Rosenrot
Das schwache Licht aus verschiedenen Ecken des Präsidiums wurde von den ständig wechselnden Rinnsalen reflektiert und schuf ein Muster, das an die monotonen Wechsel eines Kaleidoskops erinnerte.
Genau wie der vorliegende Fall.
Der erste Gedanke, der sich einstellte – und das dauerte eine gute Weile –, war: Max und Rigmor Sjöbergs Vergangenheit klarlegen.
Konnte man sich einen trostloseren Auftrag vorstellen? Das Landwirtspaar vom südschonischen Flachland. Er war in ihrem Haus gewesen – da gab es keine verborgenen Geheimnisse, dafür würde er die Hand ins Feuer legen. Es waren einfache und stabile Menschen gewesen. Robust. Dennoch musste er zu ihnen zurückkehren. Wenn die Sjöbergs nicht aus reinem Zufall gewählt worden waren, musste es etwas mit ihrer Vergangenheit zu tun haben.
Aber wo sollte man anfangen? Und wie sollte man etwas finden? Die Polizei in Trelleborg arbeitete ja an dem Fall. Kommissar Sten Johansson hatte einen, tja, soliden Eindruck gemacht. Das Fußvolk war ausgeschwärmt, daran bestand kein Zweifel. Alle früheren Kontakte mussten ans Licht gezogen werden. Er benötigte Johanssons Material.
Er rief bei den Kollegen in Trelleborg an. Sten Johansson war nach Hause gegangen, und etwas anderes war auch nicht zu erwarten gewesen. Er verlangte den Schichtleiter und brachte diesen nach vielem Wenn und Aber dazu, ihm das gesamte Ermittlungsmaterial herüberzufaxen. Sein Faxgerät knarrte los. Der Kopfschmerzerzeuger.
Auf Kerstins Seite des Schreibtischs lag ein aufgerissener Ölumschlag nachlässig hingeworfen. Er zog ihn zu sich heran. Was konnte es sein? Er betrachtete ihn. Da stand nicht: ›An Kerstin Holm‹. Da stand: ›An die Spezialeinheit beim Reichskriminalamt für Gewaltverbrechen von internationalem Charaktere
Und wer außer Brynolf Svenhagen würde die ganze offizielle Bezeichnung der A-Gruppe ausschreiben?
Das bedeutete auf jeden Fall nicht, dass er Kerstins Privatsphäre verletzte, wenn er hineinsah. Er nahm die Papiere aus dem Umschlag und erkannte den Zettel mit der zerlaufenen Tintenschrift aus Max Sjöbergs Brieftasche. Beigefügt war Svenhagens Analyse.
Er las sie durch. Ihm wurde schwarz vor Augen.
Ein paar mehr Worte waren sichtbar gemacht worden. Es war dennoch nicht besonders erhellend. Der zerronnene Text auf dem Zettel konnte offenbar in vier Sätze aufgeteilt werden. Diese vier Sätze lauteten, in weiterhin äußerst fragmentarischer Form:
1. ›mich‹, ›dein‹, ›Herz‹, ›Arm‹.
2. ›stark‹, ›Leidenschaft‹, ›Glut‹, ›Flamme‹.
3. ›Wasser‹, ›auslöschen‹, ›Ströme‹.
4. ›Gut‹, ›geben‹, ›Hause‹, ›Liebe‹, ›genügen‹.
Da hatte er genug. Von albernen Rätseln und dem nervtötenden Rattern des Faxgeräts.
Er ging von Brynolf Svenhagens Analyse zu dessen Tochter.
Bei Brynolf Svenhagens Tochter ratterte das Faxgerät noch schlimmer. Sara sah auf und begegnete seinem Blick. »Grässlich, wie sich das anhört«, sagte sie. »Man kriegt Kopfschmerzen.«
Hjelm kicherte. »Wie wahr«, sagte er, setzte sich ihr gegenüber und legte die Hände flach auf den Schreibtisch.
Sie machte eine müde Bewegung zum Fax hin und sagte: »Das sind Lundmarks gesammelte Fälle aus Göteborg. Er war ziemlich viele Jahre tätig. Es wird ein richtiger Schmöker.«
»Bei mir drüben wird auch gerade so ein Schmöker ausgespuckt«, sagte Hjelm. »Aus Trelleborg, nicht Göteborg. Ich bin zu dir gekommen, um ein bisschen meine Ruhe zu haben und die Ohren zu schonen.«
Sara beugte sich vor, legte die Hand quer über den Schreibtisch auf Pauls Hand und sagte: »Wenn ich eins nicht glaube, dann, dass du ein bisschen deine Ruhe haben willst.«
Seine Erwiderung bestand darin, dass er seine freie Hand über ihre legte. Es begann, einem Spiel zu ähneln, das er mit seinen Kindern gespielt hatte. Sie waren nie richtig begeistert davon gewesen.
»Du auch nicht«, sagte er.
Es schwebte etwas Unausgesprochenes zwischen ihnen.
Die Hände lagen noch übereinander in der Mitte des Schreibtischs.
»Wo ist sie hin?« sagte Sara.
Paul schüttelte den Kopf. »Sie war schon auf dem Weg im Korridor. Sie hat mich gesehen und gewinkt. Aber sie ist nicht gekommen.«
»Irgend etwas ist da draußen passiert«, meinte Sara. »Während wir auf sie gewartet haben. Sie muss einen Anruf erhalten haben. Hat Jan-Olov einen Bericht darüber bekommen, womit sie sich heute beschäftigt hat?«
»Ich glaube nicht. Dann hätte er doch was gesagt.«
»Und
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