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Rosenpsychosen

Rosenpsychosen

Titel: Rosenpsychosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna-Maria Prinz
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was Marie ihnen schon vor langer Zeit gewollt oder ungewollt aufgetragen hatte: Schlampe.

5
    Helene und ihre Patientin verstehen sich gut,
    haben aber leider keine Ahnung davon
    Diese Blumen waren toll, fand Marie. Letzte Woche rosa Rosen, heute weiße. Großartig, diese Köpfe. Sie hat kein Grün dazugenommen, was eigentlich von Geschmack zeugt. Rosen brauchen kein Extra-Grün. Woher sie das wohl weiß? Wissen ja nicht viele. Martin hat Jahre gebraucht, um das zu kapieren. Ich sehe heute nicht aus dem Fenster, nicht eine Minute. Ich werde mit Smalltalk beginnen, vielleicht geht das als guter Wille durch.
    »Also, diese Blumen sind toll. Woher sind die?«
    Sie kann schöne Blumen nicht ansehen, ohne sich zu fragen, von welchem Floristen sie kommen und wie teuer sie waren. Passt ins Bild. Helene hatte sich für heute vorgenommen, unvoreingenommen zu bleiben. Doch schon jetzt misslang der Versuch, kroch ihre Urabneigung gegen diesen Frauentypus in ihr hoch.
    »Ja, sie sind wirklich sehr schön. Ich habe sie vom Markt. Dort ist ein sehr netter, alter Blumenhändler, bei dem ich schon seit Jahren jede Woche einkaufe.«
    Ist ja gut, ereiferte sich Marie. Musst ja nicht gleich wieder so aggressiv werden. Hab ja nur gefragt, woher diese Scheißblumen kommen. Ja nun, vom Markt, typisch. Bestimmt nimmst du einen Korb mit zum Markt. Und wenn alle Einkäufeerledigt sind und du mit den netten, verschrumpelten Verkäufern übers Wetter gequatscht hast, gucken zwei Porreestangen und die Blumen aus dem Korb. Geh doch mal in ein ordentliches Blumengeschäft, parke davor im absoluten Halteverbot und lade den riesigen Strauß dann vor den Augen der Politesse in den Kofferraum. Würdest du nie tun, was! Ich hasse diese Leute, die sich im Sommer auf Märkten mit Verkäufern und Nachbarn verbrüdern.
    »Das ist ja schön. Ist immer noch die netteste Art einzukaufen.«
    »Ja, da haben Sie recht. Aber lassen Sie uns doch von Ihnen reden. Mich interessiert, was Sie zu mir geführt hat.«
    Dieses Strahlen ist grauenhaft. Schöne Augen könnten das sein, aber was man sieht, ist eine Fratze.
    »Na ja.«
    Das kann sie mich doch nicht im Ernst fragen. Was das hier für hohe Wände sind, und kalt ist es. Ich werde auch mal auf den Markt gehen. Heute ist Elternversammlung. Wenn ich Geld hätte, würde ich mal wieder ins KaDeWe fahren. Obwohl – schlechte Luft im KaDeWe. Man bekommt gar keine Luft hier. Ich stehe auf und gehe. Überhaupt eine Frechheit von Martin, mich hierherzuschleppen. Guck ich eben aufs Parkett. Da ist ja Nagellack von meinem großen Zeh abgeblättert. Jetzt denkt sie, ich sei so eine, die mit abgeblättertem Nagellack herumläuft. Soll sie sich doch selber mal ansehen! Ich sage nichts. Sie denkt, sie kann mich für ihre Arbeit missbrauchen. Aber nicht mit mir.
    »Also.«
    Jaja – das Zimmer hier ist ganz schön interessant, nicht wahr? Muss man sich genau ansehen, die weißen Wände und denFußboden und alles. Und dabei immer schön strahlen! Gott, manchmal verfluche ich diesen Job. Wäre ich doch auf Station geblieben. Nette Kollegen und wenigstens richtige Kranke.
    »Wissen Sie, Sie müssen diese Frage ja nicht sofort und auch nicht in einem Satz beantworten. Aber damit wir uns herantasten können …«
    »Welche Frage? Sie haben mich nichts gefragt.«
    »Ich habe Sie gefragt, weshalb Sie hier sind.«
    »Nein, Sie haben etwas über Ihre Interessen gesagt. Sie sagten wörtlich: Mich interessiert, was Sie zu mir geführt hat. Das ist keine Frage. Eine Frage endet trotz Reform immer noch mit einem Fragezeichen.«
    Diese elende Person, dieser scheiß Hunsrück, brodelte es in Maries Kopf. Es war, als brächte allein die Anwesenheit dieser doch überhaupt nicht gemochten Psychotherapeutin Gedanken, Hass und Ängste an die Oberfläche, die Marie sich normalerweise nur nachts leistete.
    Wenn ich Geld hätte, würde ich ein paar Armbrecher in den Hunsrück schicken. Oder jemanden, der gleich alles gründlich erledigt. Eine Gasexplosion käme infrage. Peng! Drei Kinder, die Schlampe und er. Bauz, weg wären sie. Die bläst ihm jeden Tag einen, anders kann es nicht sein. Ekelhaft. Wenn ich mir überlege, dass ich sieben ganze Jahre mit dem Mann verheiratet war! Ob er diesem Weib jetzt auch das Fliegen beibringt und ihr jede Woche einen dicken Schein hinlegt, so zum Amüsieren? Und ihr eine kleine Cessna und einen Porsche schenkt? Unwahrscheinlich. Die muss dankbar dafür sein, dass er sie aus der Gosse geholt hat und jetzt ihre

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