Rosenmunds Tod
Beitrag zu einer gleichgewichtigeren Entwicklung der Welt, weil sie durch den Aufbau von modernen Produktions- und Forschungsstätten hochwertige Arbeitsplätze und Ausbildung in den sich entwickelnden Ländern schafft.«
Swoboda warf einen Blick in die Runde aufmerksamer Zuhörer und gönnte sich einen Schluck Wasser. Während seiner gut halbstündigen Rede hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Mit sich selbst sehr zufrieden schaute er flüchtig auf den Zettel mit den Stichwörtern und holte noch einmal tief Luft, bevor er weitersprach.
»Was bedeutet das nun für unsere zukünftige Zusammenarbeit? Wir haben uns in unserer Unternehmensgruppe zum Ziel gesetzt, einen wichtigen Beitrag zur Wahrung unserer Lebensräume zu leisten. Durch eine Produktion auf den Märkten der Welt mit modernen, der Nachhaltigkeit verpflichteten Verfahren werden Umweltgefährdungen verringert. Bei uns gelten weltweit die Sicherheits-, Ausbildungs- und Umweltstandards, die wir für unsere deutschen Standorte aufgestellt haben. Die Vision des Sustainable Development ist unser Leitbild. Daran arbeiten wir und daran lassen wir uns messen. Wir wollen letztendlich einen besseren Beitrag für das Zusammenleben der Völker leisten als den, den gerade wir Deutschen bis zur Hälfte des vergangenen Jahrhunderts geleistet haben. Und ich freue mich deshalb besonders, dass gerade Sie als Vertreter der russischen Geschäftswelt für neue Joint Ventures zur Verfügung stehen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.«
Als der Beifall einsetzte, kramte Swoboda seine Notizen zusammen, steckte sie in die Jackentasche, nickte noch einmal höflich in die Runde der Zuhörer und trat hinter dem Rednerpult hervor. Einer der Saaldiener stand mit einem Tablett voller Sektgläser bereit. Im Vorbeigehen angelte sich Swoboda einen der Kelche, nippte durstig und mischte sich unter die Schar seiner Bewunderer.
»Glückwunsch, Herr Swoboda«, dröhnte Erwin Stoever, der seinen ausladenden Bauch unter der Kette des Oberbürgermeisters zu verstecken versuchte. »Visionäre wie Sie gibt es viel zu wenige.«
Swoboda schaute das Bochumer Stadtoberhaupt entgeistert an. Mit dem OB duzte er sich seit mindestens zwanzig Jahren; dass der ihm jetzt so geschwollen kam, wunderte ihn. Dann bemerkte er den kleinen, stämmigen Russen, der die Delegation aus Donezk, einer der Bochumer Partnerstädte, anführte, in Stoevers Schlepptau. Der Redner setzte übergangslos ein Lächeln auf und nickte bescheiden.
»Leider. Inzwischen geht es ja leider den meisten Unternehmern nur noch um Profite, ohne Rücksicht auf Verluste. Diese Shareholder-Value-Mentalität hat entschiedene Nachteile.«
Der Russe nickte freundlich und ließ sich den Sermon der beiden Eingeborenen von einer Dolmetscherin übersetzen.
Dann ratterte der Gast einige Sätze herunter, griff ebenfalls nach einem Sektglas und sah Swoboda abwartend an.
»Herr Afinogenov teilt Ihre Ansichten hinsichtlich der Notwendigkeit einer Ausweitung der Globalisierung«, übersetzte das wandelnde Deutsch-Russisch-Lexikon ohne jeden Akzent. »Er ist sehr daran interessiert, einige Ideen Ihrerseits zu hören, wie sich zukünftige Geschäftsbeziehungen gestalten könnten.«
»Sprechen Sie nicht mit unserem Freund hier, ohne einen findigen Juristen dabeizuhaben«, bemerkte eine Stimme hinter Swoboda. »Herr Swoboda ist bekannt dafür, sich bestens im Vertragsrecht auszukennen und seine Vorteile auszuschöpfen.«
Swoboda drehte sich langsam um. Natürlich, Pfeiffer, der Stinker von der örtlichen IHK. Die beiden Männer waren schon seit Jahren in herzlicher Feindschaft verbunden.
Der Russe lauschte der Übersetzung der Dolmetscherin mit hochgezogenen Brauen.
Swoboda lächelte gewinnend. »Herr Pfeiffer, ich hatte Sie gar nicht bemerkt«, erklärte er seelenruhig. »Ansonsten hätte ich Ihnen vor meiner Rede gerne ein ausformuliertes Exemplar zur Verfügung gestellt. Ihnen ist offensichtlich entgangen, dass ich für alle Bochumer Unternehmen gesprochen habe.«
Pfeiffer wollte aufbrausen, aber der OB brach völlig unangebracht in schallendes Gelächter aus. »Ich bitte Sie, meine Herren. Was sollen unsere Gäste denn von uns denken? Selbstverständlich hat Herr Swoboda für alle Vertreter der Bochumer Wirtschaft gesprochen.«
»Ach, und warum erwähnt er dann ausnahmslos Firmen seiner Unternehmensgruppe?«, stänkerte Pfeiffer weiter.
Swoboda musterte seinen Geschäftsfeind aufmerksam. Anscheinend hatte der Blödmann, statt
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