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Rosenschmerz (German Edition)

Rosenschmerz (German Edition)

Titel: Rosenschmerz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Rammbügel. Und mit denen konnte sein Fahrer
umgehen, echt geil. Er fuhr von hinten fast auf.
    Zopfi trat in die Bremsen. Vor ihr hatte plötzlich eine dieser
bunten Kunststoffschüsseln mitten in der Spur gestoppt und den linken Blinker
gesetzt. Der Truck neben ihnen, weiß glänzend, endlos lang und hoch wie der Wendelstein,
fuhr so ungerührt weiter wie ein oberbayrischer Landbürgermeister seine
Gemeinde regiert. Erkannte der Fahrer nicht die drohende Gefahr? Oder legte er
es darauf an, zu provozieren?
    Zopfi setzte das Blaulicht. Hielt knapp hinter dem Abbieger.
    »Weiter!«, rief Toledo aufgeregt.
    Der Verrückte scherte unmittelbar hinter dem Truck ein und überholte
das zivile Polizeifahrzeug auf der rechten Seite. Geduckt saß der Fahrer hinter
dem Steuerrad, ohne hinüberzuschauen.
    Toledo hatte schon beide Nummern notiert. »Weiter«, wiederholte sie.
»Das kostet die was.« Das Blaulicht endete wieder in der Ablage.
    Der Truck verschwand nach rechts, der Geländewagen nach links.
    Das Autotelefon klingelte. Toledo verdeckte die Sprechmuschel mit
der Hand.
    Aha, es ging also um sie, dachte Kathi und tat unbeteiligt.
    Toledo tuschelte eine Weile. Dann schob sie einen Ärmel zurück und
schaute auf die Armbanduhr. »Noch sechs, sieben Minuten«, sagte sie mit
gedämpfter Stimme.
    Das Fahrzeug wühlte sich durch den gewohnten Mittagsverkehr der
Kufsteiner Straße. Selbst mit Blaulicht und Sirene wären sie nicht schneller
vorangekommen. »Richtung Karstadt«, ordnete Toledo an. Nach der
Eisenbahnunterführung wurde es lockerer. Sie passierten einen Unfall mit
Blechschaden, und zwei Minuten später waren sie da.
    Zopfi parkte vor dem Kaufhaus am Rand der Kurve, blieb sitzen und
ließ den Motor laufen. Toledo drängelte Kathi zur linken Tür hinaus. Dann
überholte sie und packte Kathi am Unterarm. Durch ein Gewirr von Fahrrädern,
Kinderwägen, Zigaretten paffenden Kopftuchfrauen und der üblichen
Indio-Winter-Combo vorbei schlängelten sie sich vor den Haupteingang des
Karstadt-Kaufhauses.
    Wieder dachte Kathi an Flucht. Es wäre so einfach gewesen. Sie hätte
sich nur loszureißen und in der Menge unterzutauchen brauchen. Doch was wäre
dann gewesen? Man hätte sie todsicher sehr schnell wieder aufgegabelt, und der
Versuch hätte ihre Situation nur noch mehr verschärft. Schon einmal war sie
weggelaufen. Und was hatte es gebracht? Sie ließ sich von Toledo einfach ziehen.
Ein Gefühl wie Kameradschaft und Ehre flutete in ihr hoch. Wäre sie geflohen,
wie stünde diese Frau dann da?
    Ein alter Mann mit Schnurrbart in einem kamelfarbenen Wintermantel
wartete an der Tür. Kathi schätzte ihn auf Mitte fünfzig. Hinter seinem Ohr
steckte eine Zigarette. Wo war der ihr schon begegnet? Aus schmalen
Augenschlitzen über dicken Tränensäcken sah er sie abschätzend an. Er trat vor.
Dadurch wurde der Blick frei auf den Mann, der bisher hinter ihm verborgen
gewesen war.
    Kathi wurden die Beine weich, und sie hätte fast den Halt verloren,
als sie erkannte, dass Charly vor ihr stand.
    *
    »Kommen Sie«, hatte der Kriminalrat gemurmelt und Karl
Hermann Morlock hinter eine Säule geschoben. Fast reglos warteten sie, bis der
Wagen vorfuhr. Ottakring kam die Szene noch einmal in den Sinn, als er die
Rosenverkäuferin Katharina Silbernagl zum ersten Mal beim Voglwirt gesehen
hatte. Niki Kirchbichler hatte im Musiksalon gespielt, und Catrin, wie sie sich
dort nannte, hatte unter der Tür gestanden und ihre Rosen angeboten. Am selben
Abend hatte man Niki tot in der Sauna gefunden. Ottakring war gespannt auf
Catrins nächsten Live-Auftritt.
    Eva M. saß am Steuer. Chili steuerte mit der Frau am Handgelenk
direkt auf ihn zu.
    »Kriminalrat Ottakring. Das ist Katharina Silbernagl«, sagte Chili.
»Sie ist willig.« Das war wohl ihre Erklärung für die fehlenden Handschellen.
    »Ja«, knurrte Ottakring. Es klang wie »hör auf mit dem Schmarren«.
    Mit Freude registrierte er den Schreck in Katharinas Augen, als sie
Morlock erkannte. Sein Plan schien aufzugehen. Wieder faszinierten ihn die
samtene Weichheit ihres Teints und ihre aristokratischen Hände.
    »Sie kennen die Dame?«, fragte er Morlock möglichst harmlos.
    Der war ihm langsam, nachdenklich gefolgt. Von der gepflasterten Straße
flutete ein Schwall übel riechender Abgase herüber. Morlock wurde von einem
kinderwagenschiebenden Vater fast überrannt. Drüben glitt ein Taxi vorbei.
    »Äh, ja«, antwortete der Professor ausweichend. »Flüchtig.«
    Ein Junge mit

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