Rosenschmerz (German Edition)
Strauß gefahren
hat. Und abgeliefert und übergeben.«
Ottakring war amüsiert. Das Madl zog offenbar seine eigene
Mordnummer ab. Er legte die Hände flach vor sich auf den Tisch.
Eva M. senkte den Kopf und betrachtete mit gerunzelter Stirn
ihre grünen Sneakers mit weißen Streifen. »Professor Karl Hermann Morlock.
Dekan für Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Rosenheim. Ledig. Viel
unterwegs. Aber was muss das heißen? Er hat bei Katharina einen Rosenstrauß
bestellt, und sie hat ihn auf dem schnellsten Weg mit dem Taxi hingeschickt.
Auf seine Kosten. Das ist alles.«
»Sicher?«, sagte Ottakring. »Bist du sicher, dass er ihn bestellt
hat?«
»Ja, warum hätte sie ihn sonst hinschicken sollen? Vielleicht hat
seine Frau ihn ja bestellt.«
»Hast du nicht grade gesagt, er sei ledig? Hey, pass auf! Und die
dritte Möglichkeit? Ich sag’s dir. Sie schickt ihm den Blumenstrauß von sich
aus. Aus welchem Grund auch immer. Merk dir, Madl: Alles kann geschehen. Nichts
ist nur logisch. Sowohl in der Zukunft wie in der Vergangenheit. Oft bringt uns
sogar das eher Unwahrscheinliche weiter. Jedenfalls werden wir darauf
zurückkommen.«
Nach diesem Ausflug ins Philosophische zählte Ottakring für sich
einmal zusammen, wo sie sonst noch überall nachfassen mussten. Wie viele
Baustellen sie bereits hatten.
Sie mussten herausfinden, wo Katharina Silbernagl sich aufhielt.
»Denkst du eigentlich an den Spezialauftrag, den ich dir erteilt
hab?«, fragte Ottakring.
Eva M. legte die Hände an die Hosennaht. »Jawoll. Ich bin noch
dabei.«
Es musste geklärt werden, wohin die Verdächtige sich abgesetzt
hatte, und sie musste aufgefunden werden. Warum war die Silbernagl auf der
Beerdigung gewesen? Welche Rolle spielt die Witwe Scholl, warum sagte sie nicht
die Wahrheit? Eva M. war auch dabei, die Frau zu suchen, die bei ihm
angerufen und der Kirchbichler Geld geschuldet hatte. Die Kollegen vom K4 ermittelten
immer noch in der Drogenszene. Ja, und dieser Professor Morlock musste befragt
werden.
Schließlich gab es noch seine ganz privaten Baustellen. Lola. Ihr
Weihnachtsgeschenk. Specht. Herr Huber.
Herr Huber!
»Hallo, Huawa? Was ist mit meinem Hund? Hat Ihre Frau ihn
schon aufgetrieben? Oder soll ich selber nach ihm suchen?« Seine Lautstärke
folgte dem Grad seiner Erregung.
Andererseits war ihm bewusst, dass er den Mann keinesfalls verärgern
durfte. »Das darf doch nicht wahr sein, dass der Herr Huber allein durch die
Stadt flattert. Der kann einen Tretroller doch nicht von einem Möbelwagen
unterscheiden. Der ist ein komplettes Dorfkind und kein Asphaltcowboy. Die
Stadt ist der doch …«
Huawa am anderen Ende schnaufte hörbar. »Lassen’s mir doch auch mal
was sagen«, unterbrach er Ottakring. »Mei Frau hat grad einen Anruf kriegt.
Gscheit, wie sie ist, die Luise, hat sie dem Hund a Papperl umgmacht mit seinem
Namen und unserer Telefonnummer drauf. Deswegen hat sie auch den Anruf kriegt.
Sie woaß ietzt, wo er is, der Lauser, und sie holt ihn glei ab. Koa Angst net,
Chef, des backmerscho.«
Pfffffft.
Viel Zeit, Luft abzulassen, blieb Ottakring nicht. Er hatte sich
gerade über seinen Bürokram hergemacht, da meldete sich Chili von einer
Festnetznummer. Sie war aufgeregt und sprach sehr schnell.
»Ich bin in der Pension Blauer Enzian in Raubling. Können Sie
herkommen? Ich hab eine Spur von der Katharina gefunden, von der Silbernagl.«
»Mann oder Frau?«, fragte er.
»Wie bitte?«
»Steht ein Mann oder eine Frau neben dir?« Warum sonst sollte sie
ihn siezen?
»Frau.«
»Und? Hat die Silbernagl dort gewohnt?«
»Ja! Und wie. Kommen Sie her! Schnell!«
Er ließ sich die Adresse geben und bestellte ein Fahrzeug beim
Fuhrpark. Sie sagten ihm einen Passat zu. Selbstverständlich klingelte das
Telefon, als er schon in der Tür stand.
Es war Huawa. »Der Herr Huber ist wieder da, hab ich nur melden
wollen. I find ja oiwei, mei Frau hat …«
Er drückte die Austaste. Im gleichen Moment bereute er seine
Ungeduld. Er würde es bei dem liebenswerten Huawa und seiner Frau
wiedergutmachen.
»Frau Niedermayr, Inhaberin der Pension Blauer Enzian«,
stellte Chili vor. Zwischen zwei Fingern hielt sie ein Foto fest. »Und das ist
mein Kollege, Kriminalrat Ottakring.« Sie schluckte und verbesserte sich. »Mein
Chef.«
Die Inhaberin war eine dunkel gelockte, freundliche Endfünfzigerin
mit guter Figur im roten Kleid. »Ja mei«, sagte sie zur Begrüßung. Sonst
nichts. Ja mei.
Die Pension hatte acht
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