Rosenherz-berbKopie
ihn erwartungsvoll an. «Und, was sagen Sie?»
Marthaler
brummte zustimmend. Obwohl es ihm widerstrebte, mit Grüter
einer Meinung zu sein, musste er zugeben, dass Mirko unbestreitbar
ein hervorragender Koch war. Das Gulasch war aus zartem Kalbfleisch
und auf den Punkt gegart. Es lag in einer leichten Weißwein-Sauce
mit Steinpilzen und Pfifferlingen. Im lockeren Teig der
Serviettenknödel schmeckte man eine Spur frischer Kräuter.
«Gestern
Abend rief Mirko mich an und erzählte, dass hier ein Typ vor seinem
Bier sitzt, der als Schließer im Butzbacher Knast arbeitet.
Der Typ wollte wissen, ob irgendwer an einem Tipp zu dem Kunstraub
interessiert sei. Ich war interessiert, bin in mein Auto
gestiegen und saß zwanzig Minuten später mit dem Mann an genau dem
Tisch, an dem wir jetzt sitzen. Gundlach, so heißt der Knabe, ist
ein ziemlich tougher Typ. Wie Sie wissen, sitzen in Butzbach ein
paar richtig große Nummern. Und Gundlach hat es verstanden, sich
mit den Knackis gutzustellen. Er besorgt ihnen, was sie brauchen,
und natürlich tut er das nicht umsonst.»
«Also
ist er selbst ein Krimineller!», sagte Marthaler.
«Sagen
wir: Er weiß, wie der Hase läuft. Und offensichtlich hat er
nicht viele Skrupel.»
«Und
was hatte er Ihnen zu sagen?»
«Moment»,
sagte Grüter. «Jedenfalls haben wir eine Weile geredet, ohne dass
er so recht mit der Sprache rauswollte. Einerseits war er
scharf auf das Honorar, das ich ihm angeboten habe, andererseits
meinte er, dass die Sache ziemlich heiß sei und er das Ganze besser
seinen Vorgesetzten melden sollte, damit man ihn nicht wegen
Mitwisserschaft drankriegt.»
«Und?
Weiter!»
«Ich
habe ihm gesagt, dass er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen
kann. Ich habe ihm geraten, mit mir und mit
der Polizei zu sprechen. Den Rest wird er Ihnen gleich selbst
erzählen.»
«Das
heißt, Gundlach kommt hierher?»
«Genau!
Sie sind der Polizist, mit dem er spricht. Er sagt Ihnen, was er zu
sagen hat, und damit hat er seine Pflicht getan. Damit ist er aus
dem Schneider. Genial, oder?»
«Und
was ist Ihre Rolle in diesem Stück?», fragte Marthaler.
«Ich
bin der gute Geist, der zusammenbringt, was zusammengehört.»
«Wo
Sie auftauchen, stinkt es nach Schwefel, Grüter. Wenn Sie ein guter
Geist sind, dann gibt sich der Teufel demnächst als Messias aus.»
«Das
tut er doch immer.»
«Da
haben Sie recht... Und? Ihre Bedingung? Was wollen Sie von mir?»
«Können
Sie sich das nicht denken?»
«Spucken
Sie's aus! Ersparen Sie mir, mich in Ihr verkommenes Hirn zu
versetzen. Ich nehme nicht an, dass Sie mich aus lauter
Barmherzigkeit in Ihre Geschäfte einbeziehen.»
Grüter
setzte sich in Positur. Er legte seine Gabel beiseite, schnippte
eine Zigarette aus der Schachtel und steckte sie an.
«Die
Geschichte, Marthaler. Was soll ein Reporter anderes wollen? Ich
will die Geschichte, die Sie mir liefern werden.»
«Nehmen
wir mal an, dieser Gundlach hat wirklich eine wichtige Information.
Meinen Sie, dann lässt die Polizei einen Reporter als
Begleithund bei den Ermittlungen mitlaufen?»
«Nicht
die Polizei, Marthaler. Sie! Sie ganz alleine. Schon in Ihrem
eigenen Interesse werden Sie Gundlachs Informationen mit
niemandem teilen. Mit niemandem - außer mit mir!»
«Und
was, wenn ich Ihnen jetzt das Blaue vom Himmel verspreche und mich
später nicht daran halte? Wenn ich zwar ermittle, aber Sie nichts
davon erfahren? Wenn ich Sie hintergehe? Was dann?»
«Dann
habe ich auch eine Geschichte. Wahrscheinlich keine so gute, aber
immerhin die von dem Polizisten, der sich auf finstere Geschäfte
mit finsteren Reportern und finsteren Gefängnisangestellten
einlässt, dabei seine Kollegen hintergeht und heimlich in
einem Fall ermittelt, in dem er nicht ermitteln darf.»
«Ich
sitze also in der Falle?», sagte Marthaler.
«Sagen
wir: Sie haben die Wahl. Und bis jetzt ist ja noch nichts passiert.
Sie können immer noch aussteigen. Solange wir nicht wissen, was
Gundlach zu erzählen hat, können wir beide noch zurück. Aber das
wollen wir nicht, stimmt's, Herr Hauptkommissar? Wir wollen das Ding
durchziehen.»
Marthaler
nickte. Und er hatte das Gefühl, durch dieses Nicken einen Pakt mit
dem Teufel geschlossen zu haben.
Gundlach
war jünger, als Marthaler ihn sich vorgestellt hatte. Er schätzte
ihn auf Anfang dreißig. Er war groß und durchtrainiert; sein
Händedruck fest. Er hatte die Schultern nach hinten gebogen, sodass
sich seine Brustmuskulatur unter dem engen T-Shirt
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