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Rosenrot, rosentot

Rosenrot, rosentot

Titel: Rosenrot, rosentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Arsenault
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schlicht aussehende Rune. Sie bestand aus einer einzelnen Linie mit einem schräg nach rechts abstehenden Schweif oben. Ich legte sie so auf den Couchtisch, dass Charlotte und Rose sie sahen.
    »Laguz«, erklärte Rose und las sich die Beschreibung durch. »Sehen wir mal nach. Hm. Sehr interessant, dass Nora die zieht.«
    »Lies vor«, forderte Charlotte sie auf.
    »Na gut. Hier steht: ›Als die Rune der Initiation bedeutet Laguz Lache, Wasser. Ursprünglich stand sie in Verbindung mit heidnischen Taufen Neugeborener. Die Rune bedeutet außerdem Gefühl, Intuition und Träume, und wer sie zieht, sollte besonders auf die Botschaften des Unterbewusstseins achten.‹«
    »Wow!«, staunte Charlotte. »Das ist wirklich irre, dass Nora die zieht. Die Botschaften von Noras Unterbewusstsein ...«
    »Ich will es noch mal versuchen«, unterbrach ich sie.
    »Das kannst du nicht«, entgegnete Rose. »Das ist wie bei Glückskeksen. Man hört sich an, was da steht, und glaubt es dann oder nicht. Aber man kriegt nicht noch einen.«
    Ich öffnete den Beutel und hielt ihn Charlotte hin, die endlos lange in den Papprunen herumrührte, ehe sie endlich eine zog. Ihre sah aus wie ein Paar Essstäbchen.
    »Naudiz«, verkündete Rose. »›Das Symbol steht für den menschlichen Kampf gegen Widrigkeiten. Naudiz heißt Not und weist auf einen großen Wunsch hin, etwas zu erreichen. Der Fragende sollte seine Beweggründe prüfen und zwischen echten Bedürfnissen und reinem Wunschdenken unterscheiden. Vertrau dem Schicksal, rät Naudiz, denn es führt dich am Ende zu dem, was du brauchst.‹«
    Charlotte sah nachdenklich aus, dann guckte sie mich an. »Ich finde, wir ziehen beide noch mal«, sagte sie entschlossen.
    »Ich auch«, stimmte ich ihr zu, schnappte mir den Beutel und steckte meine Rune wieder hinein.
    Als Charlotte dasselbe tun wollte, stand Rose auf, beugte sich über sie und riss mir den kleinen roten Beutel aus der Hand.
    »Oh nein, das macht ihr nicht! Ihr könnt die nicht immer wieder zurückstecken, bis ihr eine zieht, die euch gefällt. Dann bedeuten sie gar nichts mehr. Charlotte, diese Rune ist perfektfür dich. Und, Nora, ich weiß noch, wie deine aussah. Hol sie wieder raus!«
    Sie schüttete alle Runen auf das Sofa und pickte meine, Laguz, heraus.
    »Was ist mit dir?«, fragte Charlotte.
    »Ich ziehe jetzt auch eine.«
    Ich nahm Rose das schwarze Buch ab, damit ich für sie lesen konnte. Dann steckte sie ihre Hand in den roten Beutel und zog ein Pappzeichen, das ich nachschlug: Tiwaz.
    »›Tiwaz‹«, las ich vor. »›Die Rune des nordischen Gottes Tyr steht für dessen Tapferkeit, Ehrlichkeit und Gerechtigkeit. Der Legende nach ließ Tyr sich einst die Hand von einem Wolf abbeißen, um einen anderen Gott vor der Zerstörung zu bewahren. Wer diese Rune zieht, wird Opferbereitschaft und Mut im Namen der Gerechtigkeit beweisen müssen.‹«
    Wieder überlegten wir alle drei.
    »Wenigstens habe ich die nicht gekriegt«, meinte Charlotte dann.
    »Du hast ja keine Ahnung, was du da redest«, erwiderte Rose, zog mir das Buch weg und las noch einmal nach. »Die ist klasse«, murmelte sie, klang dabei allerdings wenig überzeugend.
    »Sich die Hand von einem Wolf abbeißen lassen?«, wiederholte Charlotte. »Das willst du bestimmt nicht. Los, wir ziehen alle noch mal.«
    »Nein.« Rose wich ruckartig zurück, als Charlotte ihr die Papprune wegnehmen wollte. »Wir behalten sie. Wisst ihr was? Wir sollten sie sogar bei uns tragen. Ich denke, dass wir sie uns umhängen sollten.«
    »Wie meinst du das? Du kannst die Rune doch nicht tragen!«
    »Wieso nicht? Ich mache mir ein Armband und hänge sie daran. Das solltet ihr auch tun.«
    Charlotte wirkte unsicher. »Das geht nicht.«
    »Nein?«
    »Nein, wir brauchen doch einen vollständigen Runensatz.«
    »Dann mach die drei eben neu. Es ist noch reichlich Pappe übrig. Hast du Häkelgarn oder so was?«
    »Die hier sind die Originale«, beharrte Charlotte auf ihrer Meinung. »Du musst dir schon selber so eine machen, wenn du sie dir umhängen willst.«
    »Ach, komm schon! Jetzt sei doch nicht so. Ich mache ja eine neue, okay? Aber wir müssen die tragen, die wir tatsächlich gezogen haben, klar? Nur die, die man zieht, bedeutet auch etwas.«
    Charlotte zog Luft durch die zusammengebissenen Zähne. Ich wusste nicht, ob Rose recht hatte, aber zumindest nahm sie das hier ernst.
    »Kannst du jetzt was holen, womit wir sie uns umbinden können?«, fuhr Rose fort. »Wir machen oben ein

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