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Rosenschmerz (German Edition)

Rosenschmerz (German Edition)

Titel: Rosenschmerz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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beiden Mädels nicht für alles in der Welt
tauschen mögen. Den Leuten so die Würmer aus der Nase ziehen.
    »Warum sind Sie eigentlich abgehauen? Ist doch klar, dass man sich
absolut verdächtig macht, wenn man plötzlich nicht mehr vor Ort ist. Am
Nachmittag wollten Sie unseren Kriminalrat und Niki Kirchbichler noch mit Ihren
Rosen verwöhnen. Am Abend ist Kirchbichler tot und die Rosenverkäuferin ist
Hals über Kopf abgetaucht. Und bleibt unauffindbar, bis wir sie bei ihrem Onkel
in Tirol ausgraben. Wie klingt das in Ihren Ohren? Haben Sie Niki Kirchbichler
auf dem Gewissen? Sagen Sie’s uns!«
    Kathi spürte, wie Toledos Blick sie flüchtig streifte.
    »Nein? Haben Sie nicht? Ja, warum um Gottes willen sind Sie dann
abgehauen?«
    »Ja, warum eigentlich?«, kam es von vorn.
    Kathi hielt die Augen geschlossen und schwieg. In Sekundenschnelle
schossen ihr die wildesten Überlegungen durch den Kopf. Ach was, Überlegungen.
Alles, was sie je getan hatte, war spontan gewesen, unüberlegt. Wie sie ihr
ganzes Leben als eine einzige Unbesonnenheit empfand. Planlos, ziellos und
wirr. Stand sie in einem Kosmetikgeschäft und entdeckte ein neu auf den Markt
gekommenes Fläschchen Parfüm – zack, landete es in ihrer Tasche. Probierte
sie in einer Boutique vier, fünf Tops an – mit einem weniger kam sie
wieder aus der Kabine. Dasselbe Lied in der Buchhandlung, im Supermarkt, in der CD -Abteilung. Damals, als sie als junges Mädchen von
zu Hause fortgegangen war, war das etwa nach Plan erfolgt? Nein. Auch da hatte
sie überstürzt gehandelt. Und zum ersten Mal hatte sie damals einen Zug in
ihrem Wesen erkannt, der sich durch all die späteren Jahre ziehen sollte: Sie
blieb stur. Sie war nicht in der Lage, einen einmal getroffenen Entschluss
rückgängig zu machen. Auch nicht, wenn er sich als noch so falsch erwies.
    Sie öffnete die Augen einen Spaltbreit. »Kann ich euch nicht sagen«,
antwortete sie auf die Frage der Bezopften vor ihr. »Umgebracht hab ich den
Niki jedenfalls nicht.«
    »Das wird sich erweisen.« Die Bemerkung aus Toledos Mund klang wie
eine Klage, beendete die Befragung und hörte mit einem hörbaren Seufzer auf.
    »Seht ihr den Berg rechts? Das ist das Kranzhorn. Da jogge ich im
Sommer immer zum Gipfel«, hörte Kathi von vorn.
    »Auch eine Methode, sich unfallbedingt krankschreiben zu lassen«,
giftete Toledo neben ihr. Und sagte laut: »Ja, das Kranzhorn kenn ich. Da
schieben am Sonntag alle Mütter ihre Kinderwägen rauf. Ich steig lieber auf den
Wendelstein oder die Hochries.«
    Gab es eine Rivalität zwischen den beiden Frauen? Oder war es bloß
das übliche Hin- und Hergezicke? Kathi hätte gern mehr gewusst über die beiden.
War die Toledo verheiratet? Hatte die jüngere einen Freund? Wie von selbst
flogen ihre Gedanken erst zu Niki, dann zu Charly.
    Linkerhand glitt eine Ortschaft mit einer bauchigen Barockkirche
vorüber. »Hey, schaut mal die Kirche da drüben. Die hat einen eigenen
Blitzableiter«, rief Kathi aus.
    Sie fuhren fast im Schritttempo, gebremst durch einen Lkw, der seit
einem Kilometer auf der linken Spur fuhr. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Tür
aufzureißen und sich fallen zu lassen. Kathi verwarf die Idee.
    »Flintsbach!«, sagte die Fahrerin. »Wisst ihr, was die Leute dort
sagen? Der Blitzableiter sei das denkbar stärkste Misstrauensvotum gegen den
lieben Gott. Da ist was Wahres dran, nicht?«
    Kathi musste lachen.
    Die Fahrerin bremste kurz. »Na endlich!«, rief sie aus. Der Lkw war
wieder eingeschert. Die Polizistin schnitt ihn scharf, bog nach Osten ab und
verließ die A8
an der nächsten Ausfahrt.
    Kathi hielt die Luft an und fasste sich an den Hals, als sie das
auffallend große und übertrieben elegante Schild sah, das zum Voglwirt wies. Sollte
sie zum Hotel gebracht werden?
    Doch Zopfi bog nach links ab. Auf dem Zubringer nach Rosenheim
setzte sie den Wagen auf die Überholspur, um an einem knallweißen Truck mit
Anhänger vorbeizuziehen. Der Truck fuhr exakt siebenundsiebzig
Stundenkilometer. Achtzig waren erlaubt. Der Truck schien endlos. Beschleunigte
der etwa, damit sie nicht an ihm vorbeikamen? Wieso das denn? Die Polizistin
drückte das Gaspedal tiefer. Im Rückspiegel sah Kathi einen Verrückten, der auf
der linken Spur angerast kam und schon von Weitem aufblendete.
    Zopfi gab weiter Gas. Der Truck wich keinen Millimeter.
    Sie fuhren über neunzig.
    Der Verrückte war ein Geländewagen mit einer ganzen Batterie
Scheinwerfer über und auf dem

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