Rosenherz-berbKopie
er einen Club gegründet, den er Gourmet> nennt. Es gibt weder einen Eintrag im Handelsregister
noch im Telefonbuch. Es kursiert lediglich eine Visitenkarte
mit Mirkos Handynummer. Eigentlich darf er nur Gäste bedienen, die
Mitglieder seines Clubs sind, allerdings nimmt er es damit nicht
allzu genau. Ich vermute, er kann es sich nicht leisten. Man ruft
ihn an, fragt, was es heute zu essen gibt, dann darf man
vorbeikommen.»
«Wir
sind angemeldet?», fragte Marthaler.
«So
ist es!»
«Und
was gibt es zu essen?»
«Gulasch,
Serviettenknödel und Salat», sagte Grüter. «Ein echtes
Sommeressen. So ähnlich habe ich mir das Menü eines
Gourmet-Restaurants vorgestellt.» «Abwarten!»
Hinter
der Friedberger Warte war Grüter auf die Homburger Landstraße
abgebogen. Links lagen die ehemaligen Gebäude der US-Armee, in
denen jetzt das amerikanische Generalkonsulat untergebracht war.
Einen knappen Kilometer weiter kamen sie am Gefängnis vorbei.
Als sie Alt-Preungesheim hinter sich gelassen hatten, fuhren sie
unter der Autobahnbrücke hindurch und erreichten die Siedlung
Frankfurter Berg. Hinter den drei großen Supermärkten setzte
Grüter den Blinker nach rechts.
Inmitten
des unwirtlichen Gewerbegebietes, wo sich eine große Glaserei, ein
Möbellager, einige Autozubehörfirmen und zahllose kleinere
Handelsbetriebe niedergelassen hatten, parkte Grüter den Wagen am
Straßenrand.
«Auch
die Gegend, wirklich nobel!», sagte Marthaler.
Mit
dem Kopf zeigte der Reporter auf die gegenüberliegende
Straßenseite. Man sah nichts außer einem zwei Meter fünfzig hohen
Industriezaun, der die Sicht versperrte und hinter dem die Wpfel
einiger Bäume hervorragten.
«Hier
ist es!»
«Ja»,
sagte Marthaler, «wenn es noch hübscher wäre, hätte Mirko seinen
Laden nennen müssen.»
In
der Mitte des Zaunes befand sich ein zweiflügeliges Tor. Auf einem
Schild war die Aufschrift zu lesen. «Nur für Club-Mitglieder.
Bitte klingeln.»
Noch
bevor Grüter auf den Knopf gedrückt hatte, begann das Tor, sich
nach innen zu öffnen.
Marthaler
legte seinen Kopf nach hinten. Nun sah er die kleine Videokamera,
die auf den rechten Torpfosten montiert war. Für einen Moment wurde
ihm unbehaglich zumute. Unwillkürlich tastete er unter seinem
Jackett nach der Dienstwaffe.
«Grüter,
ich sage Ihnen, wenn Sie mich hier in irgendeine Scheiße gelockt
haben ...»
Grüter
lachte sein Kohlenkastenlachen. «Marthaler, entspannen Sie
sich. Gleich gibt's ein frisch gezapftes tschechisches Bier und
lecker Essen. Machen Sie sich locker, Herr Kommissar.»
Als
sich die beiden Flügel des Tores ganz geöffnet hatten, konnte
Marthaler das Grundstück überblicken. Das Gelände war fast
tausend Quadratmeter groß und nahezu leer: Eine zerrupfte Wiese mit
ein paar Birken, einer großen Pappel und ein paar wuchernden
Holunderbüschen. Links standen in der Nähe des Zauns die Wracks
zweier Personenwagen und eines Motorrads. Nicht weit davon eine
verrostete Badewanne, aus der ein paar wild wachsende Blumen
und Gräser sprossen.
Marthaler
wandte seinen Blick nach rechts. Was er dort sah, ließ ihn lächeln.
Es war ein Gebilde, das ihn an den kleinen Zirkus erinnerte,
der jedes Jahr einmal auf dem Festplatz seiner Heimatstadt gastiert
hatte. Den Mittelpunkt bildete ein rundes Zelt mit einem spitzen
Dach, über dem eine rotweiße Fahne wehte. Dahinter stand ein
großer Bauwagen, dessen Fenster mit Scheibengardinen geschmückt
waren. Zwei niedrigere, aber ebenfalls geräumige Zelte, deren
Seitenplanen aufgerollt waren, bildeten den L-förmig
angeordneten Gastraum. Als sie sich näherten, konnte Marthaler
sehen, dass auf den langen Tischen kleine Vasen mit künstlichen
Blumen standen. Ein steinerner Löwe und eine Kopie von
Michelangelos David bewachten rechts und links den Eingang. Auch an
den Spannschnüren der Zelte waren kleine rot-weiße Fähnchen
angebracht. Über all dem schwebte eine Lichterkette mit bunten
Glühbirnen, die von der Mittelstange des Rundzeltes bis zum
Dach des bemalten Toilettenwagens reichte, der etwa zehn Meter
entfernt an der Grenze des Grundstücks stand.
«Mirko,
alte Socke, wo bist du?», rief Grüter.
Man
hörte das Scheppern von Töpfen und das unverständliche
Brummen einer Männerstimme. Kurz darauf kam ein winziger weißer
Hund aus dem Inneren der Zelte auf sie zugerannt, der sie laut
kläffend umkreiste. Eine Katze, die auf dem Deckel einer großen
Mülltonne döste, öffnete kurz die Augen, um sie
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