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Rosenschmerz (German Edition)

Rosenschmerz (German Edition)

Titel: Rosenschmerz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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ja
informieren, sobald Sie’s für richtig halten. Nich wahr? Guten Tag.«
    »Was ist denn mit dem los?«, entfuhr es Eva M.
    Ottakring bewegte die Lippen, als er den Fax-Inhalt überflog. Er
schüttelte den Kopf. »Vom BKA . Unglaublich.«
Sein Blick wanderte zu Eva M. »Sie haben gute Arbeit geleistet.«
    *
    Auf dem
zerfurchten Holzboden neben der Anklagebank stand Katharina Silbernagl und
weinte leise in ihren Ärmel. Trotz der Wärme im Saal schlang sie
frierend die Arme um den Oberkörper.
    Ihr Richter hatte runde, tiefschwarze und sehr schnelle Augen, die
an kleine, gläserne Spielkugeln erinnerten. Ab und zu, während er das Urteil
verlas, rollten seine Sehkügelchen voller Gewicht über Katharinas Gesicht. Er
sprach mit einer sanften, tiefen Stimme, wie aus einem eingefetteten Hals.
Trotzdem sah er Katharina an wie eine, die nicht schwimmen kann und hinaus ins
offene Meer will.
    »Wegen Ladendiebstahls in drei Fällen und wegen Taschendiebstahls in
einem verurteile ich die in Rosenheim ansässige Katharina Silbernagl zu fünf
Monaten Haft.«
    Der Richter hatte rötliche, dünne Hände mit blauen Adern und blassen
Altersflecken. Seine ungewöhnlich langen, behaarten Finger bewegten sich,
während er sprach, so träge wie die Beine einer Vogelspinne über das
Beweismaterial hinweg, »Fünf Monate«, wiederholte er. »Auf Bewährung.«
    Die Beweisstücke lagen vor ihm auf dem Richtertisch: eine Cremedose
von L’Oreal, ein schwarzes Top von Gucci mit silbernen Verzierungen, ein
auffallend prächtiger Ring, handgeflochten aus Silberdraht und Lapislazuli.
    Als Katharina das Rosenheimer Amtsgericht verließ und der Schmerz
über das Urteil sich zurückzuziehen begann, wurde sie sehr ruhig.
    *
    »Was ist daran so unglaublich?«, fragte Chili. »Das
wussten wir doch schon, das mit der Verurteilung.«
    Ottakring lachte lautlos. »Hier steht aber auch ihr Werdegang drin.«
Mit dem Handrücken klatschte er gegen das Papier, als wollte er es ohrfeigen.
»Von wegen Akademikerin. Unsere kleine Katharina ist eine Hochstaplerin. Nicht
Literatur und Philosophie hat sie gelernt, sondern Goldschmiedin. Bis zur
Gesellin hat sie’s gebracht. Nach der Verurteilung wurde sie fristlos entlassen
und ist seither arbeitslos. Na?« Wie im Triumph blickte er von der einen zur
anderen. »Jetzt aber Hoppla an die Arbeit. Mir müssen das Madl einfangen.«
    Die Osteria da Fiorenzo war ein Lokal, in dem die Tische
reservierter waren als die Gäste. Hier war immer etwas los. Meist waren alle
Plätze besetzt, fröhliche Gesichter mit glühenden Wangen wurden von Kerzenlicht
angestrahlt, es wurde getrunken und gelacht. Das Essen war italienischer als in
Italien, und die Weine wurden direkt vom Hersteller jenseits des Brenners
besorgt. Dabei war die Inhaberin eine Deutsche. Ihr Mann, ein unter Landsleuten
beliebter Italiener, war vor zwei Jahren verstorben. Nur sehr Eingeweihte
wussten, dass sie Katharina hieß. Alle Welt nannte sie Lucca, nach dem Ort bei
Florenz, aus dem ihr Mann stammte. Lucca war groß, blond, hatte blaue Augen,
einen reizenden bayrischen Akzent und einen Blick wie Mona Lisa. Die Osteria
lag eine Gehminute von Ottakrings Wohnung entfernt. Kein Wunder, dass sie in
null Komma nichts zu seinem Lieblingslokal geworden war.
    »Ich mag nur eine Kleinigkeit, Lucca. Ich hab’s eilig. Ich brauch
einfach ein wenig Ablenkung. Ein Schalerl Irgendwas wird mir guttun.«
    »Klaro. Der Küche wird schon was Schnelles einfallen.«
    Es gab Zuppa di cozze alla caprese . Muschelsuppe
Capri-Art mit Tomaten, Sardellen, Peperoncini und wenig Knoblauch, dazu das
beste Brot des Erdballs und ein Achtel Lugana.
    »Mit dieser Zuppa können Sie die halbe Mafia einfangen.« Lucca ließ
die Zähne blitzen.
    Der Einfall kam Ottakring beim Essen. Er verlor keine Sekunde, ihn
in die Tat umzusetzen. Dafür ließ er sogar den Rest der ausgezeichneten Suppe
stehen.
    »Schreibst mir die Rechnung bitte an, Lucca? Ich muss los.«
    Wenige Minuten später klingelte er an der Tür des
Reihenhauses der Familie Scholl. Er durfte nicht zu forsch sein. Es handelte
sich immerhin um die Witwe eines Kollegen, den er sehr geschätzt hatte.
    Klein-Ferdinand öffnete. Sagte mit Piepsstimmchen: »Hallo.«
    »Kann ich bitte die Mama …«
    »Wer ist da?«, war die resolute Stimme der Mutter aus dem
Hintergrund zu hören.
    Dann stand sie vor ihm. Ganz in Grau, dunkle Augenringe und
olivfarbene Haut. Mit einem Arm stützte sie sich am Türrahmen ab. »Ja, Herr
Ottakring?

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