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Rosenmunds Tod

Rosenmunds Tod

Titel: Rosenmunds Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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verquollenen Augen entgegenschaute und der es in den ersten Minuten des Unterrichts immerhin geschafft hatte, seinen Schülern zu vermitteln, dass auf Kuba Zucker und Tabak angebaut wurden, machte keinen erbosten Eindruck.
    »Schlemmer, guten Morgen«, stellte er sich vor. »Dürfte ich denn Ihre Ausweise sehen?«
    Nachdem der offizielle Part erledigt war, gab sich der Lehrkörper zufrieden. »Worum geht es?«
    »Um eine Ihrer Schülerinnen«, übernahm Katharina. »Svenja Düdder.«
    »Da haben Sie Pech. Svenja fehlt seit gestern.«
    »Ist uns bekannt.« Gleichzeitig drehte sich die Blonde zur Klasse um und hockte sich auf das Pult. »Wo ist ihr Platz?«
    Eigentlich war die Frage unnötig, nur ein Stuhl war nicht besetzt. Letzte Reihe, ganz hinten am Fenster. Trotzdem zeigte ein Mädchen auf und wies auf den Platz neben sich.
    »Bist du mit ihr befreundet?«, fragte Katharina.
    Der Teenager schüttelte entrüstet den Kopf. »Mit der? Nee, bloß nicht. Die ist immer so komisch.«
    »Mit wem aus der Klasse hat sie denn Kontakt?«, mischte sich Hofmann ein.
    Niemand meldete sich. Ein bulliger Junge bekam einen roten Kopf und starrte angestrengt auf die Schmierereien auf seinem Tisch, sagte aber nichts.
    Katharina registrierte die Reaktion. »Wollt ihr uns weismachen, niemand von euch kennt Svenja näher?«
    »Soweit mir bekannt ist, ist Svenja eine Einzelgängerin«, meldete sich Schlemmer aus dem Hintergrund. »Genau kann ich Ihnen das nicht sagen, ich bin ja nicht der Klassenlehrer.«
    »Und wer ist das?«
    »Kollege Veit. Aber der ist zurzeit krank.«
    »Bei dem Wetter kein Wunder«, murmelte Hofmann und verzog das Gesicht zu einer Schnute.
    »Können Sie uns nicht endlich sagen, was los ist?«, bat der Pädagoge.
    »Svenja ist tot«, gab Katharina zurück. »Sie ist vorgestern Abend ermordet worden.«
    Auf einen Schlag war es ruhig im Raum. Katharina ließ den Schock ein wenig wirken, dann nickte sie bekräftigend.
    »Ihr habt vielleicht in der Zeitung davon gelesen. Bis jetzt können wir uns von Svenja nur schwer ein Bild machen, was für ein Mädchen sie war, was sie in ihrer Freizeit tat und so weiter. Deshalb bitte ich euch, erzählt uns etwas über sie. Jede Kleinigkeit kann immens wichtig sein. Hatte sie wirklich keine Freunde hier?«
    Dabei blickte die Beamtin eindringlich auf die Sitznachbarin. Das Mädchen rutschte unruhig auf ihrem Stuhl herum.
    »Wie heißt du?«, fragte Katharina.
    »Sara.«
    »Sara, warum war Svenja so komisch?«
    »Ach, die war einfach blöd, ’ne richtige Zicke. Stand nicht auf Partys. Und die hat immer so einen Scheiß erzählt.«
    »Inwiefern?«
    »Keine Ahnung, die war einfach doof. Alles an der war doof.«
    Katharina seufzte. »Kannst du vielleicht ein bisschen genauer werden?«
    »Svenja erzählte immer davon, sie sei eigentlich eine Prinzessin und am Wochenende wäre sie bei ihrem Prinzen.«
    »Bitte?«
    »Ich sag’s ja, war nur Scheiße, was die erzählt hat. Außerdem, sie wollte auch gar nichts mit uns zu tun haben. Hat nie abschreiben lassen. Und in den Pausen war die immer gleich weg.«
    »War Svenja schon immer so? Oder hat sie sich im Laufe der Zeit verändert?«
    »Nee, die war schon immer so.«
    »Meint ihr anderen das auch?«
    Aus der Horde der Teenager kam zustimmendes Nicken und Gemurmel. Der junge Mann mit dem roten Kopf drohte inzwischen fast zu platzen, außerdem meinte Katharina zu erkennen, dass seine Hände zitterten.
    »Ist ja nicht gerade viel, was ihr zu erzählen habt«, seufzte sie. »Herr Schlemmer, könnten Sie sich wohl darum kümmern, dass wir mit Svenjas übrigen Lehrern sprechen können? Sagen wir, in der ersten großen Pause?«
    »Natürlich. Kommen Sie am besten direkt zum Lehrerzimmer. Halb zehn.«
    »Einverstanden. Und könnten Sie einen Moment auf diesen jungen Mann verzichten?« Dabei zeigte Katharina auf den Farbenprächtigen in der zweiten Reihe.
    »Henning? Selbstverständlich.«
    Katharina stieß sich vom Pult ab und lächelte den Jungen freundlich an. Henning wäre am liebsten im Erdboden versunken, stand aber mit wackeligen Knien auf, um die Beamten auf den Flur zu begleiten.
    »Habt ihr hier so etwas wie einen Aufenthaltsraum?«, fragte Hofmann.
    »Nein«, brachte der Junge beim dritten Versuch über die Lippen. »Nur die Pausenhalle.«
    »Na, dann unterhalten wir uns eben hier. Wird schon gehen, nicht wahr?«
    Henning verknotete seine Finger und sah zwischen Thalbach und Hofmann hin und her. Dann rammte er seine Hände in die Taschen

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