Rosentraeume
unverhüllter Sinnlichkeit.
Die Diener begannen, die Tische abzuräumen; das war das Signal für die Gesellschaft, sich die Beine zu vertreten und sich zu einer Unterhaltung oder einem Würfelspiel zusammenzufinden. Die Männer und Frauen am Kopf des Tisches wollten sich nicht trennen. Adele hatte Joan und Glynis und auch Hawksbloods Knappen erzählt, wie es früher in diesem Schloß zugegangen war. Joan griff nach einer mit Bändern geschmückten Laute und reichte sie Briannas Tante. »Adele hat versprochen, uns vorzusingen, wie damals, als du noch ein kleines Mädchen warst«, sagte sie zu Brianna.
»Wie nett! Ich erinnere mich noch an die Zeit, als Adele und meine Mutter zusammen irische Balladen sangen. Es waren so glückliche Tage in Bedford«, rief Brianna sich in Erinnerung.
»Rhianna hatte eine viel schönere Stimme als ich«, wehrte
Adele bescheiden ab. »Wo sich fröhliche Menschen zusammenfinden, sollte es immer Musik geben. Ich werde singen, wenn Brianna mich begleitet.«
Alle applaudierten bei diesem Vorschlag und richteten dann ihre Aufmerksamkeit auf Adele. Sie hatte eine hübsche, sanfte Stimme und schlug recht artig die Laute. Als sie sang, verwandelte sich ihr schlichtes Gesicht, und sie wurde richtig schön. Brianna war überrascht, als sie in Paddys Augen eine Träne glänzen sah, während er der klagenden Ballade lauschte. Mit ihrem Applaus brachten sie Adele dazu, immer weiterzusingen, bis sie schließlich lachte und darauf bestand, daß jetzt Brianna an der Reihe war.
Brianna stand auf und ging in eine Ecke des großen Raumes, wo eine keltische Harfe stand. Sie zog sich einen Hocker zurecht und legte das reich mit Schnitzereien verzierte Instrument an ihre Schulter. Außer Adele waren alle erstaunt zu hören, daß Brianna eine volle, wohlklingende Stimme besaß. Doch für klagende Balladen war diese Stimme nicht geschaffen, viel eher für das aufreizende Lied, das sie gewählt hatte. Man sang es oft vor, um die Männer anzufeuern und sie zum Sieg zu treiben. Ihre Stimme war berauschend wie vollmundiger, dunkler Wein. Wenn Adeles Lieder die Seele gerührt hatten, so rührte Briannas Gesang den Körper, erregte und lockte ihn.
In ihrem pfauenblauen Kleid mit dem Schein des Kerzenlichtes auf ihrem goldenen Haar sah sie genauso aus wie die Gräfin, die einstmals dieses Schloß regierte. Brianna machte kein Geheimnis aus der Tatsache, für wen ihre Lieder bestimmt waren. Christian Hawksblood war hingerissen. Während er sie ansah und ihr lauschte, ahnte er, daß sie großzügig sein würde und rückhaltlos, wundervoll in der Liebe. Diese Frau war für einen Prinzen wie geschaffen!
Drakkar lächelte. Seine Welt entwickelte sich genauso, wie es ihm zustand.
Als Brianna geendet hatte, brandete Applaus auf. Alle in der Halle hatten in ihren Tätigkeiten innegehalten und ihrer Herrin ungeteilte Aufmerksamkeit gewidmet. Es kam ihnen vor, als wäre ihnen die Gräfin in einer Vision erschienen. Sie faßten es als Vorzeichen auf, daß Bedford wieder das Glück winkte.
Brianna blieb in der großen Halle bis spät in den Abend. Sie konnte es nicht ertragen, sich von Christian Hawksblood zu trennen. Schließlich stand sie mit einem Seufzer auf den Lippen auf, und die Damen zogen sich in ihre Zimmer zurück.
Dann stand Brianna allein vor ihrem Spiegel, ihr Bild verwunderte sie selbst. Das Kleid hatte sie sowohl körperlich als auch gefühlsmäßig verändert. Eine neue Lebendigkeit durchströmte sie... das Mädchen war verschwunden zugunsten einer erblühten Frau. Sie schloß die Augen und genoß dieses Gefühl. Dann schlang sie die Arme um sich selbst, und unter ihren Händen fühlte sich die Seide des pfauenblauen Kleides so sinnlich an, daß sie zögerte, die Finger davon zu nehmen. Als sie die Augen öffnete, um noch einen letzten Blick auf ihr Spiegelbild zu werfen, blickte sie in aquamarinfarbene Augen! Oh, Himmel, es geschah wieder.
»Du bist meine Frau.«
Sie wirbelte herum und sah ihn an.
Christian Hawksblood war keine Vision, er war es wirklich, aus Fleisch und Blut. Sie sollte ihm befehlen, ihr Zimmer zu verlassen. Sie sollte ihn für seine Kühnheit schelten, sollte sich dagegen wehren, allein mit ihm zu sein. Brianna wußte, daß all dies von ihr erwartet würde.
Doch sie tat nichts dergleichen.
»Ich wußte, daß du kommen würdest«, sagte sie nur.
Es standen ihnen noch immer einige Schritte zur Intimität bevor, doch wußten beide, daß es in dieser Nacht geschah. Ohne zu
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