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Rosenschmerz (German Edition)

Rosenschmerz (German Edition)

Titel: Rosenschmerz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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hat, das ist öfters geschehen.«
    »In der Sauna?«
    Achselzucken.
    »Wo waren Sie eigentlich gewesen, als Katharina Silbernagl sich nach
Kirchbichler erkundigt hat? Also zwischen halb sieben und sieben?«
    »Oben. In der Nähe vom Clubraum. Ich weiß es deshalb, weil sie ihre
Rosen auf eine Bank gelegt hat. Ich hab ihr gesagt, sie soll sie entfernen.«
    »Und? Ist sie dann in Richtung Sauna gegangen?«
    »Ja. Sie hat die Rosen in einem Wassereimer in die Besenkammer
gestellt und ist die Treppe runter. Dort, wo’s zur Sauna geht.«
    Ottakring dankte. Speckbacher entfernte sich bereits.
    »Ach, Herr Speckbacher.« Der Trick, jemanden, der schon die Luft
herausgelassen hat, wieder zurückzuholen, war nicht neu. Aber er funktionierte
immer wieder. »Sagen Sie, haben Sie die Frau Silbernagl geduzt?«
    Speckbachers Gesichtsausdruck veränderte sich. Angst!
    »Nein«, sagte er und stieß einige Schnaufer Luft durch die Nase.
Grade, dass er sich nicht bekreuzigte. »Nein, wieso?«
    »Ach, ich hatte nur so den Eindruck.«
    Selbstverständlich ist in Oberbayern nichts dabei, dass der Chef die
kleine Verkäuferin duzt. Warum leugnet er?, überlegte Ottakring.
    Im Vorübergehen stellte er dem adretten Mann an der Rezeption
dieselbe Frage.
    »Na klar«, antwortete der. »Wir haben die doch alle geduzt. Der Herr
Speckbacher ganz sicher auch. Sie war für uns die Catrin.« Er schielte nach
links, nach rechts und hielt die Hand schräg vor den Mund. »Ich steh ja nicht
so sehr auf Frauen«, sagte er. »Aber die Catrin, das war eine Klassefrau. Gut
aussehend, charmant, gebildet. Kein Wunder, dass sie von so vielen gemocht
wurde.«
    Als Ottakring das Hotel verlassen wollte, überschlugen
sich die Ereignisse. Schon an der Tür stieß er fast mit dem Professor aus der
Münchener Rechtsmedizin zusammen. Professor Buchberger war ein schmächtiger
Mann um die sechzig, mit Goldrandbrille und ganz in kamelfarbenes Ocker
gekleidet. Er duftete nach teurem Rasierwasser und schien direkt von der
Reinigung und vom Friseur zu kommen. Ottakrings Blick blieb an der Krawatte
hängen. Sie war grell gemustert.
    »Ach, Grüaß Gott, Herr Ottakring!«, rief der Arzt auf gut
Münchnerisch. »Ich hab bei Ihnen auf der Dienststelle erfahren, dass Sie hier
sind. Fast wären Sie mir entwischt, nicht wahr? Hähähäää.«
    Wenn Ottakring nicht in seinem Büro war, stellte er das Telefon auf
Huawa, den Pförtner, um. Es war also nicht schwierig, ihn ausfindig zu machen.
    »Ich wollte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Hähähäää. Einmal
hat sich der Ruf des neuen Voglwirt schon bis nach München rumgesprochen. Da
wollte ich die Gelegenheit nutzen, ihn mir anzuschauen, den Voglwirt.
Zusätzlich ist’s eine gute Chance, Ihnen die Todesursache des bedauernswerten
Herrn Kirchbichler etwas näherzubringen. Ich hab Ihnen zwar das Tox-Gutachten
schon gefaxt. Aber ich denke, das ist so ein seltener Fall, dass ich Ihnen den
Verlauf schon persönlich erklären sollte. ›Torsade de pointes‹ heißt der
Fachbegriff. Wie geht’s Ihnen denn so in Rosenheim?« Er machte eine kurze
Pause, blickte Ottakring nachdenklich über den Brillenrand an – und
schüttete sich aus vor Lachen. Dabei zeigte er zwei Reihen gut gewachsener und
gepflegter Zähne. Hähähähääää!
    Was ein echter Oberbayer ist, der lacht am Ende eines x-beliebigen
Statements, nach einer kritischen oder einer unkritischen Frage, zur
Unterstützung einer bissigen oder unbissigen Bemerkung oder zur Aufhellung
seines Lächelns. Er birst vor Lachen, ohne Grund. Auch wenn er schlecht gelaunt
ist, lacht er laut. Als wenn er einem Gegner die Zähne zeigen wollte. Wie bei
einem falschen Hund, der wedelt, bevor er zubeißt. Doch gut, dass es so ist,
dachte Ottakring gut gestimmt. Es ist bei Weitem die zivilisierteste Form
menschlicher Laute und ein Tranquilizer ohne jegliche Nebenwirkung.
    Er riss sich vom Anblick dieser schrecklichen Krawatte los und wies
nach draußen. »Wollen wir uns die Beine ein bisserl vertreten?«, bot er an. »Da
drinnen haben die Wände Ohren. Ich kann Sie anschließend mit dem Assistenten
der Hotelleitung zusammenführen. Zu dem pflege ich beste Beziehungen.«
    Sie gingen ein paar Schritte.
    »Mit ›Torsade de pointes‹«, erklärte der Professor, »wird in der
Kardiologie eine Sonderform der ventrikulären Tachykardie bezeichnet.« Er
unterbrach, als er die schreckgeweiteten Augen seines Gesprächspartners
bemerkte. »Auf Deutsch: Es handelt sich um eine

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