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Rosenrot

Titel: Rosenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Schluss fehlt. Ende August fährt Dag Lundmark nach Schonen, nach Anderslöv bei Trelleborg, und tötet eine Bauernfamilie namens Sjöberg. Es erscheint ganz und gar unbegreiflich, doch so ist es. In meinen Augen besteht gar kein Zweifel, dass Dag Lundmark der Täter ist, der die Sjöbergs umgebracht hat. Und dass praktisch die ganze Anstrengung mit Ola Ragnarsson darauf abzielt. Er hat ein Datum. Ein sehr präzises Datum – den Tag, an dem die Familie Sjöberg ihren Auslandsurlaub antritt. Zwei Wochen wird sie niemand vermissen. Aber warum die Familie Sjöberg? Hat jemand eine Ahnung? Paul?«
    Paul Hjelm schüttelte den Kopf und fand, dass der ganze Fall wie ein Kaleidoskop war. Drehe es, und es entstehen völlig neue Muster. Er schwieg.
    »Wie auch immer«, sagte Söderstedt. »Lundmark fuhr nach Schonen, tötete die Sjöbergs und kehrte zu Ragnarsson zurück, der sich zu diesem Zeitpunkt in seinem manisch-depressiven Zyklus wieder abwärts bewegte. Ola dürfte jetzt eine ziemlich düstere Einstellung zum Leben gehabt haben. Lundmark überzeugt ihn davon, dass man das therapeutische Schreiben vielleicht in Form eines Selbstmordbriefs formulieren könnte. Das wäre der Punkt auf dem i. Es würde richtig dramatisch sein, wenn er am Ende des Briefs sein eigenes Sterben anfügte. ›Tu so, als ob du am Ende des Briefs stirbst, Ola. Das ist ein Exorzismus. Danach wird es dir besser gehen.‹ Außerdem fügt er die Wegbeschreibung zu den Leichen in Schonen bei.
    Denn das ist der eigentliche Zweck der Übung.
    Anders kann ich es nicht vor mir sehen. Mit diesem Ziel vor Augen hat er in Rudhagens Klinik Kontakt zu Ragnarsson aufgenommen. Hierauf zielt der ganze Umgang mit dem psychisch Kranken ab, die ganze Briefschreiberei ist nur das Vehikel für diese Wegbeschreibung. Als der Selbstmordbrief fertig ist, tötet er Ragnarsson mit dem Gift, das er schon bei dem Ehepaar Sjöberg benutzt hat. Talliumsulfat. Danach kann er daliegen und verfaulen, bis es Zeit wird, die Aufmerksamkeit der Polizei nach Schonen zu lenken.«
    »Ein einziges Mal während unseres Verhörs ist er besorgt«, sagte Hjelm. »Und zwar als wir ihm damit drohen, ihn dazubehalten. Im Grunde sind ihm ja Modisane und Dazimus Pharmas Probleme mit dem verdammten Rolls Royce unter den HIV-Blockern scheißegal. Er hat andere Dinge laufen. Er will jetzt nicht in Haft. Unser Verhör ist ihm genauso scheißegal. Wir sollen glauben, was wir wollen, wenn er nur rauskommt. Danach können wir ihn jagen, mit einer gewissen Verzögerung.
    Ich glaube tatsächlich, dass er Björn Hagman überfährt, damit der über den telefonischen Tipp redet. Er will, dass wir ihn jagen, aber er braucht einen ordentlichen Vorsprung. Es ist klar, dass wir nicht in alle Ewigkeit an Ragnarssons Schuld glauben. Es ist klar, dass wir früher oder später die Beziehung zu Rudhagen herstellen. Es hat allzu lange gedauert. Hätte es nicht so lange gedauert, wäre Hagman vielleicht nicht überfahren worden. Lundmark hat ein paar Tage Vorsprung. Weiß der Kuckuck, was er vorhat. Das ist der ›andere Plan‹.«
    In der Kampfleitzentrale war es eine Weile still. Als müssten alle sich sammeln. Kraft sammeln im Schweigen. Die schwere Kost verdauen.
    Die sich zuerst gesammelt zu haben schien, war – an schwer verdauliche Kost gewöhnt – Sara Svenhagen. Sie strich mit der Hand langsam über die Rundung ihres Bauchs und sagte: »Lassen wir nicht etwas außer acht? Ist Dag Lundmark nicht dabei, zielbewusst falsche Spuren um sich her auszulegen? Gibt es nicht einen gemeinsamen Nenner, der Ragnarsson mit den Sjöbergs verbindet – und mit der A-Gruppe? Denn sicher macht er doch Ragnarsson deshalb zum internationalen Serienmörder, damit gerade wir auf ihn angesetzt werden.«
    Paul Hjelm nickte. Natürlich gab es einen gemeinsamen Nenner. Und er müsste ihn sehen. Er war direkt vor seiner Nase, und er sah ihn nicht. Das spürte er.
    Und wo war Kerstin? Warum war sie verschwunden?
    Kriminalkommissar Jan-Olov Hultin saß da und schielte sehnsuchtsvoll auf seine Flipchart. Die ganze Zeit hatte er mit der abgezogenen Kappe des Eddings dagesessen. Er befühlte ihn vorsichtig mit dem Finger. Knochentrocken. Die Flipchart reichte gleichsam nicht aus. So groß sie auch wäre, sie würde nicht ausreichen.
    Das hatte nichts mit Quantität zu tun.
    »Ich sollte wohl zusammenfassen«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass ich das kann. Aber ich kann es reduzieren – das ist vielleicht mein Los in diesem Leben. Ich

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