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Rosenschmerz (German Edition)

Rosenschmerz (German Edition)

Titel: Rosenschmerz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Fremdenzimmer, eine Eingangsüberdachung auf
zwei Gipssäulen und lag am Südrand von Raubling. Sie nahmen im Frühstückszimmer
Platz.
    »Wiederholen Sie doch bitte noch einmal, was Sie mir erzählt haben,
Frau Niedermayr. Noch einmal von vorn bis hinten.« Chili winkte mit dem Foto.
    Die Frau wischte ein paar imaginäre Staubkörner zuerst vom Ärmel,
dann von der Tischplatte. »Also«, begann sie, »die Catrin hab ich ja schon
vorher gekannt. Ich hab gewusst, dass sie Rosen verkauft, weil sie darüber ein
Buch schreiben wollt. Und sie war eine gscheite Frau, die Catrin. Die hat sogar
studiert, in München, hat sie gesagt.«
    Chili sah Ottakring an. Der nickte Frau Niedermayr höchst
verständnisvoll zu.
    »Na ja, und eines Tages ist die Catrin mit diesem Mann aufgetaucht.
Ich hab ja immer wieder mal Liebespaare hier, aber die beiden waren so, dass
man ihnen alles Glück dieser Welt gewünscht hat. Nicht, dass Sie meinen …«
Sie sah Ottakring angestrengt an.
    Der Kriminalrat schüttelte den Kopf und schaute die Frau
liebenswürdig an. Als ob er sich selbst bei ihr einquartieren möcht.
    »Also zauberhaft waren die zwei! Zuerst waren sie nur so jedes
zweite Wochenende da. Danach fast jedes und auch schon mal unter der Woche. Sie
wollten immer dasselbe Zimmer. Wenn es frei war, hab ich’s …«
    »Wann ist das denn losgegangen, Frau Niedermayr? Wann waren die zwei
zum ersten Mal bei Ihnen?«
    »Ja, das hat mich die Frau Kommissarin« – sie warf einen
bewundernden Blick auf Chili – »auch schon gefragt. Schauen Sie.« Sie
stand auf und holte ein dickes Buch aus der Diele.
    Chili und Ottakring verständigten sich mit einem kurzen Blick.
    »Das war im Oktober gewesen. Schauen Sie. Für den dreizehnten und
vierzehnten Oktober haben sie zum ersten Mal gebucht. Samstag und Sonntag.«
    Ottakring folgte ihrem Zeigefinger. »Wer hat dann die Rechnung
bezahlt? Er oder sie?«
    Frau Niedermayr machte ein entrüstetes Gesicht. »Na, wo denken Sie
hin? Immer er. Er war ein richtiger Tschentlmän. Und sie waren so verliebt!«
Sie senkte den Blick. »Freilich hab ich geahnt, dass der Mann verheiratet war.
Für so etwas hat unsereins ein Gspür.«
    Bei all ihrer Redseligkeit hatte Ottakring den Eindruck, als ob Frau
Niedermayr unter Zwang handle. Was hatte Chili mit ihr angestellt? Die saß mit
regloser Miene und ihrem Foto in ihrem Frühstückssesselchen.
    »Wenn er bezahlt hat, hat er ja wohl auch einen Namen gehabt«, sagte
Ottakring. »Steht der auch in Ihrem schlauen Buch? Lassen Sie sehen.«
    Frau Niedermayr zog die Kladde weg. »Lindner«, sagte sie. »Er hat
sich Lindner genannt.«
    Ottakring merkte sofort, dass etwas faul war. »Hat sich genannt? Und
wie hieß er wirklich? Haben Sie sich seinen Ausweis zeigen lassen?«
    Peng! Das saß. Tiefe Röte war in Frau Niedermayrs Gesicht
geschossen. Von einem Augenblick zum anderen fiel jede Haltung von ihr ab.
    Aha, Schwarzunterbringung, dachte er.
    Chili war aufgestanden und vor ihn hingetreten. Mit einer
feierlichen Geste breitete sie das Foto mit beiden Händen direkt vor seinen
Augen aus.
    Ottakring traute seinen Augen nicht. Das Pärchen saß händchenhaltend
auf einer geblümten Eckbank und blickte glücklich in die Kamera. Die Frau auf
dem Bild – klar – war Katharina Silbernagl. Aber der Mann!
    Der Mann war – Erster Kriminalhauptkommissar Sebastian Scholl.
    Es war Abend geworden. Dieser Skandal musste sensibel
behandelt werden. Schuster, den er verständigen wollte, konnte er nicht mehr
erreichen. Vielleicht wollte er es auch nicht mit aller Macht.
    Er hatte Sehnsucht nach Herrn Huber bekommen. Er musste den Ausreißer sehen. Also rief er die Huawas zu Hause an. Mit einem
kleinen Biedermeiersträußchen für die Dame des Hauses holte er ihn ab. Er
versprach, ihn früh am nächsten Morgen wiederzubringen.
    Den Abend ließ Ottakring entspannt ausklingen. Früher, in Neubeuern,
wäre er jetzt noch eine Runde gejoggt. Aber hier in der Stadt? Er absolvierte
seine Tibeterübungen, legte die Haftschalen in die Lösung und streichelte Herrn
Hubers Schädel. Der Hund wickelte sich in seine Lieblingsdecke. Mit einem
telefonischen Kuss von Lolas Lippen schlief Ottakring bei offenem Fenster ein.

SIEBTER TAG
    »Selbstverständlich hat die Frau wissen können, dass es
sich um EKHK  Scholl gehandelt hat«, sagte
Chili. »Aber erst, nachdem der Bericht über seinen Unfall samt Foto in der
Zeitung gestanden hat. Am selben Tag wie die Anzeige. Nicht jeder würde

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