszulösen. Als sich im Inneren des
Ladens nichts rührte, klopfte er noch einmal. Diesmal etwas lauter.
    Eine
Tür wurde geöffnet, ein Lichtschein fiel in den Verkaufsraum,
gefolgt von einem Schatten, der sich in die Silhouette eines
Mannes verwandelte.
    Der
Mann kam zum Schaufenster, hielt zwei Finger an seine Ohrmuschel
und hob fragend die Augenbrauen. Marthaler zeigte auf den Eingang.
    Der
Mann drehte den Schlüssel und öffnete die Glastür einen
Spalt. Er wirkte erstaunt, dennoch furchtlos und freundlich.
    «Sie
arbeiten aber lange», sagte Marthaler.
    «Buchhaltung»,
sagte der andere. «Dafür nehm ich mir nächste Woche einen Tag
frei.»
    «Ich
bin Polizist. Vielleicht können Sie mir helfen. Ich suche nach einer
Frau. Sie heißt Margarete Hielscher.»
    Die
Stirn des Buchhändlers legte sich in Falten. «Sagt mir irgendwas,
aber ...»
    «Sie
hat wahrscheinlich mal hier im Haus gewohnt.»
    Die
Miene des Buchhändlers hellte sich auf: «Ach so, klar! Im ersten
Stock. Wir konnten später die kleine Wohnung billig übernehmen. Wir
nutzen sie jetzt als Lager und Packraum.»
    «Das
heißt, Frau Hielscher wohnt nicht mehr hier?»
    «Nein,
sie ist gestorben. Sie hatte Leukämie.»
    Marthaler
presste die Lippen zusammen und schnaufte. «Wann war das?»
    «Warten
Sie ... 1984 haben wir den Laden eröffnet, ein, nein, zwei Jahre
später ist das Lager dazugekommen. Also muss es 1986 gewesen sein.
Frau Hielscher ist im Sommer 1986 gestorben.»
    «Wissen
Sie, was aus ihrer Hinterlassenschaft geworden

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