Rosentraeume
ihnen doch von der ersten Begegnung an entstanden. Das wilde Verlangen nacheinander vermochten sie nicht zu zügeln. Keiner von ihnen war je seinem Ehegatten untreu gewesen, bis zu diesem schicksalhaften Tag vor ungefähr einem Jahr.
Als er fühlte, daß sie in seinen Armen zusammensank, legte er einen Arm unter ihre Knie und hob sie an seine Brust. »Ich sehne mich nach dir, Katherine. Ich kann keine Stunde mehr leben ohne dich.«
Lieber Gott, sie waren ihres Verantwortungsgefühls verlustig gegangen, ihre fleischliche Maßlosigkeit hatte es zerstört. Verzehrt von einer heißen, brennenden Erwartung trug der König sie zu ihrem Bett.
Als jemand gebieterisch klopfte und Adele die Tür öffnete, reichte ein Botschafter der Königin ihr einen Brief, der an Lady Bedford gerichtet war.
Brianna brach das Siegel des Königs auf und überflog dann die in kühner Handschrift geschriebene Botschaft. »Es wird freundlichst um Eure Anwesenheit ersucht, im Audienzzimmer zur Vesperstunde. Edward Plantagenet.«
»Ja, bitte richtet Eurer Majestät aus, daß ich mich geehrt fühle, ihn aufzusuchen.«
Ihr erster Gedanke war, daß Dame Marjorie sie verpetzt hatte. Mit weichen Knien sank Brianna auf einen Stuhl. »Adele, wirst du mit mir kommen?«
»Aber natürlich bin ich an deiner Seite. Das ziemt sich so. Vielleicht hat er ja endlich jemanden für dich ausgesucht.«
Briannas Herz raste. »Oh, denkst du wirklich?« Natürlich bestand diese Möglichkeit. Brianna war plötzlich atemlos. »Bei der Mutter Gottes, ich glaube nicht, daß ich dafür bereit bin.«
»Natürlich bist du das, mein Lämmchen. Die meisten jungen Damen werden im Alter von fünfzehn verlobt.«
»Aber was soll ich anziehen? Ich muß doch besonders schön aussehen.« In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken, sie rasten so schnell wie ihr Puls. Sie war aufgeregter als je zuvor in ihrem Leben. »Etwas Grünes, denke ich.«
»Grün ist die Farbe der wahren Liebe«, sagte Adele und lächelte.
»Bitte, du darfst mich jetzt nicht necken, Adele. Grün bringt den rötlichen Schimmer in meinem Haar zur Geltung. Wir müssen uns beeilen. Ich brauche noch Zeit, um für ein Gebet in die Kapelle zu gehen.«
Brianna sank vor der Statue der heiligen Agnes in die Knie. Wie jedes andere Mädchen hatte auch sie in der Nacht des 20. Januar hier gebetet, weil man traditionell daran glaubte, daß in dieser Nacht eine junge Frau die Erscheinung ihres zukünftigen Ehemannes erblicken könne. Natürlich hatte sie keine Vision gehabt, aber sie hoffte verzweifelt, daß St. Agnes ihr am heutigen Tag hellen würde. Brianna zögerte. Jungen Damen wurde beigebracht, nicht zuviel von ihren Gatten zu erwarten. Man mußte die Männer so akzeptieren, wie sie waren, wie stürmisches Wetter oder wie die Schmerzen bei einer Geburt. Sie entschied sich, nicht zu viel zu erbitten, sonst könnte der Himmel zu der Ansicht gelangen, sie sei gierig. »Bitte, laß ihn ehrbar, tapfer und stark sein.« Sie bekreuzigte sich. »Und wenn das nicht zuviel verlangt ist, dann laß ihn bitte auch von edler Geburt sein.«
Ihr Vater war ein Graf gewesen, und auch wenn sie wußte, daß sie nicht so hoch würde greifen können, so fürchtete sie sich doch vor dem Spott Prinzessin Isabels, falls ihr ein Mann ohne Aussicht auf einen Titel zugedacht wäre.
Sie trug ein meerschaumgrünes Unterkleid mit einer jadefarbenen Tunika, die in der Taille durch einen goldenen, mit Cabochon-Smaragden besetzten Gürtel gehalten wurde. Brianna glaubte daran, daß die grünen Edelsteine eine magische Kraft besaßen, um sie vor bösen Geistern zu beschützen - selbst vor dem Unheil, das Kobolde und böse Feen anrichteten. Ihre Welt bevölkerten lauter Geister, Wassernymphen und andere Helfer des Teufels.
Adeles Kleidung stand in starkem Kontrast zu der von Lady Bedford. Sie trug ein geschmackvolles graues Oberkleid über einem senfgelben Rock. Ein modischer Schleier bedeckte ihren Kopf. Nur junge Mädchen wie Brianna durften ihr Haar offen tragen. Als schön wurde es allgemein angesehen, wenn es Armeslänge hatte. Adele war sehr stolz auf Briannas goldenes Haar. Frisch gebürstet, so wie jetzt, fiel es ihr wie ein seidener Mantel über den Rücken.
Leibgardisten führten sie in den Vorraum, in dem eine Sammlung von Waffen und Rüstungen aus der Zeit König Heinrichs aufbewahrt wurde. Dahinter lag das Audienzzimmer des Königs, das kleiner war, aber wesentlich üppiger möbliert mit Teppichen, Wandbehängen, einem Paar von
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