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Rosenschmerz (German Edition)

Rosenschmerz (German Edition)

Titel: Rosenschmerz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Todeszeit. Ein misslungener Lauf mit der
rechten Hand endete in einer schmerzenden Dissonanz.
    Langsam begannen sich die Dinge am Firmament seiner Schädeldecke zu
ordnen.
    »Hallo, Dr. Vach. Könnte es sein, dass Sie einen Patienten
namens Robert Speckbacher haben? … Nein, selbstverständlich rufe ich
dienstlich an … Ja? Irrtum ausgeschlossen? … Na gut, versteh
ich … am Telefon … ich komm vorbei.«
    Es war achtzehn Uhr siebenundvierzig, als Kriminalrat Josef »Joe«
Ottakring die Mangfallbrücke im Auto stadteinwärts überquerte. Wieder hatte
dieser scheußliche Regen eingesetzt. In Bayern 1 kam Blasmusik und auf Radio Charivari ein
seltsam stampfender Lärm, den kein Mensch über dreißig deuten konnte. Müdigkeit
überfiel ihn hinterrücks. Als der Porsche anfing zu ruckeln, sprang sein Blick
auf die Spritanzeige. Leer! Klar, als er in München weggefahren war, war der
Tank nur mehr viertel voll gewesen. Gegenüber von McDonald’s, in Sichtweite der
Eisenbahnunterführung und den nächsten Tanksäulen, streikte der Motor.
Ottakrings Schlappheit war wie weggeblasen, als er im Regen, ohne Schirm, zur
Tankstelle marschierte.
    Es war zehn nach sieben. Er musste Dr. Vach verständigen. Zwar galt
das Prinzip, dass jeder gute Arzt permanent für seine Patienten ansprechbar
war. Doch auch ein oberbayrischer Doktor arbeitete nicht ewig.
    »Mein Auto springt momentan nicht an.«
    »Jaja, ich wart solang«, bestätigte Vach von seiner Praxis aus mit
beginnender Ungeduld in der Stimme.
    Mit zwei Behältern, orangefarben wie der Porsche, kehrte Ottakring
zu seinem Wagen zurück. Er hielt die Kanister in den Tankstutzen. Startete den
Motor. Der brachte aber nichts wie ein Geräusch zusammen, das wie eine Herde
hämisch kichernder Elche klang.
    Nach dem zehnten Startversuch stand plötzlich Dr. Vach neben der
offenen Fahrertür. Der Doktor trug ein fichtelnadelgrünes Salzburg-Jackett mit
geprägten Metallknöpfen, ein weißes Hemd und eine wild gemusterte Krawatte,
vermutlich aus Hawaii.
    »Mit Oldtimern gibt’s immer Probleme«, sagte er. »Das kenn ich. Was
wollten Sie von mir wissen?«
    Sie führten ihr Gespräch unterm Tankstellendach im fetten Daimler
des Internisten.
    »Robert Speckbacher ist also Ihr Patient«, fragte Ottakring. »Warum
haben Sie das nicht gleich gesagt?«
    Statt einer Antwort kam ein Lachen, das fast die Daimler-Fenster
sprengte. »Bin ich die Spürnase oder Sie?«
    Um sie herum rollte der abendliche Tankstellenverkehr. Lichtkegel
durchwanderten den Innenraum des Wagens. Reifen quietschten, Hupen hupten.
    »Also, wir können festhalten«, schloss Ottakring das Gespräch ab.
»Speckbacher war ebenso regelmäßig Ihr Patient wie Kirchbichler. Und er litt
grad so unter Depressionen.« Er streckte die Beine aus. »Sagen Sie, Doc, hat
der eine vom anderen gewusst, dass sie dasselbe Medikament nehmen? Der
Kirchbichler vom Speckbacher oder umgekehrt? Die beiden kannten sich ja sehr
gut. Haben Sie dazu eine Meinung?«
    Vach überlegte kurz. Nachdenklich schüttelte er den Kopf. »Nein, tut
mir leid. Nicht dass ich wüsste.«
    Ottakring hatte diese Antwort erwartet.
    »Soll ich Sie irgendwohin fahren?«, fragte Vach zum Abschluss. »Sie
sind ja momentan bewegungsunfähig.« Kraftvoll startete der Motor.
    »Nein«, sagte Ottakring. »Ich schaff das schon.«
    Er werkelte noch eine Weile am Porsche und holte sich schmutzige
Finger. Doch anspringen wollte das Auto nicht. Dann quetschte er sich hinters
Steuer, ließ den Kopf nach hinten sinken und verkeilte seinen Nacken in die
Kopfstütze. Er wollte telefonieren, doch er drohte einzuschlafen. Selbst das
Schnaufen fiel ihm schwer. Er wartete, bis er ruhiger atmete. Dann rief er
Chili an und gab ihr seine Position durch.
    Sie und Eva M. trafen wenig später ein.
    »Ich fühle mich wie ein Eiskunstläufer, der ausgerutscht und gegen
die Bande geschlittert ist«, sagte Ottakring zerknirscht. »Mein Porsche ist
verreckt. Ich krieg den Karren nicht mehr an. Habt ihr wenigstens den
Speckbacher zerlegt?«
    »Na ja«, sagte Chili. »Zerlegt ist übertrieben. Eigentlich ist der
nur eine traurige Gestalt. Der hat Maß genommen an Kirchbichler, liegt aber
selber weit daneben. Vergiss es.«
    Eva M. nickte heftig. »Das bestätigt auch die Riemerschmid«,
sagte sie. »Ich hab sie gefragt, ob sie sich vorstellen kann, wer Niki
Kirchbichler umgebracht haben könnte. Ob sie eine Idee hat.«
    »Und?«
    »Der Speckbacher jedenfalls net«, sagte Eva M. Sie

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