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Rosenschmerz (German Edition)

Rosenschmerz (German Edition)

Titel: Rosenschmerz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Patenkind!«
    Wie er diese Anrede mit »Onkel« hasste. Musste sie ihn schon am
frühen Morgen ärgern?
    »Ich weiß, was du grade denkst. Also gut. Ich nehm’s zurück, Joe.
Sag mal … das ist ja sehr traurig mit unserem verunglückten Chef
vom K1.
Ich hab den Herrn Scholl sehr gemocht. Er war ein guter Chef gewesen.
Und – ich hab mich gefreut, dich auf der Beerdigung zu sehen. Du …
du … sollst sein Nachfolger werden?«
    »Wie kommst du darauf?«, fragte er Chili in aller Scheinheiligkeit.
    »Ach, hier sitzen überall Spatzen auf den Dächern und …«
    Warum hol ich mir nicht ein Stimmungsbild bei ihr, dachte Ottakring,
als er in den Raublinger Kreisel einbog. Sie arbeitet schließlich im K1.
    »Und? Was wäre, wenn?«, fragte er lauernd. »Wenn ich sein Nachfolger
würde?« Ihm kam eine noch bessere Idee. »Hey, wo bist du?«, fragte er Chili.
    »Na, im Büro«, sagte sie. »Ich langweile mich zu Tod. Nix los, wir
haben nicht einmal ein ermordetes Kaninchen.«
    »Also. Uhrenvergleich. Bei mir ist’s neun Uhr vierunddreißig.«
    »Jep. Eine Minute hin oder her.«
    »Wie wär’s, wenn wir uns um zehn beim Dinzler treffen?«
    »Dienstlich?«
    »Dienstlich!«
    Als er den Möbel- WEKO passierte, fiel
ihm wieder ein, wie das Kircherl oben am Irschenberg hieß: Wilparting.
    »Ja, sie haben mich gebeten, für eine Zeit die Leitung des
K1 zu
übernehmen. Bis der zukünftige Nachfolger gefunden wird.«
    Das Café Dinzler in der Kunstmühle war der Treff in Rosenheim um diese Tageszeit. Für benachbarte Kanzleien war es ein
Kaffeehaus, Geschäftsgespräche fanden statt, und Hausfrauen, deren Kinder in
der Schule waren, trafen sich zum Ratsch. Der schneegeräumte Parkplatz war voll
mit Autos aller Klassen.
    »Und? Machst du mit?«, fragte Chili.
    Chili hatte das erste Drittel ihres Lebens in Schleswig-Holstein
verbracht. Inzwischen sprach sie ein charmantes Touristenbayrisch. Nur an ihrem
s-pitzen S-tein blieb sie zwischendurch immer wieder hängen. Sie trug ihr
terrakottabraunes Haar lang und offen, was die weiche Linie des Halses und die
sanfte Wölbung ihres Busens unter dem schwarzen Top gut zur Geltung brachte.
    »Was? Was soll ich mitmachen?«, hakte Ottakring auf Chilis Frage
nach.
    »Na ja, bei uns im K1
andocken.«
    Ottakring zog die Stirn in Falten. »Beschreib doch mal, wie das so
ist bei euch. Wie viele seid ihr? Besonderheiten?« Er wusste, dass Chili die
wirklich internen Details nicht verraten durfte, auch ihm gegenüber nicht. Aber
einen groben Überblick konnte sie ihm geben.
    »Wir sind zehn. Ohne den Leiter. Vier Frauen und sechs Männer.
Hauptkommissar Specht ist der bisherige Stellvertreter. Meiner Einschätzung
nach macht er sich gewaltige Hoffnungen auf die Nachfolge. Eigentlich rechnen
wir alle damit, dass er der neue Leiter wird. Als das Gerücht aufkam, dass man
den Herrn Kriminalrat aus München wieder mobilisieren will, hat es nicht nur
helle Freudenschreie gegeben. Specht lief den ganzen Tag mit düsterem Gesicht
umher. Bei dem wirst du mit Sicherheit anecken, wenn du den Job übernehmen
solltest.« Chili stützte die Ellbogen auf die Tischplatte und legte das Kinn
darauf. »Warum willst du dir das überhaupt antun? Deine Freiheit, dein
Hund …«
    »Und Lola, ja, ich weiß. Wer sagt denn eigentlich, dass ich’s machen
werde?«
    »Weil ich dich kenne. Aber lassen wir das. Halt, von einer Person
solltest du noch wissen. Von Eva Mathilde. Ein richtiger Sonnenschein im K1. Sie hat beim BKA im gehobenen Dienst angeheuert und macht momentan
ihre Praktikantentour bei uns. Eine Rolliererin also. Ihre Berichte sind
sorgfältig, übersichtlich und gut geschrieben. Rosenheimerin. Einserabitur,
hoch motiviert und arbeitet selbstständig. Heuer war sie die Rosenheimer Miss
Herbstfest, und im nächsten Jahr wird sie wahrscheinlich die
Faschingsprinzessin sein. Eva die Erste. Oder zumindest als Gardemädchen
mitmachen. Der Scholl hätte die Eva M. am liebsten adoptiert.«
    Ottakring nickte. Abwesend grüßte er einen unrasierten Herrn mit
massigem Körper und rundem Kopf zwei Tische weiter. Heinrich Hauser, der
Stadtredakteur des Oberbayrischen Volksblatts. Hauser fuhr eine alte, röhrende
Kawasaki, und er liebte Ottakrings Porsche. »Hey, wann kann ich mal wieder bei
dir mitfahren?«, rief er herüber.
    Ottakring lächelte vielsagend.
    Drüben, in der Ecke neben der Theke, saß ein älterer Typ, den er vor
ein paar Tagen im Regionalfernsehen gesehen hatte. Ein Krimiautor, der ein
Interview

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