Rosentraeume
uns der König die Möglichkeit gegeben zusammenzusein.«
Brianna vermutete, daß Christian Hawksblood die ganze Sache eingefädelt hatte, aber seine Macht konnte doch wohl nicht jeden und alles manipulieren? Nein, es war so, wie er es gesagt hatte, er besaß einfach einen stärkeren Willen als andere Menschen.
Brianna hob ihren Becher und trank den Wein in einem großen Schluck aus, um nicht laut um Hilfe zu schreien. Sie hätte Adele mitnehmen sollen, damit sie zwischen ihr und diesem gefährlichen Eindringling hätte sitzen können. Ihr Blick glitt suchend über den Tisch, bis sie ihre Stütze gefunden hatte. Sie saß neben Glynis, zusammen mit Joan und Edmund von Kent. Joan hatte die Freundin entdeckt und winkte fröhlich. Brianna winkte zurück, doch als sie bemerkte, daß ihre Hand zitterte, wurde sie noch verzagter. Sie holte tief Luft, um sich zu beruhigen, und fühlte, wie der Wein, den sie so hastig getrunken hatte, in ihrer Brust zu einer blutroten Rose erblühte.
Ganz plötzlich kam ihr alles schrecklich komisch vor. Robert de Beauchamp war wütend auf die ganze Welt, dabei hatte er sich sein Unglück ganz allein zuzuschreiben. Jemand, der sich aus Versehen mit dem Schwert ins eigene Bein stach, war so etwas wie ein Hanswurst. Sie blickte zu Warrick. Er hob seinen Becher, um ihr zuzuprosten, und zwinkerte verschwörerisch mit den Augen. Brianna unterdrückte ein Kichern. Also fand auch er die Situation witzig!
Sie wandte sich ein wenig zur Seite, um Roberts Verfassung zu prüfen. Nicht überlegen, sondern gewinnend lächelte sie ihm zu und wurde damit belohnt, daß sich sein wilder Blick ein wenig milderte.
Der König und die Königin hatten einen fahrenden Sänger eingeladen, der für seine großartigen Geschichten bekannt war und der sein Publikum entweder zu Tränen rühren oder zu wilden Begeisterungsstürmen hinreißen konnte. Er übernahm alle Sprechrollen des Dramas, vermischte Prosa mit Versen, sang Arien, ohne sich dabei aus dem Konzept bringen zu lassen. Heute abend erzählte er die Geschichte von Tristan und Isolde, und gleich vom ersten Wort an stand Brianna im Bann dieser Romanze.
Als der Barde seine tragische Geschichte beendet hatte, seufzte das Publikum vernehmlich auf. Brianna wischte sich eine Träne von der Wange, nahm einen Schluck aus ihrem Becher und stellte ihn dann vor sich auf den Tisch.
Bei den Damen war kaum ein Auge trocken geblieben, und auch die Männer applaudierten begeistert. Wieder griff Brianna nach ihrem Becher, doch entdeckte, daß Christian Hawksblood ihn an seine Lippen gehoben hatte. Erst jetzt bemerkte sie, daß es nicht ihr Becher gewesen war, sondern der seine. Unwillkürlich stöhnte sie leise, denn die Erkenntnis traf sie wie ein Regenguß im Frühling. Genau wie Isolde es auf dem großen Fest getan hatte, hatte sie unabsichtlich aus dem gleichen Becher getrunken wie dieser dunkle Krieger. Selbstverständlich mußte er sie dazu gebracht haben, indem er den Becher gleich neben ihre Hand gestellt hatte. Sie hatte seinen Wein getrunken, und er hatte sie damit verzaubert! Sie fühlte, wie er durch ihre Adern floß, ihr Blut wärmte und ihr den Verstand trübte. Sie warf Christian einen entsetzten Blick zu und trank ihn leer. Was kann ich tun? dachte sie verzweifelt.
Nichts. Sie konnte nichts tun.
Es war geschehen!
Als der Applaus verebbte, stand der König auf und hob den Arm. Alle schwiegen und lauschten seinen Worten.
»Wir haben am heutigen Tag verschiedene Anlässe zu feiern: unseren glorreichen Sieg in der Seeschlacht gegen die Franzosen und unsere siegreichen Schlachten, die wir selbst bestanden haben! Doch es gibt noch mehr. Die Ballade dieses Sängers hat den Saal mit einer romantischen Stimmung erfüllt, und das ist gut so. Heute abend ist es unsere große Freude, zwei Verlobungen anzukündigen, die sehr bald stattfinden werden.
Ich gebe die Hand von Lady Brianna von Bedford an Robert de Beauchamp. Keines der Häuser steht höher in meiner Achtung als das Haus Warrick.« Der König grinste. »Man sagt, daß die Liebe alle Wunden heilt.« Fröhliches Lachen ertönte in dem Saal bei der Anspielung auf Roberts Verletzung.
Brianna saß blutübergossen da. Verstohlen blickte sie zu Robert. Auch er war rot geworden, als hätte er einen Sieg errungen. Er war so hellhäutig, sehnig und stark. Dennoch spürte sie seine Schwäche. Diese Schwäche mußte in seinem Charakter liegen, in dem Mangel an Selbstkontrolle, denn es hatte ganz sicher nichts mit
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