Rosenmunds Tod
wischte er sich mit der Serviette über die Hose.
Endlich, da kam Kerstin. Wie eine Fahne wehten ihre langen schwarzen Haare hinter ihr her, trotz der Entfernung erkannte Mara in ihrem Gesicht hektische, rote Flecken. Sie klopfte einmal gegen die Scheibe und hob die Hand. Kerstin sah sie und winkte hektisch.
Etwa eine Minute später trat Kerstin Friedrichs an den Tisch und schob ihr Tablett mit einem Milchshake auf den schmierigen Plastikbezug. Seufzend plumpste sie auf den Stuhl.
»Mann, du machst ja einen Stress«, schimpfte Mara und funkelte das ein Jahr jüngere Mädchen böse an. »Erst willste dich unbedingt mit mir treffen und dann kommste zu spät.«
»Hab den Bus verpasst«, entschuldigte sich Kerstin und wischte mit der Handfläche den Schweiß von der Stirn. »Hast du schon gehört? Svenja ist tot.«
Mara verputzte ungerührt den Rest ihres Burgers. »Echt? Hat sie sich aufgehängt?«
»Mensch, die ist umgebracht worden. Vorgestern Abend.«
»Woher weißt du das?«
»Die Bullen waren heute in der Schule, da haben sie das gesagt.«
Mara wischte sich mit der Serviette über die grell angemalten Lippen und zuckte die Achseln. »Pech. Hast du gefragt, wie das passiert ist?«
»Ich hab doch nicht selbst mit denen gesprochen. Die waren nur in Svenjas Klasse und haben dann mit den Lehrern geredet.«
»Mhm«, machte Mara und griff nun nach den Pommes. »Hätte eher gedacht, die bringt sich mal selbst um. Die war doch völlig bescheuert.«
»Du bist gemein«, gab Kerstin zurück. »Ich dachte, ihr hättet euch gut verstanden?«
»Quatsch. Wohn du mal ein paar Jahre mit so einer abgedrehten Kuh auf einem Zimmer, ’ne Zeit lang ist das ja ganz lustig, wenn dir eine ständig den Arsch nachträgt, aber auf Dauer nervt das.«
»Ich fand die eigentlich ganz nett«, meinte Kerstin und nagte eifrig an einem ihrer demolierten Fingernägel.
»Glaub mir, Svenja war eine dumme Pute.«
»Aber das ist doch kein Grund, sie umzubringen.« Aus Kerstins Nagelbett sickerte inzwischen Blut.
»Klar, das nicht. Aber wer weiß, mit wem die sich alles rumgetrieben hat. Vielleicht ist das Prinzesschen ja einfach an den Falschen geraten.«
»Ich hab mich nur gefragt.«
»Was?«, hakte Mara nach.
»Onkel Hans sitzt im Gefängnis. Ob der wohl was damit zu tun hat?«
»Häh? Wieso das denn?«
»Ich weiß nicht«, sagte Kerstin. Die Haut um den malträtierten Nagel bestand jetzt nur noch aus Fetzen. »Vielleicht wollte sie ja nicht mehr. Oder sie wollte alles verraten.«
Mara lachte auf und vernichtete die letzten Pommes. »Svenja? Blödsinn. Die Schlampe konnte doch nie genug bekommen. Und Onkel Hans sitzt schon seit Anfang der Woche. Liest du keine Zeitung?«
»Nee«, gab Kerstin zu.
»Na siehst du. Vorgestern soll Svenja umgebracht worden sein? Da war Onkel Hans schon längst hinter Gittern.«
»Gott sei Dank«, seufzte Kerstin und widmete sich dem nächsten Nagel. »Aber warum wurde Onkel Hans dann verhaftet?«
»Irgendetwas mit seinen Geschäften«, erklärte Mara wichtigtuerisch. »Mist, morgen waren wir eigentlich verabredet. Ich hab mein Taschengeld für diesen Monat noch nicht gekriegt. Mal gucken, vielleicht hat ja einer von den anderen Zeit.«
»Onkel Olaf bestimmt. Der ist sowieso der Netteste.«
»Der fette Zwerg? Wenn der nicht ein Freund von Onkel Hans wäre, könnte der sich selbst einen runterholen.«
Kerstin überlegte, wagte jedoch keinen Widerspruch. Stattdessen nahm sie endlich die abgenagten Finger aus dem Mund und saugte an dem Strohhalm ihres Milchgetränkes. »Trainierst du?«, fragte Mara und grinste dreckig.
25
»Entschuldigung«, meinte KHK Kemper, als er mit einem Stoß Akten unter dem Arm in das Besprechungszimmer stürmte. »Unsere Staatsanwaltschaft hatte mal wieder Extrawünsche.«
»Das kommt mir bekannt vor«, nickte Wielert und zeigte mit dem Kopf auf einen der noch freien Stühle. »Schön, dass du es überhaupt noch geschafft hast.«
»Versprochen ist versprochen«, grinste Kemper und angelte sich, nachdem er sich gesetzt hatte, die Kaffeekanne. Missmutig verzog er das Gesicht.
»Nimm die hier«, empfahl Gassel. »Nur Kekse haben wir keine.«
Wielert wartete, bis sich der Tumult gelegt hatte und alle Tassen gefüllt waren. Eigentlich fanden Besprechungen des KK 11 in seinem eigenen Büro statt, aber heute nahm neben Kemper auch noch Annika Schäfer an dem Gespräch teil. Und für so viele Leute war sein Raum entschieden zu klein.
»Sind jetzt alle versorgt?«, fragte
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