Rosentraeume
wieder leichtsinnig sein. Sie runzelte die Stirn und wünschte sich, daß Joan vernünftiger wäre. In ihrer Ausgelassenheit wagte sie allerhand Unfug und war viel gutmütiger, als es die Vorsicht gebot.
Die beiden Mädchen, die Gepäcktaschen für die Übernachtung bei sich trugen, kletterten die Treppe vom Fluß hinauf und liefen durch die Fish Street auf das große Haus zu, das Edmund von Kent gehörte. Er wartete schon auf sie und umarmte seine Schwester mit brüderlicher Zuneigung. Dann umarmte er auch Brianna und zwinkerte dabei vergnügt. Sie schlug spielerisch nach ihm, als er versuchte, sie auf den Mund zu küssen anstatt auf die Wange, die sie ihm bot.
»Du kannst einen Mann nicht dafür verurteilen, es zu versuchen, ganz besonders, wenn er schon so bald in den Krieg ziehen muß.« Er betrachtete sie von Kopf bis Fuß. Ihre Haut war durchscheinender als die Perlen, die sie trug. »De Beauchamps kann sich glücklich schätzen.«
Brianna senkte wieder einmal den Blick.
Edmund führte sie durch den hinteren Teil des Hauses in den rückwärtigen Garten. »Ich würde Euch gern meinen neuen Nachbarn vorstellen.«
Joans Augen weiteten sich vor Freude, als ihr klar wurde, daß Prinz Edward das Grundstück nebenan gekauft haben mußte.
Edmund führte sie zur Hintertür und überließ sie dann John Chandos, dem Knappen des Prinzen. Er nahm Joans Tasche und deutete den Korridor entlang. »Ich denke, Ihr werdet die Aussicht aus den vorderen Räumen genießen, Lady Kent.«
Joan hüpfte durch den Flur, nichts anderes zählte mehr als ihr geliebter Prinz. Chandos stand ein wenig verlegen Brianna gegenüber und überlegte, wie er wohl Lady Bedford unterhalten sollte.
Sie erbarmte sich seiner. »Bitte, John, macht Euch keine Gedanken um mich. Ich habe meinen Skizzenblock mitgebracht. Alles, was ich brauche, ist eine hübsche Aussicht auf den
Fluß.«
Der Knappe, der sich mit einem Schwert in der Hand wohler fühlte, versuchte, sich seine Erleichterung nicht anmerken zu lassen. Er führte sie eine schmale Treppe hinauf, dann an einem Schlafzimmer vorbei zur Vorderseite des Hauses, die auf die Themse hinausging. »Wir können uns glücklich schätzen, die Dienste einer der besten Köchinnen Londons zu genießen. Der Duft aus der Küche läßt einem das Wasser im Mund zusammenlaufen.«
»Es riecht nach Melassentorte«, meinte Brianna hoffnungsvoll.
»Ich werde Euch etwas davon bringen und auch, was ich sonst noch aus der Küche stehlen kann.« Er wurde ein wenig rot. »Die Köchin hat eine Schwäche für mich.«
Mit einem Freudenschrei lief Joan Edward entgegen und warf sich ihm in die Arme. Er schwenkte sie herum und stellte wieder einmal verwundert fest, wie unglaublich zierlich und feminin sie war. Sie trug ein Kleid in blassem Seeschaumgrün, besetzt mit Hermelin, ihr helles Haar schmückte eine Handvoll Perlen. In ihren Augen leuchtete die Liebe und diebisches Vergnügen über dieses verbotene Rendezvous. »Edward, ich habe schon befürch-tet, du hättest mich verlassen«, seufzte sie dramatisch, obwohl sie das keinen Augenblick geglaubt hatte.
»Meine kleine Jeanette, meine Gedanken wenden sich nur sehr selten von dir, auch wenn sie eigentlich anderswo sein sollten.«
Sie warf die Arme um seinen Hals und küßte ihn auf die Nasenspitze. »Ich liebe dich.«
»Und ich liebe dich, mein Engel. Es scheint mir eine Ewigkeit her zu sein, seit ich dich haben durfte.«
Brianna saß am Fenster und skizzierte den regen Verkehr auf dem Fluß und das bunte Völkchen, das unter ihr die Fish Street belebte. Als das Licht schwächer wurde, blätterte sie in ihren Entwürfen und betrachtete die Ergebnisse. Dabei stieß sie auf eine Zeichnung von Christian Hawksblood. Ihr Herz zog sich schmerzlich zusammen, und ihre Gedanken schweiften wieder zu dem Tag ihres ersten Zusammentreffens. Dann erlebte sie jeden seiner Blicke, jedes Wort und jede Berührung noch einmal.
Blicklos starrte sie auf die Lichter am Fluß. Warum waren die Pflichten immer so traurig, während die Träume das Leben perfekt erscheinen ließen? Ihre Sinne verlangten so sehr nach ihm. Die Tür öffnete sich, und seine überwältigende Anwesenheit erfüllte den Raum. Bei allen Heiligen im Himmel, warum hatte sie nicht daran gedacht, daß er hier sein könnte, bei dem Schwarzen Prinzen?
Brianna sprang so abrupt auf, daß der Stuhl umfiel. Christian kam durch das Zimmer und legte seine kräftigen Hände auf ihre Schultern. Sein dunkles Gesicht blickte wild,
Weitere Kostenlose Bücher