Rosenmunds Tod
schon einmal Derartiges untergekommen?«
»In meiner bisherigen Laufbahn noch nicht«, schnaufte de Vries wütend. »Kein Wunder, dass die in so jungen Jahren schon in einer so renommierten Kanzlei arbeitet.«
»Ich habe mich über die junge Dame erkundigt«, erklärte Sturm. »Eine Karriere, wie sie im Buche steht. Frau op den Hövel hat sich von Beginn an auf Strafrecht spezialisiert, in der Düsseldorfer Kanzlei ist sie der absolute Shootingstar. Und wissen Sie, was ihr Spezialgebiet ist?«
De Vries sah ihn abwartend an.
»Sexueller Missbrauch. Und ihre Erfolgsquote ist beängstigend hoch.«
»Und dann bewilligen Sie ihr Zeit, um das Beweismaterial systematisch auf Schwachstellen prüfen zu können?«, fragte de Vries.
»Ich will mir keine Verfahrensfehler vorwerfen lassen«, nickte Sturm, »darin ist die Gute nämlich ebenfalls meisterlich bewandert. Wir müssen sehr auf der Hut sein. Ein Geständnis bekommen wir nur, wenn wir irgendwo ein Video finden, auf dem Swoboda den Oberbürgermeister besticht und sich nebenbei an einer Vierjährigen vergeht. Doch so was werden wir wohl kaum finden.«
»Also?«
»Machen wir die Sache so wasserdicht, wie es geht«, meinte Sturm. »Die Beweiskette muss lückenlos sein, sowohl in Ihrem Fall als auch in meinem. Ich glaube, eine kleine Pause kommt uns eher zupass als der Verteidigung.«
18
Annika Schäfer klammerte sich verbissen an ihren Kaffeebecher und starrte ausdruckslos auf die gegenüberliegende Wand. Sie hatte die Nase voll und wollte das, was vor ihr lag, einfach nicht mehr sehen.
Hunderte Fotos von misshandelten und missbrauchten Kindern, leere Augen, schmerzverzerrte Gesichter, Männer, die sich wieder und wieder an den kleinen Körpern vergingen.
Und alles war für die Katz, nicht auf einem einzigen Bild war einer der Täter deutlich zu erkennen. Entweder waren die Aufnahmen oberhalb der Schultern abgeschnitten oder die Fotos waren mit einem Bildbearbeitungsprogramm manipuliert worden. Gerichtsverwertbar war nichts, allerhöchstens könnte man versuchen, anhand der Körperphysiognomie die Kinderschänder zu identifizieren – wenn sie erst mal Verdächtige gefunden hatten.
Wenigstens blieb ihr das Schlimmste erspart, denn um die gefundenen Videos kümmerten sich zwei Kollegen. Etwa die Hälfte der Filme war bereits gesichtet.
Annika vernichtete den restlichen Kaffee, klaubte die Bilder zusammen und steckte alles Beweismaterial in einen dicken wattierten Umschlag. Sie musste hier raus, mal was anderes vor die Augen bekommen.
Das Dezernat war leer gefegt, so ziemlich alle Beamten waren im Einsatz, abgesehen von drei Glücklichen, die im Augenblick Urlaub hatten. Also eine Treppe nach oben. Vielleicht hatte Katharina Lust, ein wenig zu plaudern.
Als sie das Büro der beiden Kollegen vom KK 11 betrat, dozierte Hofmann gerade über die Schwierigkeiten, die sich beim geplanten Besuch eines Fußballspieles ergeben konnten. Die Blonde war mies drauf, Annika erkannte an den verkniffenen Mundwinkeln, dass Thalbach schon mal bessere Tage gehabt hatte.
». das musst du dir vorstellen«, ereiferte sich Hofmann. »Du willst nichts weiter, als dir in dieser neuen Arena ein Fußballspiel angucken, und was ist? Pustekuchen. Scheint so, als sei die auf Jahre ausverkauft. Und die Vergabekriterien, die dieser Assauer sich da ausgedacht hat, sind ein Witz.«
»Hofmann, du nervst«, grummelte Katharina.
»Meine Güte, bist du wieder schwanger?«, spöttelte der Stoppelhaarige und griff in die Tüte mit den Lakritzschnecken. »Als du das letzte Mal so geguckt hast, hast du ein paar Monate später Nachwuchs in die Welt gesetzt.«
»Männer«, raunzte die Blonde. »Sei froh, dass du solo bist«, tröstete sie Annika, die sich noch nicht über die Türschwelle getraut hatte. »Auf Dauer können einen die Kerle wahnsinnig machen.«
»Haben aber auch ihre Vorzüge. Wenn Berthold allerdings so weitermacht, hat sich das mit dem Mannsein bald erledigt.«
»Häh?«, fragte Hofmann.
»Futter ruhig weiter dein Lakritz«, empfahl Annika. »Auf Dauer mehr als sieben Gramm pro Tag und du wirst impotent.«
Hofmann lachte auf. »Ist ein Witz, oder?«
»Nein«, antwortete Schäfer ernst. »Kein Witz.«
»Echt nicht?«, erkundigte sich Katharina. »Dann weiß ich, was ich Berthold zum Geburtstag schenke.«
»Stimmt das wirklich?«, fragte Hofmann besorgt. »Ich meine, mit den sieben Gramm pro Tag?«
»Ja. Allerdings reines Lakritz, diese Schnecken sind gestreckt bis zum
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