Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosenmunds Tod

Rosenmunds Tod

Titel: Rosenmunds Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
Vom Netzwerk:
seiner Rede zu lauschen, an seinem Flachmann genuckelt. Die Augen glänzten deutlich rötlich und die Emissionen seines Atems reichten, um Wasser in Wein zu verwandeln.
    »Hier und heute ist sowieso nicht der geeignete Ort, um Geschäfte abzuschließen«, schmeichelte Swoboda in Richtung des Russen. Er beging nicht den so häufigen Fehler, seine Worte an die Dolmetscherin zu richten. Durch solch anfängerhaftes Fehlverhalten waren schon Millionendeals geplatzt. »Sie sind doch sicherlich noch einige Tage in der Stadt?«
    Geduldig wartete er das Übersetzungsspielchen ab; die Zeit nutzte er, um aus dem kleinen Etui eine seiner von einem Künstler designten Visitenkarten zu zupfen. »Fein«, fuhr er dann fort. »Setzen Sie sich am besten mit meinem Sekretariat in Verbindung, um einen Termin zu vereinbaren. Ich werde Ihren Anruf avisieren, für Sie habe ich selbstverständlich immer Zeit.«
    Der Russe beäugte anerkennend das elfenbeinfarbene Stückchen Karton und nickte. Dann hob er sein Glas und prostete Swoboda zu.
    Nach dem Höflichkeitsschluck legte Stoever jovial seinen Arm um Swobodas Schultern und lächelte Afinogenov zu. »Verzeihen Sie, dass ich Herrn Swoboda jetzt entführe.«
    »Kannst du mir mal verraten, was dieses Arschloch Pfeiffer hier zu suchen hat?«, fauchte Swoboda, nachdem der OB und er sich ein paar Schritte entfernt hatten. »Ich hab dir doch schon tausend Mal gesagt, dass ich diesen Wichser nicht sehen will.«
    »Halt gefälligst die Luft an«, fauchte Stoever ebenso leise zurück. »Erstens ist dies hier eine offizielle Veranstaltung der Stadt, da kann ich den Vorsitzenden der IHK schlecht ignorieren. Zweitens rückt mir sonst die Partei auf den Pelz. Immerhin ist Pfeiffer einer von uns.«
    »Lasst ihr jetzt jeden in die SPD? Oder führt ihr vorher Eignungstests durch. Die, die durchfallen, dürfen eintreten?«
    Stoever grinste. »Wirtschaftskompetenz, mein Lieber. Paritätische Ausgewogenheit. Ausschließlich mit Gewerkschaftsmitgliedern machst du doch keinen Staat mehr, werden ja sowieso immer weniger. Und den Pfeiffer kann ich mir wenigstens so zurechtbiegen, wie ich will.«
    »Trotzdem kriegt ihr im September einen über den Arsch«, höhnte Swoboda. »Und das vollkommen verdient, wo du und deine Bürgermeisterkollegen hier in NRW so tölpelhaft mit Spendengeldern umgeht.«
    Der Bürgermeister lächelte. »Wir sind hier nicht in Köln oder Wuppertal. Mir kann keiner ans Bein pinkeln.«
    Swobodas Gesichtszüge wechselten automatisch wieder ins Freundliche, als Stoever vor Vertretern der russischen Provinzkulturszene stehen blieb.
    Nach fünf Minuten hatte Swoboda gelernt, dass in Donezk noch weniger los war als in Bochum. Ein mindestens genauso mieser Fußballclub wie der VfL, ein unteres Mittelklassetheater, gegen das Hartmanns populistische Inszenierungen wie ein wahres Feuerwerk wirken mussten – hätte es den Vergleich gegeben – und noch nicht mal ein Ballett. Jetzt ging auch noch der Sekt in seinem Glas zur Neige und weit und breit kein Kellner in Sicht.
    »Herr Swoboda, darf ich mal kurz stören?«
    Erleichtert drehte sich der Industrielle um. Alexander von Illing, einer seiner Geschäftsführer, stand mit hochrotem Kopf hinter ihm.
    »Ah, Herr von Illing«, meinte Swoboda. »Darf ich Sie mit unseren russischen Freunden bekannt machen?«
    »Später vielleicht«, erklärte von Illing gequält. »Könnten wir uns vielleicht fünf Minuten unter vier Augen unterhalten? Es ist dringend.«
    Swoboda blickte entschuldigend in die Runde und wandte sich ab.
    »Verdammte Scheiße, wo wart ihr alle? Ich hatte euch doch gesagt, ihr sollt um neunzehn Uhr da sein«, zischte er seinem Mitarbeiter zu.
    »Das ist jetzt vollkommen unwichtig«, entgegnete von Illing ungehalten. »Wir sind am Arsch. Die Bullen haben heute eine groß angelegte Durchsuchungsaktion gestartet.«
    Swoboda zuckte nicht mit der Wimper. »Sag das noch mal.«
    »Heute Morgen um neun standen die auf der Matte. Und du warst nicht zu erreichen.«
    »Der Akku meines Handys war leer«, antwortete Swoboda. »Und ich bin direkt vom Flughafen hierher ins Rathaus gefahren. Haben die etwas gefunden?«
    »Etwas?«, echote von Illing. »Alles.«
    »Verdammt noch mal, ich hatte euch doch gesagt, ihr sollt alles beseitigen, was uns gefährlich werden kann«, wütete Swoboda nun doch. »Habt ihr gepennt?«
    »Du hast uns im selben Moment gesagt, wir hätten noch ein paar Wochen Zeit«, motzte von Illing zurück. »Die haben uns am Kragen.

Weitere Kostenlose Bücher